this post was submitted on 30 Mar 2025
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Finanzen

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[–] copacetic@discuss.tchncs.de 9 points 1 month ago (2 children)

Ich halte das Thema genauso für eine Blendgranate wie Fachkräftemangel.

Er sagt "Die Skandinavier:innen machen vor"? Ok, mag sein, dass es schön effizient und digitalisiert ist dort, aber der Wirtschaft geht es nicht besser als unserer.

Außerdem, wen interessiert den Skandinavien? Wir wollen so groß und stark wie die USA sein. Wir wollen wachsen wie China. Tja, beide haben nicht weniger Bürokratie als wir.

Bürokratieabbau wird uns keinen Wirtschafts-Boost geben. Effizienz ist natürlich immer gut, also dranbleiben. Es ist aber nur Kleinvieh.

[–] smokeysnilas 1 points 19 hours ago* (last edited 19 hours ago)

Also eine reine Blendgranate ist das nicht, es gibt schon real existierende Extrembeispiele die wirklich abgeschafft gehören. Mal Beispiele aus meinem Leben die mir gerade einfallen:

Universitäre EFRE Forschungsprojekte und Zeiterfassung.

Text ist zu lang geworden darum hinter diesem SpoilerGenerell muss auch bei WiMis an der Uni eine Arbeitszeiterfassung durchgeführt werden. Grundsätzlich haben die Unis auch die Systeme das zu automatisieren. Da aber die WiMis alle exorbitant viele unbezahlte Überstunden leisten (dazu genötigt werden?) kann man das System hier nicht anwenden weil dann die Verletzung des Arbeitsschutzes offensichtlich und dokumentiert wäre. (Das ist vielleicht weniger schlimm als es klingt, da man das vorher weiß und sich bewusst im Gegenzug für den Abschluss dafür entscheidet.) Also werden WiMis vom automatisierten System ausgenommen unter fadenscheinigen Begründungen das die elektronische Zeiterfassung für WiMis grundsätzlich nicht geht. Dafür wird ihnen die händische Zeiterfassung auferlegt weil man die besser manipulieren kann. In der Realität ist das dann eine Excel Tabelle die dann aber nicht elektronisch übermittelt werden darf, weil das ist ja ausgeschlossen worden. Sondern die darf nur als Papierausdruck übermittelt werden, jeden Monat für alle Wimis aus allen Unis mit entsprechenden Projekten. Und beim Projektträger sitzt ein hochbezahlter Controller, der die Papiertabellen alle wieder abtippt und manuell mit Feiertagen und Urlaubszeiten abgleicht.

KiTa Plätze

nochmal das Gleichebei uns im Ort gibt es eine KiTa mit 2x U3 Gruppen und 2x Ü3 Gruppen. Nun gibt es ab diesem Sommer Anmeldungen für 3x Ü3 Gruppen und 1x U3 Gruppe. Die zweite U3 Gruppe wird leer stehen (der Raum bleibt ein Jahr ungenutzt) und die überzähligen Ü3 Kinder bekommen keinen Platz. Und das obwohl Ü3 eigentlich weniger betreuungsintensiv wäre, aber irgendwelche Formalitäten erlauben es halt nicht eine Gruppe umzuwidmen und Fördermittel für das Personal sind an den U3 Verwendungszweck gebunden usw. da gibt es jetzt halt ein Jahr eine U3 Gruppe mit Einzelbetreuung. Das finde ich eigentlich sogar ok aber für die Kinder die jetzt rausfliegen oder anderswo in die KiTa müssen ist es halt echt ärgerlich. Also nicht nur organisatorisch sondern so ein bisschen bilden sich ja in dem Alter auch schon Freundschaften die halt zerrissen werden jetzt.

Ich könnte ähnliche Texte schreiben z.B. zum Versuch einmalige VG Wort Tantiemen korrekt versteuern zu lassen, zur Beantragung einer Geburtsurkunde, Beantragung eines Kinderreisepasses ...

Jetzt könnte man denken das betrifft halt ÖD und das Privatleben und nicht die Wirtschaft und die Unternehmen. Aber das liegt daran dass ich Angestellter bin, ich gehe mal schon stark davon aus dass man diese Erfahrungen auf die Belange von Selbstständigen und Unternehmern extrapolieren kann. Aber selbst wenn man das außen vor lässt, die ganze Zeit die ich während der eigentlichen Arbeitszeit mich in der letzten Zeit mit solchen Dingen beschäftigen musste (denn Öffnungszeiten und Telefonzeiten der Ämter sind natürlich nur während der regulären Büroarbeitszeiten) waren 100% für meinen AG schon geschäftsschädigend. Selbst wenn ich das Abends nachgearbeitet habe, verpasst man halt tagsüber die Termine und kann auf Anfragen nicht reagieren usw. Und KiTa Chaos schlägt natürlich auch super schnell durch (zum Glück dieses Mal nicht bei uns, wir haben einen Platz bekommen).

[–] rumschlumpel 7 points 1 month ago* (last edited 1 month ago) (1 children)

Er sagt “Die Skandinavier:innen machen vor”? Ok, mag sein, dass es schön effizient und digitalisiert ist dort, aber der Wirtschaft geht es nicht besser als unserer.

Das Pro-Kopf-Einkommen in Dänemark und Schweden ist deutlich höher als das in Deutschland (Norwegen mal außen vor wegen der Rohstoff-Milliarden). Denke aber auch eher nicht, dass Bürokratie das eigentliche Problem ist, auch wenn sie vereinzelt definitiv ein Problem ist (z.B. wenn man ausländische Fachkräfte beschäftigen will, aber selbst da ist eigentlich nicht die Bürokratie an sich das Problem sondern eher die massive Unterbesetzung der zuständigen Behörden).

[–] copacetic@discuss.tchncs.de 7 points 1 month ago

die massive Unterbesetzung der zuständigen Behörden

Statistisch hat Deutschland relativ wenig Beamte und in vielen Fällen ist das die Ursache worüber sich Unternehmen beschweren. Was die Fraktion "mehr Milei und Musk wagen" aber will, ist weniger Beamte und kleinere Behörden. Dann wird immer von Digitalisierung und Effizienz geredet, aber so eine Umstellung bedeutet ja auch erstmal mehr Aufwand.

Es geht hier um ein komplexes System und alle Vorschläge irgendwelcher Politiker scheinen mir mindestens genau so viele Nachteile wie Vorteil zu bringen. Je weiter rechts die Partei desto mehr überwiegen die Nachteile.

[–] rumschlumpel 8 points 1 month ago* (last edited 1 month ago)

Also entschlacken. Wie viel Bürokratie kann denn weg?

Knill: Das werden wir vielleicht in den nächsten Jahren in einem realen Experiment sehen: Unternehmer Elon Musk soll ja als neuer Effizienzminister in der Trump-Regierung die USA radikal entbürokratisieren. Natürlich können wir nicht einfach alles abschaffen. Noch mal: Viele Regeln haben positive Effekte.

Geil, der Typ der die "Bürokratie ist eigentlich schon ganz sinnvoll"-Seite vertreten soll führt Trumps Regierung als Beispiel an, als ob dort Bürokratieabbau das Ziel wäre und nicht der Aufbau eines faschistischen Staatsapparats.

Davon abgesehen werden aber ein paar sinnvoll klingende Ideen genannt, wie man Bürokratie abbauen kann.