Viele sind mit der Gesamtsituation unzufrieden. Dabei kommt der Diskussionskultur eine Schlüsselrolle zu. Ich glaube nicht, dass diese sich ohne Initiativen 'von unten' verbessern wird. Ich glaube nicht, dass sich ohne deutliche Verbesserungen dort sonst viel verbessern wird.
Ich glaube, dass gute Dinge passieren können, wenn wir Ohnmachtsgefühle abschütteln und uns mit den ganz praktischen Seiten von Austausch beschäftigen.
Da wir uns hier online begegnen, bietet sich eine digitale Variante zum Experimentieren an, die aber schon oft mit Offline-Komponenten kombiniert worden ist: Pol.is.
Mit diesem Online-Werkzeug können die Standpunkte einer Diskussion gesammelt, weiterentwickelt und ihre Bewertungen statistisch aufbereitet werden. Das kann man dann auch als wiki survey bezeichnen, weil man die Umfrage selbst mitgestalten kann.
Aus meiner Sicht spricht für Pol.is, dass es zugleich einfach und komplex genug für viele Anwendungen zu sein scheint. Leute wurden offen gefragt, wie ihre Stadt sich verbessern kann oder es ging um konkrete Konflikte wie den Umgang mit AirBnB in Griechenland (s. https://compdemocracy.org/Case-studies/). Bei vorher schon bekannter Uneinigkeit bekommt man oft ein präziseres Bild der Differenzen, aber es können sich auch überraschende Gemeinsamkeiten oder sogar Lösungen auftun.
Ich will es hier kurz halten, habe vor einer Weile einen längeren Überblick dazu versucht, den ich in Gutes Morgen jetzt noch einmal gepostet habe. Aber das ist die Theorie - und ich schlage vor, dass wir uns mal zusammen ans Praktische machen:
Wir sammeln Erfahrungen mit so einem Prozess, lernen auf was man achten kann. Gleichzeitig kümmern wir uns um Inhalte, die uns interessieren. Später können z. B. Stadt-Communities lokalspezifische Diskussionen auch über Abo-Grenzen hinaus anstreben oder wir können mit anderen Ökosystemen wie dem Reddit-DACH in Dialog treten.
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Also schaut doch mal in meine Beschreibung und/oder in diese Pol.is-Diskussion 'Pol.is zusammen ausprobieren', die ich zur Veranschaulichung und zum Mitmachen erstellt habe.
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Nehmt euch einen kleinen Moment für Feedback und gerne zum Sammeln von möglichen Themen dort und/oder hier.
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Bei Interesse können wir dann die Details einer ersten eigentlichen Diskussion besprechen
Vielen Dank für Eure Aufmerksamkeit!
UPDATE 1.10.: Hier ist der Link zum Report, der zur Beispiel-Umfrage generiert wurde: https://pol.is/report/r9mk3wvcdcbsmmemfuus2
Es haben 15 Personen abgestimmt. Ich habe nicht abgestimmt, aber zu meinen 5 Statements kam nur relativ spät ein anderes dazu ("Ohne emoticons ist das kein ernsthafter Diskurs."), auf das nur noch 3 Personen reagiert haben. Laut FAQ sieht das Team von Pol.is das Tool für weniger als 50 Teilnehmende nicht als geeignet, dazu kommen noch mißverständliche Formulierungen in meinen Statements (s. Update unten).
Als kleine 'Erkenntnis' könnte man trotzdem sehen, dass Skepsis nicht unbedingt mit Ablehnung zusammengefallen ist. Gruppe A sieht eher nicht großes Potential und Unterschiede gegenüber z. B. Lemmy, aber keine Person davon verneint explizit genug Neugier mitzumachen.
Bei der Frage, ob ein verbreiteter Einsatz von Pol.is einen Unterschied in der Gesellschaft machen würde, sieht das Bild bei 12 Stimmen so aus: jeweils 41% pro und contra, 16% Enthaltung.
Themen wurden keine vorgeschlagen, bei den Statements Nr. 3 und 4 dazu hat die "sehr konkrete Fragestellung" höhere Zustimmungswerte als das "sehr offene Thema", aber da gibt es eben auch Doppelnennungen. Ich werde in einem neuen Beitrag das 'angedrohte' Mittelding zur Mobilität vorschlagen, das ist auch ein weites Feld, aber nicht uferlos sozusagen.
UPDATE 29.9.: Vielen Dank an alle, die bisher mitgemacht haben, auch bei dem Beispiel mit den Meta-Statements. Noch sind es nur die Startaussagen, wenn also jemand z.B. noch Themenvorschläge formulieren möchte - sehr gerne!
Durch gleichzeitige Zustimmung zu zwei Aussagen, die alternativ gedacht waren, bin ich auf missverständliche Formulierungen meinerseits aufmerksam geworden. Gemeint war, ob für eine Diskussion ein ganz offenes Thema wie ‘Was sollte sich alles ändern?’ bevorzugt wird oder ein enger gefasstes. Etwas wie ‘Mobiliät in der Zukunft’ wäre vielleicht ein Mittelding, wo vielleicht allen eine Regel, Investition, Maßnahme oder auch Feststellung zum status quo einfällt. Vielleicht am einfachsten Vorschläge machen. Dass wir hier 3 Länder umfassen, können wir sicher irgendwie hinkriegen.
Ich finde auch, dass ist doch schonmal was wert. Solche Konsensbildungen können auch ein Gegengewicht zur neoliberalen Atomisierung sein und den Auflösungserscheinungen diverser Gruppierungen.
Zumindest denke ich, dass manche der skeptischen oder pessimistischen Vorbehalte in den Kommentaren auf alle möglichen Arten von Kommunikation zutreffen, und insofern man die nicht ganz aufgeben will, eh mit allgemeinen Widrigkeiten oder Unzulänglichkeiten umgegangen werden muss. Andererseits befürchte ich schon, dass ich so ein bisschen wie ein frisch erleuchteter Jünger dieser Plattform rüberkomme. Für mich hat nur die erwähnte 'nicht zu simpel / nicht zu kompliziert'-Anlage eine gewisse reizvolle Eleganz, die Vorteile bringt und gleichzeitig nicht vergessen lässt, das keine Software es Menschen abnehmen kann, Austausch möglichst konstruktiv auf die Reihe zu kriegen. Und die praktischen Erfahrungen, die andere mit Pol.is gemacht haben, finde ich jetzt nicht so abschreckend.
Die verfahrenen (und dazu verletzenden) Situationen, die du schilderst gibt es auf jeden Fall. Aber nicht zuletzt durch die lieben Algorithmen und Player jenseits des Fediverse und auch traditionellere mediale Logiken gibt es auch verzerrende Effekte, die letztlich ein noch dystopischeres und dabei selbsterfüllendes Bild der Gesellschaft zeigen als (noch) zutreffend ist. Beispiel reale Bürgerräte weltweit: Ja, besonders resistente Leute nehmen die Einladung gar nicht erst an, aber es gibt doch immer wieder ein gemischtes Feld. Und tendenziell wird da von einem echt reifen Miteinander berichtet. Und die Ergebnisse sind meist meilenweit von dem entfernt, was Berufspolitiker*innen als vermeintliche Naturgesetze wieder und wieder verbreiten: Dürfen nicht überfordern...das nimmt die Bürger nicht mit...das spaltet nur...wir selbst würden ja...wir haben gemacht, was möglich war, was wir nicht gemacht haben, war nicht möglich etc. Und es scheint sich ja mit dem Bild in Sozialen Medien etc. zu decken. Eigentlich dürften also solche Formate keine Chance haben, sie nutzen sie aber - auf der Ebene der Diskussionskultur. Was danach damit passiert (Ablage P) ist dann ein Problem für sich.
Ich denke auch, das Momentum der 'Demokratie-Demos' hätte man nutzen sollen, um auf solche klaren Gesten, aber eben nur Gesten, praktische Aussprache-Angebote zu schaffen - und da könnte so etwas wie Pol.is allein in quantitativer Hinsicht hilfreich sein. Und der Gestus von Lautsprechern, sie würden für eine schweigende Mehrheit sprechen, dürfte in so einer Arena auch eher entzaubert werden. Auch hasserfüllte Sätze schreiben sich unter einem Beitrag auf X glaub ich schneller als ein eigenes Statement in der Diskussion (das optional sogar erst von Mods freigeschaltet werden muss).