Momentaufnahmen von Unfällen allein aus diesem Jahr. Hamburg, Fahrer 19 Jahre jung, Mercedes-AMG mit 612 PS: ein Toter. Dortmund, Fahrer 19, die PS des BMW sind unbekannt: ein totes Kind. Frankfurt, Mercedes-AMG mit mehr als 600 PS: ein Schwerverletzter. Kiel, Fahrer unbekannt, Audi S8 mit 571 PS: Sachschaden. Herford, Fahrer 19, Mercedes-AMG, PS unbekannt: Sachschaden. Hamburg, Fahrer 19, Mercedes-AMG mit 639 PS: Sachschaden. Kassel, Fahrer 25, Mercedes-AMG, PS unbekannt: zwei Schwerverletzte.
Karima Delli, Vorsitzende im EU-Verkehrsausschuss, stellte im Herbst einen Entwurf für die neue Führerscheinrichtlinie vor. PS-Protze hätte der Entwurf ausgebremst: Einen Pkw-Führerschein Klasse B sah er nur für höchstens 1,8 Tonnen schwere Fahrzeuge vor; wer es schwerer haben möchte, müsste demnach einen Führerschein "B+" machen und mindestens 21 Jahre alt sein. Und: Fahranfänger sollten höchstens 90 km/h schnell fahren dürfen.
Doch die Kritik kam im Rasertempo: Bundesverkehrsminister Volker Wissing, FDP, twitterte, er lehne die Vorschläge "entschieden ab". Und sogar der Grünen-Bundesvorsitzende Omid Nouripour kritisierte, ein Extraführerschein für SUV gehe "komplett an der Realität der Leute vorbei und ist Unsinn", sagte Nouripour der Augsburger Allgemeinen. Thomas Bareiß, verkehrspolitischer Sprecher der Union, sprach dennoch generell vom "Elfenbeinturm mancher grüner Politiker".
Die harte Realität spielt sich indes ganz unten am Boden ab - in Straßengräben, auf Fußgängerüberwegen: Nach dem Unfall in Dortmund Ende Juni starb ein elf Jahre alter Junge. Er ging bei grün über die Straße, als ihn der Raser totfuhr.
Es gibt ganz viele Gründe, nicht die Maximalgeschwindigkeit zu fahren. Als Ortskundiger weiß ich, wo die Rehe über die Straße gehen, der drängelnde Hamburger hinter mir sicher nicht. Aber ich bin in deiner Welt der Provokateur, der den Straßenverkehr unsicherer macht?
Genau so Fahranfänger, ältere Fahrer und allgemein defensiv fahrende Fahrer haben das Recht, auch mit 70 km/h auf der Landstraße zu fahren. Damit provozieren sie keine Überholvorgänge, die Überholenden entscheiden sich dafür, für einen Zeitgewinn andere zu gefährden, wenn sie an nicht geeigneten Stellen überholen. Deine Täter-Opfer-Umkehr ist absurd.
Absurd ist, zu erwarten, dass die Masse der Verkehrsteilnehmer freiwillig ihr Verhalten verbessert.
Und hier geht es auch nicht darum, ob Fahranfänger usw. langsamer fahren dürfen, sondern ob sie es müssen. Vielleicht noch sollten, aber niemand hat etwas davon gesagt, es ihnen ganz zu verbieten.