Tryptaminev

joined 2 months ago
[–] Tryptaminev@lemm.ee 9 points 5 hours ago

So did engineers since decades. Just the fact that you get efficiency ratings of more than one in terms of primary energy input to heat energy provided should always have been a massive selling argument. If planned well you can get yearly averages of 400-500% energy output vs energy input.

[–] Tryptaminev@lemm.ee 2 points 6 hours ago* (last edited 5 hours ago)

Given that it took another 100 years from 1860 until formal equal rights regardless of race were established we should mabye just call them wars between white supremacists and other white supremacists.

[–] Tryptaminev@lemm.ee 9 points 6 hours ago

They can't force you, but teachers can decide that your behaviour in class is uncooperative and your answers are bad, so you should get bad grades. Teachers can decide that when you report you have been beaten up by the Nazi gang in school that you are probably making it up as you are always looking for attention and making yourself be special.

[–] Tryptaminev@lemm.ee 3 points 6 hours ago (1 children)

The constitution is still the constitution, when you read it from a website. It is still the constitution, when it is read out loud. It is the text and interpretation that matters.

So in terms of pledges it is the least troublesome symbol.

[–] Tryptaminev@lemm.ee 24 points 6 hours ago (2 children)
[–] Tryptaminev@lemm.ee 2 points 6 hours ago

Die Probleme gab es vor ihm auch schon. Und das die Minipartei FDP in der Koalition das Sagen hat, und ihre Politik trotz fallender Umfragewerte weiter besonders durchsetzen kann, zeugt von Inkompetenz bei SPD und Grünen einerseits und angesichts der beschlossenen Gesetze von einer deutlich höheren Nähe zu deren Positionen als vorher behauptet.

[–] Tryptaminev@lemm.ee 2 points 6 hours ago

Das wäre eine Möglichkeit. Aber wie schon beschrieben die denkbar ungünstigste, weil man damit entweder die Gemeinde spaltet, oder die Gemeinde geschlossen gegen die Landesregierung und BW aufbringt.

[–] Tryptaminev@lemm.ee 10 points 6 hours ago

Ich finde das Schlimme daran ist, dass wieder mit Drangsalierung und Hetze gearbeitet wird, um Menschen Angst um den Verlust ihres Arbeitsplatzes zu machen, damit sie weniger Arbeitnehmerrechte einfordern einserseits, und damit sie jemanden haben auf den sie nach unten treten können andererseits.

Das es inhaltlich sinnlos ist, macht es nur noch schlimmer. Den selben Scheiß sehen wir ja auch bei dem Thema Bezahlkarten, wo am Ende mehr Geld ausgegeben wird, und überarbeitete Ämter noch mehr Aufwand haben, damit man Geflüchtete unter Generalverdacht und Generalhetze stellen kann.

[–] Tryptaminev@lemm.ee 8 points 7 hours ago (4 children)

Arbeitsminister ist Hubertus Heil SPD

Familienministerin ist Lisa Paus Grüne.

Wirtschaftsminister ist Robert Habeck Grüne

Alle haben sie behauptet mit Bürgergeld würden endlich das Rot/Grün beschlossen und dann in Grokos verteidigte Hartz IV System abgeschaffen. Stattdessen wird jetzt wieder Hartz IV unter neuem Namen gemacht.

Die SPD und Grüne sind bei diesem und vielen weiteren Themen massiv nach Rechts gerückt. Andere Schmankerl sind authoritäre Polizeiarbeit, mit Verhindern von Aufklärung rechtsextremer Netzwerke, Angriffe auf Grundrechte wie Asly, Schutz der Wohnung, Meinungsfreiheit, Pressefreiheit, UNterstützung von Kriegsverbrechen im Ausland...

Der Faschismus erstarkt in Deutschland nicht weil die Afd besonders kompetent wäre, oder ein besonders gutes Angebot macht, sondern weil die vermeintliche linke Mitte nach rechts abgedriftet ist und die vermeintlich rechte Mitte nach Rechtsaußen. Anstatt sich dem entgegenzustellen kippt die Ampel weiter wissentlich Öl ins Feuer. FDP, SPD und Grüne. Von CDU/CSU und FW garnicht erst anzufangen...

[–] Tryptaminev@lemm.ee 1 points 7 hours ago (2 children)

"örtliche Bauvorschriften" dürfte in diesem Fall wesentlich die Landesbauordnungen meinen, wo Brandschutz, Statik und andere Sachen geregelt sind.

Auf Ebene der Gemeinden gibt es mWn. nur Bebauungspläne, die dazu dienen Flächen bestimmten Zwecken zu widmen.

https://de.wikipedia.org/wiki/Bebauungsplan_(Deutschland)

Hier können und müssen die Gemeinden aber sowieso die Pläne fortschreiben und ich sehe auch nicht, wie das der BW helfen soll, wenn sie sich darüber hinwegsetzen kann. Soll dann im EFH-Viertel auf die Fläche für die Grundschule stattdessen eine Panzerkaserne gebaut werden?

[–] Tryptaminev@lemm.ee 1 points 7 hours ago

Wenn der Lehrer es als Schweigefuchs verwendet ist es nicht dasselbe, wie wenn es im Lehrbuch als Zeichen der grauen Wölfe erklärt wird.

Wenn es als verbotenes Zeichen gesehen wird, wird es gleichgestellt mit z.B. dem Hakenkreuz und Hitlergruß. Ich denke es ist klar, dass ein Lehrer nicht seine Klasse mit Hitlergruß grüßen kann, während man den Nationalsozialismus behandelt. Genauso kann im Religionsunterricht keine Hakenkreuz-Malstunde gegeben werden, wenn es um Buddhismus geht.

[–] Tryptaminev@lemm.ee 5 points 11 hours ago

Wenn man Nationen in "Die Guten" und "Die Bösen" einteilt, sollte man sich nicht über Nazis beschweren.

 

Eine interne Prüfung von Aussagen zum Gaza-Krieg war eindeutig: Für einen Förderstopp gibt es keine Sachgrundlage. Dann mussten Formgründe herhalten

Schon bald wird das »Oyoun« wohl das gelbe Backsteinhaus in der Lucy-Lameck-Straße 32 in Berlin verlassen müssen. Der Grund: Dem Neuköllner Kulturzentrum, das als Schutzraum für die queer-migrantische Community gilt, wurden Ende 2023 nach einem Antisemitismus-Skandal kurzfristig Fördermittel und der damit verbundene Mietvertrag entzogen – obwohl die Berliner Kultursenatsverwaltung diese bis Ende 2025 in Aussicht gestellt hatte. Die offizielle Begründung aus dem Senat: Reine Formsache, die Förderung sei regulär ausgelaufen.

Unterlagen aus dem Kultursenat, die »nd« exklusiv vorliegen, belegen: Nachdem sich aus einer internen Prüfung verschiedener Aussagen rund um den Krieg in Israel und Palästina aus dem Umfeld von »Oyoun« keine sachliche Grundlage für einen Förderstopp ergeben hatte, wurde im Senat ein mehrstufiges bürokratisches Verfahren in Gang gesetzt, um den Förderstopp dennoch zu ermöglichen.

Intern geäußerte Bedenken an dem Vorhaben wurden übergangen. Kultursenator Joe Chialo (CDU), der inzwischen schon als nächster Kulturstaatsminister in einer möglichen CDU-geführten Bundesregierung gehandelt wird, spielt in dem Prozess eine entscheidende Rolle. Die Anatomie einer Fördermittelaffäre.

Eine Veranstaltung, die nicht stattfinden soll

Es ist Juli 2023: Erstmals stellt sich Louna Sbou, die Leiterin von »Oyoun – Kultur NeuDenken« bei der neuen Senatsverwaltung vor – Chialo hatte gerade erst vor zwei Monaten die Senatskulturverwaltung übernommen, die das Neuköllner Kulturzentrum seit 2020 fördert. Bei dem Treffen stellt Sbou die geplanten Projekte vor – darunter ein Termin, der dem Trägerverein Monate später zum Verhängnis werden sollte: eine Veranstaltung Anfang November mit der kontroversen Gruppe »Jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahost«.

Einige Wochen später, am 24. August, fordert der Senat »Oyoun« in einem Videocall dazu auf, die Veranstaltung mit der »Jüdischen Stimme« wegen Nähe zur antiisraelischen »Boycott, Divestment and Sanctions«-Bewegung (BDS) abzusagen. Doch »Oyoun« sagt nicht ab – für das Kulturzentrum sei es selbstverständlich, Diskussionsräume zu öffnen, begründete Sbou damals gegenüber »nd« ihre Entscheidung. Die Absageaufforderung empfinde sie als Einschränkung der Kunst- und Meinungsfreiheit.

Ein zweiter Videocall am 5. September eskaliert und wird nach drei Minuten abgebrochen, nachdem die Staatssekretärin Sarah Wedl-Wilson (parteilos, für CDU) sagte: »Die Kunstfreiheit hört dann auf, wenn es für uns politisch zu brisant wird« – so zumindest schildert Sbou den Vorgang gegenüber »nd«. Mitte Oktober 2023, kurz nach dem Hamas-Massaker vom 7. Oktober, folgen mehrere Briefe aus dem Senat mit Fragen zur Veranstaltung und einer schriftlichen Aufforderung zur Absage.

Am 4. November findet die Veranstaltung der »Jüdischen Stimme« trotz der Absageforderungen im »Oyoun« statt. Was die Leiter des Kulturzentrums zu diesem Zeitpunkt noch nicht wissen: Im Berliner Kultursenat wurde längst ein Prozess in Gang gesetzt, der dem Zentrum bis zum Ende des Jahres seine Existenzgrundlage entziehen wird.

Die erste Prüfung: Keine Sachgrundlage für einen Förderstopp

Am 25. Oktober, also eine Woche vor der Veranstaltung mit der »Jüdischen Stimme«, wurde in der »Abteilung I – Kultur und Serviceeinheiten des Kultursenats« eine erste Prüfung veranlasst: ob aufgrund von Aussagen seitens »Oyoun« im Zusammenhang mit dem Hamas-Terror in Israel »zuwendungsrechtliche Sanktionen« möglich seien. Konkret geprüft werden sollte offenbar, ob schon gezahlte Gelder für das Jahr 2023 zurückgefordert und die in Aussicht gestellte Förderung bis Ende 2025 in Höhe von etwa einer Million Euro pro Jahr widerrufen werden kann.

Einen Tag später, am 6. November, spricht Chialo vor dem Kulturausschuss im Berliner Abgeordnetenhaus. Auf eine Frage der AfD-Fraktion, welche Konsequenzen der Senat aus »der mangelnden Abgrenzung zum Antisemitismus am Kulturzentrum ›Oyoun‹« ziehe, antwortet der Senator laut Sitzungsprotokoll: Nach den Regeln des Landeskonzepts dürfe in keinem mit Landesmitteln geförderten Haus Platz für Antisemitismus sein. Es werde aktuell geprüft, mit welchen rechtlichen Maßnahmen das Landeskonzept zur Antisemitismusprävention durchgesetzt werden könne und ob die Förderung des »Oyoun« fortgesetzt oder beendet werde. Zu diesem Zeitpunkt lautet die offizielle Erzählung des Senats also noch: Mutmaßlich antisemitische Aussagen könnten einen potenziellen Förderstopp legitimieren.

Am 7. November liegt das Ergebnis der Prüfung vor. Daraus wird ersichtlich, dass drei verschiedene Aussagen im Zusammenhang mit dem Gaza-Krieg geprüft wurden: Ein Aufruf zu einem antiisraelischen Generalstreik, eine Veranstaltungsankündigung der »Jüdischen Stimme«, in der Israel als »Apartheidstaat« und »Kolonialregime« bezeichnet wird, sowie ein Instagram-Beitrag des »Oyoun«, in dem zu Solidarität im Kampf gegen »Siedlerkolonialismus« aufgerufen wird. Unzweifelhaft kontroverse Aussagen – aber reicht das, um die Förderung für ein ganzes Kulturzentrum zu streichen?

Die zuständige Abteilung prüft die Äußerungen unter verschiedenen Blickwinkeln: a) ob sie gegen das Landeskonzept des Senats zur Weiterentwicklung der Antisemitismus-Prävention verstoßen, b) ob ein Verstoß gegen den Zuwendungszweck der Fördermittel erkennbar ist und c) ob ein Verstoß seitens der »Oyoun«-Geschäftsführung gegen das Strafrecht vorliegt.

Die Prüfungsergebnisse sind eindeutig: »Die vorliegenden Sachverhaltsinformationen bieten nach rechtlicher Einschätzung aktuell keine Grundlage zum Widerruf oder zur Rücknahme der bereits beschiedenen Zuwendung.« Das Landeskonzept zur Antisemitismusprävention sei für »Oyoun« nicht bindend, und selbst wenn, »verstößt der vorliegende Sachverhalt nicht gegen das Konzept«, heißt es weiter. Zudem seien »keine Verstöße gegen Strafrecht oder anderes geltendes Recht ersichtlich, […] die derart erheblich sind, dass die ordnungsgemäße Geschäftsführung als Zuwendungsvoraussetzung entfallen sein könnte.« Auch dass Mittel zweckwidrig verwendet werden, sei nicht ersichtlich, heißt es im Prüfungsergebnis. Für die Veranstaltung am 4. November seien zudem gar keine Fördermittel des Senats eingesetzt worden.

Neben den Aussagen im Zusammenhang mit dem Gaza-Krieg wird aber noch ein vierter Aspekt geprüft, nämlich inwiefern »Oyoun« überhaupt einen rechtlichen Anspruch auf die Förderung für die Jahre 2024 und 2025 hat. Laut dem Prüfbericht könnte sich aus der Inaussichtstellung aus dem Jahr 2021 ein Anspruch auf eine Förderverlängerung bis einschließlich 2025 ergeben.

Einen Weg für einen Fördermittelstopp gibt es dennoch: »Ein Widerruf der Inaussichtstellung wäre die einzige Möglichkeit für den Senat, die Förderung nicht auszuzahlen«, heißt es weiter in der Prüfung. Tatsächlich ist in dem Dokument explizit festgehalten, dass die Förderzusage unter Widerrufsvorbehalt stehe. Ein solcher Widerruf wäre aber nur möglich, wenn das Geld für die Förderung im Haushaltsplan für das Jahr 2024 nicht zur Verfügung stünde.

Dann wird angemerkt: »Aktuell ist der Haushaltsplan 2024 noch nicht verabschiedet worden; wird aber voraussichtlich weiterhin einen Mittelansatz für den Kulturstandort Lucy-Lameck-Str. vorsehen. Insofern wäre zu prüfen, ob das Betreiberkonzept […] sowie das räumliche Nutzungsrecht […] einen Betreiberwechsel ermöglicht oder ggf. eine Konzeptänderung zu einer Neubewertung führen würde.«

Genau diese zweite Prüfung wird einen Tag später, am 8. November, im Senat veranlasst – auf Wunsch der »Hausleitung«, also Chialos oder seines politischen Leitungsstabs. Dabei soll es also nicht mehr darum gehen, was das »Oyoun« gesagt oder getan hat – jetzt wird geprüft, ob es eine formelle Grundlage und damit einen Weg gibt, dem Kulturzentrum ab 2024 keine Gelder mehr zu geben.

Die zweite Prüfung: Warnungen vor Grundrechtsverletzungen

Die Suche nach einer formellen Grundlage für einen Fördermittelentzug startet direkt am Folgetag: Am 9. November sendet eine Senatsmitarbeiterin eine E-Mail an zwei Kollegen mit der Frage, ob die Förderzusage 2019 postalisch oder per Mail versandt wurde. Dies sei für die rechtliche Prüfung relevant. In der Tat: Vor Gericht wird der Kultursenat später argumentieren, »Oyoun« hätte keinen Anspruch auf die Fördermittel 2024 und 2025, unter anderem weil die Inaussichtstellung der Förderung nicht per Post sondern elektronisch übermittelt wurde – eigentlich gängige Praxis in der Senatsverwaltung, wie Mitarbeitende des Kultursenats »nd« bestätigen.

Am 14. November ist dann die zweite Prüfung abgeschlossen. Das Ergebnis: Es ist möglich, die Projektförderung für »Oyoun« für 2024 und 2025 einzustellen, ein Anspruch auf die Förderung sei aus der Inaussichtstellung von 2021 nicht ersichtlich. Dazu werden zwei Hinweise formuliert: »Oyoun« habe allerdings einen Anspruch auf »ermessensfehlerfreie Entscheidung« durch den Kultursenat. Dafür brauche es eine Neuausschreibung des Kulturstandorts Lucy-Lameck-Straße aufgrund geänderter Förderkriterien. Außerdem: Eine solche Entscheidung solle »unter Berücksichtigung sämtlicher Auswirkungen getroffen werden«.

Die Konsequenzen eines möglichen Widerrufs der Fördermittel werden in dieser zweiten Prüfung umfassend behandelt. Zwei Punkte fallen dabei besonders ins Auge: Erstens wird darauf hingewiesen, dass ein Ende der Förderung eine existenzielle Gefahr für das »Oyoun« und seine Mitarbeitenden bedeuten würde: »Der Zahlungsempfänger beschäftigt über 15 Mitarbeitende aus vulnerablen, marginalisierten Communities, deren Arbeitsplätze wegfielen.«

Zweitens warnt die Prüfung vor einer Einschränkung von Grundrechten: »[Oyoun] steht als geförderte kulturschaffende Institution bei seiner künstlerischen Arbeit unter dem Schutz der individuellen Grundrechte, namentlich der Kunst- und Meinungsfreiheit.« Würde die Förderung von »Oyoun« eingestellt werden, heißt es weiter, »wäre [der Kultursenat] aller Voraussicht nach mit der Frage konfrontiert, inwieweit die Entscheidung im Zusammenhang mit den jüngst getroffenen Äußerungen zu den aktuellen Geschehnissen in Nahost […] steht und wie diese mit den grundrechtlichen Schutzgedanken vereinbar ist«.

Dann noch einmal der Hinweis: »Es könnte [der Senatskulturverwaltung] angelastet werden, dass sie die Grenze des öffentlich Sagbaren bzw. Darstellbaren in unzulässiger Weise zulasten der Meinungsfreiheit einenge«, heißt es im Prüfbericht weiter.

Zum Schluss formuliert der Zweitbericht »denkbare Alternativmaßnahmen« für die offenbar geplante Beendigung der Förderung: Solle die Förderung tatsächlich eingestellt werden, könne der Kultursenat etwa in Betracht ziehen, dies nicht kurzfristig für das Jahr 2024, sondern erst für das Folgejahr zu tun. »So kann eine weitere Projektförderung von einem Jahr gewährt werden, sodass dann in rechtssicherer Weise die Fördervoraussetzungen angepasst und mit entsprechender Vorlaufzeit eine neue Betreiberin bzw. ein neuer Betreiber gefunden werden kann«, erläutert der Bericht weiter.

Kultursenator Joe Chialo entscheidet sich trotz der warnenden Hinweise aus seiner Verwaltung, den Weg dafür zu bereiten, die Förderung einzustellen: Am 17. November erteilt der Kultursenator persönlich den Auftrag, ein neues Betreiberkonzept für den Kulturstandort Lucy-Lameck-Straße zu erstellen, das dann als Grundlage dafür dienen soll, die »Oyoun«-Förderung zu streichen.

Nur wenige Tage später, am 21. November, tritt Chialo im Kulturausschuss des Abgeordnetenhauses auf. In einem Sprechzettel, der »nd« ebenfalls vorliegt, hatte ihm seine Pressestelle nahegelegt, sich möglichst vage zum Ende der Förderung zu äußern. Tatsächlich spricht Chialo im Ausschuss davon, dass in seinem Haus aktuell über ein neues Profil für das Gebäude an der Lucy-Lameck-Straße »beraten« werde, obwohl zu diesem Zeitpunkt bereits feststeht, dass das Betreiberkonzept umgeworfen werden soll. Die bisherige Förderung laufe »regulär« Ende 2023 aus. Angesichts der schon vergebenen Inaussichtstellung von Mitteln über das Jahresende hinaus eine zumindest zweifelhafte Aussage.

Parallel wird der Vorgang in Gesetzesform gegossen: Im Hauptausschuss wird ohne Debatte beschlossen, die Auszahlung der für den Kulturstandort Lucy-Lameck-Straße vorgesehenen Mittel im Haushalt unter den Vorbehalt zu stellen, dass ein neuer Betreiber gesucht wird. CDU, SPD und Linke stimmen für den Antrag, Grüne und AfD enthalten sich. Eine Woche später wird der Haushalt im Abgeordnetenhaus beschlossen.

Am 22. Dezember, knapp vor Jahresende also, erhält das »Oyoun« einen Brief vom Kultursenat: Ab dem 1. Januar wird das Kulturzentrum keine Gelder mehr erhalten. Dann folgt eine ausführliche Begründung. Die künftige Förderung werde aufgrund neuer Förderkriterien ausgeschrieben. Zudem sehe der Haushaltsplan für die Jahre 2024/25 nicht die Förderung von »Oyoun« vor. Ein Rechtsanspruch auf die Förderung über 2023 hinaus bestehe nicht: »Mit der Entwicklung eines neuen Konzepts und daraus resultierender zusätzlicher beziehungsweise abweichender Förderkriterien für den Standort liegt für die hiesige Förderentscheidung nun aber ein rechtfertigender sachlicher Grund vor.«

Schwere Konsequenzen, die man in Kauf nimmt

Zum Jahresbeginn 2024 verlieren alle Mitarbeitenden des Kulturzentrums ihren Job. Einige in der Belegschaft werden dadurch in eine besonders gefährdete Lage gebracht, denn ihr Aufenthaltstitel hängt von ihrer Beschäftigung ab – was Joe Chialo bekannt war, denn er äußerte sich dazu im Dezember in einer Sitzung des Kulturausschusses im Abgeordnetenhaus.

»Oyoun«-Geschäftsführerin Louna Sbou hält weiterhin daran fest: Dem Kulturzentrum stehe die Förderung für 2024 und 2025 rechtlich zu. Schon im Dezember klagte das »Oyoun« beim Verwaltungsgericht Berlin gegen die Entscheidung des Kultursenats und beantragte eine vorläufige Verpflichtung der Zuwendungen. Bisher ohne Erfolg: Sowohl das Verwaltungsgericht als auch die höhere Instanz, das Oberverwaltungsgericht (OVG), lehnten den Antrag ab.

Myrsini Laaser, die Anwältin des »Oyoun«, argumentiert, die Entscheidung des OVG sei fehlerhaft, das Gericht habe sich nicht mit der Frage und Argumenten um die Formwirksamkeit auseinandergesetzt. Inzwischen liegt der Fall beim Berliner Verfassungsgerichtshof; wann eine Entscheidung zu erwarten ist, ist bislang nicht absehbar.

Wann das »Oyoun« tatsächlich die Lucy-Lameck-Straße räumen muss, steht noch offen. Einer Räumungsaufforderung zum Trotz sind die Betreiber bis heute in dem Gebäude geblieben. Ob die Räumung rechtmäßig ist, wird ebenfalls gerade vor Gericht verhandelt. Solange das »Oyoun« in dem Haus ist und das Gericht nicht über die Räumungsklage entschieden hat, wird es für den Kultursenat vermutlich schwierig sein, die Förderung neu auszuschreiben. Auf Anfrage des »nd« heißt es seitens des Kultursenats, die Neuausschreibung werde intern abgestimmt und solle noch im Laufe des Sommers verabschiedet werden.

 

https://archive.ph/zhdpC

#Pingpong bis zum Tod

Mit ihrer „feministischen Außenpolitik“ wollte Annalena Baerbock vieles besser machen. Doch Versuche von Ärzten, schwer verletzten Kindern aus Gaza zu helfen, scheitern weiter an Verwaltungsakten.

Wie philanthropisch und gerecht sie doch klingen, die Leitlinien der feministischen Außenpolitik. Auf der Webseite des Auswärtigen Amts schickt Außenministerin Annalena Baerbock ihnen diese Zeilen voran: „Wir verfolgen eine feministische Außenpolitik, weil es bitter nötig ist. Weil Männer und Frauen weltweit noch immer nicht gleichgestellt sind. Weil Frauen, aber auch Kinder oder Ältere in Konflikten besonders verletzlich sind.“ Wer Frauen schützt und fördert, so die Grundidee, fördert auch Frieden und Gerechtigkeit. Nicht weniger als eine Neuausrichtung der bisherigen Diplomatie hatte sich die Bundesregierung im Koalitionsvertrag vorgenommen. Und ja: Grundsätzlich lässt sich sagen, dass alles in den Leitlinien der feministischen Außenpolitik fabelhaft klingt. Die Ungerechtigkeiten dieser Welt werden in ihnen aufgelistet und sollen angegangen werden.

Insofern hätte man in Berlin begeistert sein müssen, als Kerstin van Ark am 10. April „Geschafft!“ rief und durch ihre Wohnung tanzte. Die Geschäftsführerin der Deutschen Gesellschaft für Plastische, Rekonstruktive und Ästhetische Chirurgie hatte es innerhalb weniger Wochen hinbekommen, Klinikbetten für schwer verletzte Kinder aus Gaza zu organisieren. Ihr Hilferuf hatte sich schnell verbreitet: 40 Chefärztinnen und Chirurgen in ganz Deutschland erklärten sich bereit, Kinder aus Gaza aufzunehmen und pro bono zu behandeln. Aus den ursprünglich 15 Kindern wurden bald 32, van Ark gelang es, für alle Behandlungsplätze zu finden.

Das jüngste Kind auf der ersten Liste von Kerstin van Ark – datiert auf den 17. März – ist zu diesem Zeitpunkt drei Jahre alt. Das kleine Mädchen heißt Ronza. Sie hat eine Oberschenkelverletzung mit komplizierter Fraktur durch eine Explosion. Am 10. April dann sind alle Kinder auf van Arks Liste grün markiert. Das bedeutet: Für alle ist ein Platz in einem deutschen Krankenhaus gefunden – und schriftliche Versicherungen, die eine kostenfreie Behandlung garantieren, liegen vor. Auch der Transport der Kinder ist finanziert. Die Flugambulanz für die kleinen Patientinnen und Patienten und deren Begleitpersonen will eine Hilfsorganisation übernehmen. Kerstin van Ark geht davon aus, dass ihre Arbeit damit getan ist. Bliebe noch ein wenig Papierkram: Daniela Neuendorf von der Kölner Refugees Foundation und der Chirurg Jan Wynands sollen sich um die Visa kümmern. Der Chirurg kennt die Situation vor Ort, im Februar und März hat er drei Wochen lang in Rafah operiert, im European Gaza Hospital, täglich bis zu zwölf Eingriffe.

Werden die Wunden nicht behandelt, drohen drastische Folgen

Es sind keine Schürfwunden, die die Kinder auf der Liste haben. Es sind Schwerverletzte, die in Gaza nicht ausreichend behandelt, nicht umfassend versorgt werden können. Die Kinder wurden von „Gaza Kinder Relief“ ausgewählt, einer Partnerorganisation. Krankenakten und Bilder der Verletzungen wurden nach Deutschland geschickt und von Fachärzten begutachtet. Wynands weiß genau, welche Behandlungen in Gaza möglich sind – und welche nicht.

Ein Teil der Kinder hat so gravierende Verletzungen, dass es primär um lebensrettende Maßnahmen geht, etwa bei Verletzungen des Zwerchfells oder der Eingeweide. Häufig sind sie durch Explosionen entstanden, die sowohl zu Verbrennungswunden, als auch zu ausgeprägten Schäden an Weichteilgeweben und inneren Organen führen können. Oder zu Verletzungen der Gliedmaßen, bei denen bei richtiger Behandlung Arme und Beine noch gerettet werden könnten. Zwei Fälle lehnen die Ärzte aus Deutschland ab, sie können auch in Gaza behandelt werden. Die restlichen Kinder hätten dort keine Chance, gerettet zu werden.

„In der Regel handelt es sich um dringende, aber nicht um Notfalloperationen“, sagt Wynands. „Doch wenn die Wochen vergehen, kommt es häufig zu einer Infektion, die oft zwangsläufig Amputationen erforderlich macht.“ Ein weiteres Problem in Gaza: Die Menschen sind mangelernährt, was Heilungsprozesse erschwert. Es sind massive Wunden, die bei Nichtbehandlung zu Behinderung und Siechtum, im schlimmsten Fall zum Tode führen, so Wynands.

Die Verhältnisse in dem Krankenhaus, in dem er operierte, hätten das Vorstellbare teils überschritten. Menschen, die hier Zuflucht suchten, bauten auf dem gesamten Gelände Zelte auf, spannten Planen für ein wenig Schatten. „Tausende“, berichtet der Chirurg. „Sie waren überall – auf den Gängen des Krankenhauses, in den Ecken des Treppenhauses. Sie lagerten und campierten, mit einem Stück Pappe oder Plane bedeckt.“ Alles sei dreckig gewesen, laut. „Die Notaufnahme ist ein Sinnbild für die Situation vor Ort: Hier kommt der Krieg frisch rein, auch Menschen, die es gar nicht mehr in den OP schaffen, sie verbluten oft bereits zuvor.“ Menschen, die ihre Angehörigen suchen, schreiende Frauen, weinende Kinder. Oft 20 oder 30 Schwerverletzte auf einmal, dann beginnt die Triage.

Kann man es den Kindern zumuten, ohne Begleitung ins Ausland geschickt zu werden?

Nie jedoch hätten Wynands, van Ark und Neuendorf erwartet, was sie in den nächsten Monaten bei dem Versuch der Zusammenarbeit mit deutschen Behörden erleben würden. Zunächst suchen sie das Gespräch mit der deutschen Botschaft in Kairo, da die Kinder über Ägypten ausgeflogen werden sollen. Mehrfach, so berichten es mit dem Vorgang Vertraute, sei das Thema zwischen Kabinettsmitgliedern diskutiert worden – ohne Ergebnis. Wochen vergehen. Schließlich folgen Online-Gespräche mit dem Auswärtigen Amt zur Beantragung der Visa für die verletzten Kinder. Dabei sei geraten worden, es zunächst ohne Begleitpersonen zu versuchen.

Als sie in Erwägung ziehen, die Kinder tatsächlich ohne Begleitpersonen auszufliegen, es zumindest mit einem oder zweien zu probieren, rät Sally Becker von „Save a Child“ vehement davon ab, ihrer Partnerhilfsorganisation in Großbritannien. Diese Kinder seien akut traumatisiert, es müssten lebensverändernde medizinische Entscheidungen getroffen werden, für die sie die Verantwortung nicht übernehmen könnten. Auch Mechthild Sinnig, stellvertretende Chefärztin der Kinderchirurgie in Hannover, rät ab: „Wir halten es für unabdingbar, dass die schwer verletzten Kinder mit einer Begleitperson ausgeflogen werden, unabhängig vom Alter. Wir haben es in der Vergangenheit immer wieder erlebt, dass über andere Hilfsorganisationen Kinder ohne einen Angehörigen in ein deutsches Krankenhaus verbracht wurden und dort maximal sekundär traumatisiert wurden.“ Durch Heimweh, durch Kulturschocks, durch Einsamkeit.

Kerstin van Ark schreibt nun neue Listen. Auf ihnen sind inzwischen einige Namen von Kindern rot markiert. Das bedeutet im besten Fall, dass sie in ein anderes Land ausgeflogen wurden. Im schlechtesten Fall heißt es, dass sie tot sind.

Die Mitarbeiter des Auswärtigen Amts wollen sich weiter bemühen, heißt es. Kinder sind der Außenministerin ein großes Anliegen – insbesondere die in Gaza. Zumindest erwähnt Annalena Baerbock sie häufig in ihren Reden. „Gaza ist der gefährlichste Ort auf der Welt für Kinder“, zitiert Baerbock im November die Worte der Unicef-Chefin. „Diese Eltern, diese Kinder, die Familien können sich nicht einfach in Luft auflösen“, sagt sie im Februar, Israels Recht auf Selbstverteidigung beinhalte keines zur Vertreibung. Und am 24. März warnt Baerbock: „Und in der Hölle von Gaza sind mehr als eine Million Kinder, Frauen und Männer von Hunger bedroht. Das darf keinen Tag so weitergehen.“ Tut es aber, und so reagiert die Außenministerin erst neulich, beim „Talk im Tipi“, einer Veranstaltung im Rahmen der Feierlichkeiten zu „75 Jahre Grundgesetz“ in Berlin, emotional auf Kritiker, die ihre Rede immer wieder unterbrechen: „Wenn sie offensichtlich nicht reden wollen, das tut mir leid, so kann man auch keine Kinder in Gaza retten.“

Bereits neun Tage zuvor, am 16. Mai, musste das Bein von Kareem amputiert werden. Kareem ist 14 Jahre alt, auch er stand auf der Liste der Chirurgen. Wäre er in Deutschland behandelt worden, hätte sein Bein vermutlich gerettet werden können.

Endlich gibt es ein Gespräch mit dem Innenministerium. Der Durchbruch?

Die Presse möchte Kerstin van Ark zu diesem Zeitpunkt noch nicht kontaktieren, „um den Verhandlungsprozess nicht zu gefährden“. Doch die Helfer sind bereits verärgert: „Wie kann es sein, dass derweil über 100 Kinder nach Italien, mehrere verletzte Kinder in die USA, nach Abu Dhabi, Algerien, Oman und Kuwait verbracht wurden und es nicht gelingt, die Einreise nach Deutschland zu ermöglichen, wo doch alles organisiert ist?“, fragt Frank Peter, Gründer der an der Aktion beteiligten Organisation Placet, mit der plastische Chirurgen Terror- und Gewaltopfern helfen. „Wir waren immer wieder an einem Punkt, an dem wir weder vor- noch zurückkamen“, sagt van Ark und holt tief Luft. „Mehrmals waren wir kurz davor aufzugeben. Aber menschlich konnten wir das nicht übers Herz bringen. Gerade wenn man weiß, dass hier 40 Betten bereitstehen, die man mit schwer verletzten Kindern aus Gaza füllen kann und möchte.“

Dann gibt es endlich ein gemeinsames Gespräch mit dem Ministerium des Innern. Wenn dieses Gespräch geschafft ist, hofft van Ark, gelingt ein Durchbruch. Am 10. Juni findet das Treffen statt. Das Ergebnis: niederschmetternd.

Die Position des Ministeriums bleibt hart: Man müsse Sicherheitsrisiken bei Begleitpersonen beachten, hinzu käme eine unklare Rückkehrperspektive – man fürchtet also, Terroristen oder Asylbewerber ins Land zu holen. Auf Anfrage der SZ schreiben Innen- und Außenministerium, eine Einreise von Kindern unter zwölf Jahren zur Behandlung sei „grundsätzlich möglich“. Im Weiteren seien die Häuser in Abstimmung, „unter welchen Voraussetzungen die Einreise von Begleitpersonen realisiert werden kann, die für die Heilungsprozesse der schwer verletzten Kinder wichtig“ sind. Die Abstimmung dauert offensichtlich immer noch an.

Die Chirurgen sind fassungslos, auch deshalb wenden sie sich jetzt an die Öffentlichkeit. Kerstin van Ark meint, sie sei eher maßlos enttäuscht als wütend. „Ich dachte, wir leben in einem humanitären Land. Deshalb haben wir auch nicht aufgegeben.“ Sie könne es nicht nachvollziehen, dass man in schwer verletzten Kindern ein Sicherheitsrisiko sehen kann. „Es ist ein bisschen so, als würden die Pingpong mit einem spielen. Manchmal hat man den Eindruck, dass sie einen so lange von Behörde zu Behörde schicken, bis sich das Problem von allein gelöst hat – und alle verstorben sind.“

Van Arks Liste ist heute fast vollständig rot. Die Kinder sind entweder in andere Länder gebracht worden, nicht auffindbar oder eben tot. Weswegen sich die verhinderten Helfer heftige Vorwürfe machen. „Hätten wir geahnt, dass es nichts wird, hätten wir viel eher gesagt: Verteilt die Kinder anders“, sagt van Ark. „Das ist eine Last, die wir nun tragen müssen. Dadurch, dass wir so lange warten mussten, sind jetzt Kinder gestorben, die auf unsere Hilfe warteten.“

Ist das Konzept der feministischen Außenpolitik also vor allem viel Schein und wenig Sein? Worthülsen, die in ihrer praktischen Umsetzung an ihre Grenzen stoßen? Als Annalena Baerbock im November in Bezug auf die Kinder von Gaza sagt, es mache ihr Sorgen, dass oft nicht die Menschen im Vordergrund stünden, sondern die Bekenntnisse – da meinte sie jedenfalls nicht das eigene Haus. Sondern die reflexhafte Parteinahme vieler für entweder die eine oder andere Seite.

Der Begriff „feministische Außenpolitik“ führt oft zu Missverständnissen

Offenbar hat Ende Juni nun das israelische Militär in Zusammenarbeit mit internationalen Organisationen 68 Kinder mitsamt Begleitpersonen aus Gaza gebracht. Selbst Israel hat die Notwendigkeit erkannt, dass diese Kinder dringend eine medizinische Behandlung benötigen – vielleicht kommen nun doch noch welche von ihnen nach Deutschland. Eines der Kinder steht auch auf der Liste von Kerstin van Ark.

Und so wird sie tun, was auch Baerbock vor wenigen Tagen zumindest ankündigte: weitermachen. Am 26. Juni sagt die Außenministerin auf der Herzliya-Sicherheitskonferenz in Israel: „Die Hände resigniert in den Schoß zu legen, ist keine Option, denn dadurch wird weder der Schmerz der Familien der Geiseln beendet noch das Leiden der unschuldigen Kinder in Gaza.“

Gemessen an den Resultaten ist die bisherige Bilanz bei der Umsetzung der feministischen Leitlinien dürftig. „Aus den vorgenannten Gründen konnten bislang keine entsprechenden Visa verteilt werden“, schreibt das Außenministerium und verweist neben der Frage nach den Begleitpersonen auch darauf, dass die Grenze zwischen Gaza und Ägypten ohnehin geschlossen sei.

Die Diskrepanz zwischen den Zielen der Chefdiplomatin und ihren Ergebnissen wird von Krise zu Krise sichtbarer. Vielleicht weil sowohl das Konzept als auch Baerbock im Ernstfall an ihre Grenzen stoßen. Vielleicht weil eine neue feministische Außenpolitik in einem mehrheitlich von Männern besetzten Ministerium nicht so einfach durchzusetzen ist. Und ziemlich sicher hakt es wie schon in anderen Fällen zuvor bei der Zusammenarbeit zwischen dem Außenamt, bei dem die Nöte dieser Welt anbranden, und dem Innenministerium, das vor allem an Recht und Ordnung interessiert ist.

Der Begriff „feministische Außenpolitik“ führt oft zu Missverständnissen – nicht etwa, weil er so schwer zu verstehen ist. Sondern vor allem, weil er Hoffnungen und Erwartungen schürt. Die Mütter der schwer verletzten Kinder aus Gaza werden sich einreihen in die Gruppe enttäuschter Frauen aus Afghanistan und Iran, die auf Unterstützung oder Evakuierung hofften und außer leeren Worten wenig von der feministischen Außenpolitik Deutschlands gespürt haben. Ihre Leitlinien aber, die klingen nach wie vor wirklich fabelhaft.

 

[..]

Die Polizei agierte entsprechend. Ghassan Abu-Sitteh wurde am Berliner Flughafen die Einreise verweigert. Der Arzt, der nach Kriegsbeginn im Al-Shifa Krankenhaus in Gaza gearbeitet und noch am 6. Dezember dem Spiegel ein erschütterndes Interview über seine furchtbaren Erlebnisse dort gegeben hatte, sollte am Abend einen Vortrag auf dem Kongress halten. Stattdessen wurde ihm erklärt, dass er bis zum 14. April nicht nach Deutschland einreisen dürfe.

Boulevardmedien hatten deshalb monatelang gewarnt, in Berlin würden sich „Israel-Hasser“ und „Antisemiten“ treffen. Viele andere Medien hatten das aufgegriffen, die FAZ zog sogar Parallelen zur Wannseekonferenz. Politiker aller Parteien, von Union bis Linkspartei, hatten dagegen protestiert. Zu dem Treffen hatten diverse Gruppen und Initiativen eingeladen, die Berliner Innenverwaltung bezeichnet sie als „israelfeindliches Boykott-Spektrum“. Einer der Veranstalter war die Gruppe „Jüdische Stimme für einen gerechten Frieden“, von denen etwa ein Dutzend Mitglieder – manche mit Kippa als Juden erkennbar – an der Veranstaltung teilnahmen.

Grund für die Polizei, den Video-Vortrag von Abu Sitta abzubrechen, war offenbar ein Blog-Beitrag des 87-jährigen vom Januar. Darin hatte dieser geschrieben, wäre er jünger, hätte er einer derjenigen sein können, die am 7. Oktober die Blockade des Gazastreifens durchbrachen. Beim Überfall der islamistischen Hamas waren etwa 1.200 Menschen in Israel getötet worden. Als Redner war Sitta allerdings schon seit Monaten angekündigt, sein Vortrag also alles andere als überraschend. Dennoch griff die Polizei mit voller Härte durch, als sei akute Gefahr im Verzug.

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Den Versuch einiger Aktivisten, ihnen mit Tüchern die Sicht zu versperren, wurde von der Polizei rasch unterbunden. Vor Beginn der Veranstaltung wurden die Auflagen der Polizei verlesen: auf Deutsch, Englisch und Arabisch, denn das Publikum war international. Untersagt wurde etwa das Verbrennen von Fahnen, Gewaltaufrufe gegen Israel und Symbole terroristischer Organisationen. Nichts davon war auf der Veranstaltung zu sehen und zu hören, nur viele Palästinensertücher und ein paar palästinensische Fahnen.

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Kaum war die Veranstaltung beendet, begann in den Sozialen Medien der Kampf um die Deutungshoheit. Berlins Bürgermeister Kai Wegner schrieb, „wir haben klar gemacht, welche Regeln in Berlin gelten“. Bundesinnenministerium Nancy Fraser schrieb, „wir dulden keine islamistische Propaganda und keinen Hass gegen Jüdinnen und Juden“ – ein absurdes Statement, zumal bei dem Kongress mehr jüdische Teilnehmer waren, als etwa im Vorstand der „Deutsch-Israelischen Gesellschaft“ zu finden sind.

Linke Kritiker zeigten sich empört. „Der Faschismus ist zurück, und er braucht nicht einmal eine Regierung, um an die Macht zu kommen“, sagte Yannis Varoufakis in einem Video-Statement. „Ein Skandal“, schrieb der linke britische Autor Owen Jones. Auch Juristen äußerten Zweifel an der Rechtmäßigkeit der polizeilichen Maßnahmen. Für Empörung sorgte vor allem das Einreiseverbot für den Rektor der Uni Glasgow, Abu Sittah, und die Verhaftung eines jüdischen Teilnehmers, der eine Kippa mit Melonen-Muster trug, dem Symbol der Palästina-Solidarität. Weil sich Beamte darüber lustig gemacht hatten, hatte er einem Beamten Antisemitismus vorgeworfen.

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