borisentiu

joined 3 months ago
MODERATOR OF
[–] borisentiu 4 points 9 hours ago

Dachte an Fußgängerzonen, wo auch keine Räder erwünscht sind. Hauptpunkt ist bei dir die Erweiterung zu "Drangsalierer", das ist mir klar.

[–] borisentiu 4 points 10 hours ago (2 children)

Rein technisch könnte man ein Statement nicht mehr ändern. Gerne ein abgewandeltes ergänzen, hier müsste dann halt außerdem auch die Radstreife zur Streife werden z.B.

[–] borisentiu 3 points 10 hours ago

Och, ich denke positiv ;-)

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submitted 10 hours ago* (last edited 10 hours ago) by borisentiu to c/gutesmorgen
 

Nach der Diskussion und dem Meta-Test zu Pol.is eine thematische Umfrage/Diskussion in der DACH-CommunityGerne abstimmen und verändern!

Hier geht's lang: https://feddit.org/post/3480574

Mobilität kam hier im Forum noch nicht besonders zur Sprache, aber man kann Pol.is auch als eine Art Brainstorming-Instrument sehen um Aspekte aus ganz unterschiedlichen Perspektiven zu sammeln. Daran können wir hier gut anschließen.

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submitted 10 hours ago* (last edited 9 hours ago) by borisentiu to c/dach
 

Mit Mobilität machen wir alle unsere Erfahrungen und (mögliche) Veränderungen lösen oft Kontroversen aus: Verbrenner-Aus, Parkplatzmanagement, Bahnpreise, Subventionen etc. Wo stehen wir und wo soll die Reise hingehen?

Nach der angeregten Diskussion über das Umfragewerkzeug Pol.is möchte ich es für dieses Thema praktisch einsetzen.

Der Unterschied zu einer konventionellen Umfrage ist, dass alle Beteiligten im Verlauf auch eigene Statements zur Abstimmung bringen können.

Damit spätere Beiträge nicht untergehen, wird es zwei Phasen geben: Bis Freitag 11.10., 20 Uhr kann man abstimmen und schreiben, danach noch bis Sonntag 13.10., 20 Uhr nur abstimmen. Danach teile ich den Link zu den Ergebnissen, die wir dann besprechen können.

Die Möglichkeit später noch einmal auf neu hinzugekommene Statements zu reagieren, ist auch der Grund, warum ein Account bei Pol.is sinnvoll ist. Den Tab geöffnet zu halten und zu aktualisieren funktioniert bei mir zumindest testweise auch.

Hier ist der Link zur Umfrage, gerne weitergeben:

https://pol.is/66swzevhkh

Details zu Voreinstellungen

  • Visualisierung der Zwischenergebnisse an/aus? Die mögliche Beeinflussung dadurch kann eine Argument dagegen sein, aber es kann auch dazu inspirieren, neue Vorschläge zu machen um Konsens zu finden - von daher lasse ich die Visualisierung an.
  • Option sich über Facebook oder Twitter/X anzumelden bzw. Einschränkungen (Abstimmen bzw. kommentieren), wenn man das nicht macht: Zwang kommt für mich eh nicht in Frage, Option kann ich mir auch nicht vorstellen, dass das jemand reizt. Habe ich momentan deaktiviert, damit man nicht damit behelligt wird. Ok so?

Zu den Statements

Die Auftaktstatements von mir spiegeln nicht unbedingt meine Meinung wider (die Autolastigkeit dafür wahrscheinlich den status quo). Im Unterschied zur Test-Umfrage mache ich im weiteren Verlauf auch mit.

Als Moderator habe ich die Möglichkeit Statements als Meta-Statements zu markieren, was für die spätere Auswertung relevant ist. Dabei geht es nicht um Standpunkte, sondern Fakten über die Beteiligten. Ich belasse es bei zwei Kriterien, die man aber natürlich auch ignorieren kann: Da wir in der DACH-Community mehrere Länder umfassen, geht es einmal darum. Zum anderen um die Frage nach städtischem oder ländlichem Raum oder beidem. Das ist in der Realität nicht trennscharf, könnte trotzdem interessant sein.

Vorschläge:

  • Es gibt ein Zeichenlimit von 140 (habe ich bei einem Beispiel im Kommentarbereich des letzten Beitrags nicht daran gedacht): Bei längeren Statements ruhig mit Abkürzungen arbeiten, auch wenn es nicht so schön aussieht.

  • Bei der Formulierung sollte man idealerweise bedenken, ob eine Abstimmung darüber gut möglich ist. Also unterschiedliche Aspekte besser als separate Statements bringen, es sei denn, die Kombination ist gerade der Punkt (Beispiel: "Verteuerung von X, aber nur wenn gleichzeitig Y günstiger wird")

  • Ruhig abstrakte und konkrete Statements nebeneinander stellen, z.B. einmal "Für die Einführung eines Tempolimits" und dann noch Statements mit konkreten Zahlen. So kann man die generelle Zustimmung und die Zustimmung aufgrund von Details unterscheiden.

  • Wiederholungen vermeiden: Ich werde für eine bessere Übersicht die Statements hier unten im Beitrag laufend auflisten. Bedeutungsvolle Variationen von Statements können wiederum den Reiz einer Pol.is-Umfrage ausmachen. Also gerne aktiv werden, wenn für einen eine Formulierung nicht ganz passt.

  • Wenn im Statement Voraussetzungen stecken, die auf einen selbst nicht zutreffen, dann besser enthalten als verneinen.

  • Statements müssen keine Wünsche oder Forderungen sein. Man kann auch z.B. formulieren, wie man den status quo wahrnimmt.

  • Beim Erstellen der Umfrage kann man eigentlich entscheiden, ob die Moderation Statements erst aktiv freischalten muss. Hatte ich beim Test zwar deaktiviert, musste aber trotzdem freischalten. Sollte es Ablehnung oder Zweifelsfälle geben, werde ich das hier im Beitrag transparent zur Sprache bringen - also bei Interesse gerne ab und zu reinschauen, die Sache hat auch Experimentcharakter.

Entsprechend belasse ich es jetzt auch bei diesen Hinweisen und wir schauen einfach mal wie es läuft. Fragen oder Anregungen zum Prozedere sind natürlich willkommen. Wir können auch gerne in den Kommentaren Links zum Thema sammeln als Inspiration.

Liste der Statements

  • (Meta) Ich bewege mich überwiegend in der Schweiz / in Ö/ D/Li/Lux
  • (Meta) Ich bewege mich überwiegend im städtischen Raum
  • (Meta) ...im ländlichen Raum.
  • (Meta) ...in beiden Räumen etwa gleich viel.

  • (Auftakt) Für mich trifft eher zu: Ich will nicht Auto fahren, aber ich muss. (nach Katja Diehl)
  • (Auftakt) Ich möchte ein Auto besitzen, nicht nur Autos nutzen.
  • (Auftakt) Efuels-Ausnahme bei EU-Verbrenner-Neuzulassungsverbot ab 2035 würde die Verkehrswende behindern
  • (Auftakt) Deutliche Verteuerungen bei PKW (Parkgebühren, Steuer nach Gewicht, Benzin) zu Steuerungszwecken sind politisch zu riskant
  • (Auftakt) Eine Antriebswende kann erfolgreich Klimaschutz mit Gewohntem verbinden (Individualverkehr, Anzahl PKW, Autoproduktion als Kernbranche)
  • (Auftakt) Kostenlos nutzbarer ÖPNV sollte das langfristige Ziel sein.
  • (Auftakt) Nur wegen der Probleme bei der Bahn nutze ich sie kaum (noch).
  • (Auftakt) Ich würde gerne mehr Rad fahren, aber die Situation für Radfahrende ist in meiner Kommune zu schlecht.
  • (Auftakt) Fußgänger*innen sollten wieder deutlich mehr Raum bekommen, z. B. durch zahlreiche autofreie Straßen o. verkehrsberuhigte Superblocks
  • (Auftakt) Flugverkehr muss stark reduziert werden durch Verteuerungen und/oder Einschränkungen.

  • Die Polizei soll sehr viel Radstreife in Zivilkleidung fahren, überall. Drangsalierer in Kfz dürfen sich nicht mehr sicher fühlen.
  • Parkraum in Städten wird analog zu den Grund-/Mietpreisen des jeweiligen Stadtteils abgerechnet. (Zusätzlich zu Gewicht, Größe etc des Pkw.)
  • Ridesharing soll Pflicht werden - wer irgendwo hinfährt, muss andere mitnehmen. Über eine App steuern + abrechnen. Alleinfahren sehr teuer!
  • Kaum jemand ist wirklich auf das Auto "angewiesen", dies dient viel zu oft nur als Ausrede für die eigene Bequemlichkeit.
  • Wären ÖPNV und Fernverkehr zuverlässiger, würde ich das Auto öfter stehen lassen.
  • Wären ÖPNV und Fernverkehr günstiger, würde ich das Auto öfter stehen lassen.
  • Mehr Subventionen in den Schienenverkehr
  • Schienen-Fernverkehr muss günstiger als Fliegen sein.
  • Der SchienenpersonenNahverkehr müsste gegenüber dem SchienenpersonenFernverkehr priorisiert werden.

Updates und Transparenz

  • vorgeschlagenes Statement: "Ich benötige keinen eigenen/privaten PKW. Mein Bedarf wäre mit Car-Sharing und ÖPNV und Fahrrad voll gedeckt." - Ich zögere damit es aufzunehmen, weil "Ich möchte ein Auto besitzen, nicht nur Autos nutzen" recht nah dran ist (wenn man es ablehnt, natürlich). Es wäre besser gewesen, wenn ich ÖPNV und Fahrrad gleich ins andere Statement gepackt hätte. Statements 'sparen' hätte den Hintergrund, das bei zunehmender Menge die Geduld abnimmt. Oder ist der Unterschied zwischen "möchten" und "benötigen" vielleicht doch entscheidend? Was meint ihr?
[–] borisentiu 1 points 4 days ago

UPDATE 2: Danke nochmal fürs Mitmachen, Link zum Report etc. s. oben im Text.

[–] borisentiu 2 points 6 days ago

UPDATE: Vielen Dank an alle, die bisher mitgemacht haben, auch bei dem Beispiel mit den Meta-Statements. Noch sind es nur die Startaussagen, wenn also jemand z.B. noch Themenvorschläge formulieren möchte - sehr gerne!

Durch gleichzeitige Zustimmung zu zwei Aussagen, die alternativ gedacht waren, bin ich auf missverständliche Formulierungen meinerseits aufmerksam geworden. Gemeint war, ob für eine Diskussion ein ganz offenes Thema wie 'Was sollte sich alles ändern?' bevorzugt wird oder ein enger gefasstes. Etwas wie 'Mobiliät in der Zukunft' wäre vielleicht ein Mittelding, wo vielleicht allen eine Regel, Investition, Maßnahme oder auch Feststellung zum status quo einfällt. Vielleicht am einfachsten Vorschläge machen. Dass wir hier 3 Länder umfassen, können wir sicher irgendwie hinkriegen.

[–] borisentiu 1 points 6 days ago

Wie man mit Desinformation umgeht, ist ja eine Frage der Organisation bzw. Absprache. Es gibt übrigens die Option, dass die Moderation Statements erst freischalten muss. Technisch also schon mal kein Problem.

Um solche Differenzierungen, wie du sie beschreibt geht es gerade. Stand heute haben Leute Erfolg mit einem Framing a la "Klimaschutz ist ein Hobby reicher Städter, denen der Kleine Mann völlig Wurst ist!' Teil der Demontierung solcher Framings ist dann eben, dass man mal konkret vorstellt wie Klimaschutz und soziale Gerechtigkeit zusammen gehen können mit entsprechend sorgfältig formulierten Statements zu Klimageld, Infrastruktur und Daseinsvorsorge, Möglichkeiten progressiver Besteuerung etc.

[–] borisentiu 1 points 6 days ago

Es gibt verschiedene Varianten, wie das Instrument eingesetzt wird. Eine ist mit einer vorgelagerten Phase mit einem Fakten-Briefing (klar, auch wieder ein Thema, wer das machen darf und wie das beeinflusst, aber geht ja erstmal in deine Richtung). Man kann auch eine erste Runde nutzen, um einen Überblick zu bekommen, wo die Leute stehen. Wenn das teilweise nicht kompetent ist, dann ist das eben ein Abbild des Status quo und Ausgangspunkt eines Prozesses, der in eine rationalere Richtung gehen kann.

Ein, zwei Sätze in Pol.is und ein ausführlicher, sorgfältiger aufgebauter und argumentierender Text - klar, das ist schon ein Unterschied. Die Bedenken verstehe ich schon auch, aber eine gewisse Übersichtlichkeit muss nicht schlimm sein. Pol.is ist eine Mischform aus Umfrage und Diskussion. In klassischen Umfragen gibt es auch keine Argumentation, entsprechend denken sich die Befragten ihren Teil einfach selbst oder kennen die Argumente aus anderen Quellen. In Pol.is hindert mich auch niemand statt

  • "Wir brauchen ein Tempolimit"

zu schreiben

  • "Die hohen Emissionen im Verkehrssektor sinken seit Jahren nicht im nötigen Maß. Ab 120km/h steigen die Emissionen mit jeder Steigerung überproportional. Daher ist ein Tempolimit 120km/h auf Autobahnen wirkungsvoll. Wir können es uns nicht leisten, diese Einsparungen nicht zu erzielen, auch wenn sie prozentual gering sind."

Sinnvoll im Sinne der Funktionsweise von Pol.is nur, dass ich nicht auch noch die Mehrwertsteuersenkung für Milchalternativen in den selben Text packe. Und selbst die Verringerung von Parkplätzen passt zwar zum Thema, aber behindert die separate Abstimmung. Wenn man separat schreibt: "Ein Tempolimit würde helfen, die Zahl der Toten und Verletzen im Straßenverkehr zu reduzieren" und das bei manchen Gruppen deutlich mehr 'zieht' als das andere Statement, würden sich u. U. vielleicht Kampagnen eher an der niederländischen Geschichte orientieren als an dem Klima-Argument.

[–] borisentiu 1 points 6 days ago

ETA: nichtsdestotrotz kann diese Software natürlich für einige Fälle durchaus sehr nützlich sein. Wenn z.B. davon ausgegangen werden kann, dass alle Beteiligten offen gegenüber dem Ausgang der Diskussion sind und so ein inhaltlich fundierter Konsens gefunden werden soll (und überhaupt kann).

Ich finde auch, dass ist doch schonmal was wert. Solche Konsensbildungen können auch ein Gegengewicht zur neoliberalen Atomisierung sein und den Auflösungserscheinungen diverser Gruppierungen.

du scheinst sehr optimistisch zu sein, was diese Software angeht

Zumindest denke ich, dass manche der skeptischen oder pessimistischen Vorbehalte in den Kommentaren auf alle möglichen Arten von Kommunikation zutreffen, und insofern man die nicht ganz aufgeben will, eh mit allgemeinen Widrigkeiten oder Unzulänglichkeiten umgegangen werden muss. Andererseits befürchte ich schon, dass ich so ein bisschen wie ein frisch erleuchteter Jünger dieser Plattform rüberkomme. Für mich hat nur die erwähnte 'nicht zu simpel / nicht zu kompliziert'-Anlage eine gewisse reizvolle Eleganz, die Vorteile bringt und gleichzeitig nicht vergessen lässt, das keine Software es Menschen abnehmen kann, Austausch möglichst konstruktiv auf die Reihe zu kriegen. Und die praktischen Erfahrungen, die andere mit Pol.is gemacht haben, finde ich jetzt nicht so abschreckend.

Die verfahrenen (und dazu verletzenden) Situationen, die du schilderst gibt es auf jeden Fall. Aber nicht zuletzt durch die lieben Algorithmen und Player jenseits des Fediverse und auch traditionellere mediale Logiken gibt es auch verzerrende Effekte, die letztlich ein noch dystopischeres und dabei selbsterfüllendes Bild der Gesellschaft zeigen als (noch) zutreffend ist. Beispiel reale Bürgerräte weltweit: Ja, besonders resistente Leute nehmen die Einladung gar nicht erst an, aber es gibt doch immer wieder ein gemischtes Feld. Und tendenziell wird da von einem echt reifen Miteinander berichtet. Und die Ergebnisse sind meist meilenweit von dem entfernt, was Berufspolitiker*innen als vermeintliche Naturgesetze wieder und wieder verbreiten: Dürfen nicht überfordern...das nimmt die Bürger nicht mit...das spaltet nur...wir selbst würden ja...wir haben gemacht, was möglich war, was wir nicht gemacht haben, war nicht möglich etc. Und es scheint sich ja mit dem Bild in Sozialen Medien etc. zu decken. Eigentlich dürften also solche Formate keine Chance haben, sie nutzen sie aber - auf der Ebene der Diskussionskultur. Was danach damit passiert (Ablage P) ist dann ein Problem für sich.

Ich denke auch, das Momentum der 'Demokratie-Demos' hätte man nutzen sollen, um auf solche klaren Gesten, aber eben nur Gesten, praktische Aussprache-Angebote zu schaffen - und da könnte so etwas wie Pol.is allein in quantitativer Hinsicht hilfreich sein. Und der Gestus von Lautsprechern, sie würden für eine schweigende Mehrheit sprechen, dürfte in so einer Arena auch eher entzaubert werden. Auch hasserfüllte Sätze schreiben sich unter einem Beitrag auf X glaub ich schneller als ein eigenes Statement in der Diskussion (das optional sogar erst von Mods freigeschaltet werden muss).

[–] borisentiu 1 points 6 days ago

Ich will ja nicht Lemmy durch Pol.is ersetzen, beide haben ihre Stärken und Schwächen, können sich ergänzen (Die Skalierbarkeit ist auch nicht vergleichbar).

Und wie kommen Reformen und Gesetzgebungen zustande? Da gehen doch immer irgendwelche Arten von Kommunikation voraus. Manchmal problematisch exklusive, manchmal ist grade der außerparlamentarische 'Druck' problematisch. Im Moment haben wir z. B. einen Rechtsruck, bei dem wohl eine Partei und ein härterer Kern von Gleichgesinnten und eine weiterer Kreis von 'Nicht-Abgeneigten' zusammen eine Dynamik entfalten. Es sind einfache Lösungen und es muss nicht viel koordiniert o. geklärt werden, um die Sache am Kochen zu halten.

So genannte progressive Kräfte hätten viel Koordinations- und Klärungsarbeit vor sich, wenn sie sowohl Zersplitterung als auch allerkleinste gemeinsame Nenner vermeiden wollten. Da könnten solche Pol.is-Diskussionen schon Stück für Stück mehr Konsens bringen. Zum anderen geht wahrscheinlich nicht viel ohne sachliche Auseinandersetzung mit den 'Nicht-Abgeneigten', die noch erreichbar sind. Ein relativ neutrales Setting mit einer Pol.is-Struktur halte ich da für praktischer als die Kommentarbereiche der jeweiligen Foren.

[–] borisentiu 0 points 6 days ago (7 children)

Klingt nach viel Idee und Motivation aber ich versteh nicht wie “ja” oder “nein” (daumen hoch, daumen runter?) sie verbessern sollen.

Die Diskussionskultur? Es ist nicht nur binär. Außer Zustimmen/Ablehnen/Passen gibt es noch die Möglichkeit eigene Statements beizutragen. Das ist anders als bei 52 Sonntagsfragen im Jahr etc. Gegenüber Kommentarbereichen wiederum stehen einzelne Aussagen 'nackter' da - da finde ich auch schon die Abstimmung tendenziell aufschlußreicher als ein Daumen hoch/runter unter einem längeren Kommentar, das was auch immer in diesem Kommentar gilt. Und vielleicht ist ja selbst in der 'komischen'/'anderen' Gruppe der ärgste Stuss weniger beliebt als angenommen? Die größeren Pol.is-Diskussionen sind eher Ereignisse außer der Reihe, zu denen auch unterschiedliche Leute überhaupt mal ein 'Forum' teilen. Andere Foren, ob Feddit-Community oder Telegram-Gruppe, sind eher Alltag, eher Ingroup, denke ich.

Es müssen Fakten von Meinungen getrennt werden, und der Grad an “Meinung” in einer Aussage muss gekennzeichnet sein.

Ich denke der klassische Typus einer Pol.is-Aussage ist Wunsch/Forderung a la "Wir brauchen ein Tempolimit." Das ist Meinung und gleichzeitig eine konkrete Maßnahme auf dem Tisch. Glaubenssätze sind auch interessant. Wenn jemand schreibt "Es gibt keinen menschengemachten Klimawandel!'Klimaschutz' ist daher ein unnötiger und ungerechtfertiger Eingriff in meine Freiheit!" würde ich sagen, die Pol.is-Diskussion selbst ist der Ort, wo Widerspruch durch Abstimmung passiert und sich aber auch zeigt, wie hoch der Grad der Zustimmung in der Gruppe ist, die sonst gegen alle möglichen konkreten Klimaschutzmaßnahmen stimmt. Eine Einordnung wie haltlos der Kommentar ist - so etwas sollte absolut auch danach thematisiert werden, z. B. durch die Organisierenden, auch Zeitungen, die solche Diskussionen öfter direkt begleiten.

Ich finde, die Struktur so einer Diskussion ist der nüchtern-rationalen Aufdröselung emotional aufgeladener Themen eigentlich gerade förderlich.

[–] borisentiu 2 points 1 week ago (1 children)

Danke, freut mich! LiquidFeedback oder andere Alternative kenne ich noch nicht. Hattest du damit schon mal zu tun?

[–] borisentiu 3 points 1 week ago* (last edited 1 week ago)

Kein Problem, es ist ja konstruktiv, was du sagst. Ein mögliches Ergebnis kann ja sein, dass man ein Vorstellung, eine Art Skizze hat, wie diese Grundprobleme im Idealfall beseitigt werden könnten. Abgesehen von fehlenden Features - verstehe ich dich richtig, dass man im Prinzip mit dem vorhanden open source Code auf einer eigenen, transparenten, fälschungssicheren etc. Instanz das so einrichten könnte, dass zumindest diese Bedenken ausgeräumt werden?

Ich gebe zu, dass ich noch an einer etwas (zu?) pragmatischen Sicht hänge. Manipulation ist selten komplett ausgeschlossen, Vertrauen in irgendeiner Weise notwendig. Manchmal Vertrauen in Personen, manchmal eher darauf, dass es niemand den Aufwand wert ist zu manipulieren. Und nicht überall wo Rohdaten zur Gegenkontrolle ausgewertet werden können, macht sich wiederum jemand diese Mühe. Eine Konsequenz aus der von dir beschriebenen Anfälligkeit könnte sein, dass man Ergebnisse selbst bei sehr großen Teilnehmerzahlen nicht als repräsentativ framt, einen gewissen Vorbehalt mitartikuliert. Vielleicht könnte man es auch eher als kollaboratives Brainstorming sehen, weniger als Umfrage mit Interaktion.

Für diesen Zweck scheint mir das immer noch lohnenswert, ich kenne aber auch keine alternativen Werkzeuge. Ansonsten bleiben noch Übungseffekte, die zu pass kommen, wenn die Technik mal sicher ist.

Edit: Ein Korrektiv, das hier nicht zur Verfügung steht, ist noch ein Offline-Treffen. Wenn z. B. in einer 'Virtual Townhall' heimlich zensiert wird und Stimmanteile verschoben würden, dann könnte das bei der anschließenden realen Townhall auffliegen, wo z. B. jemand seinen Beitrag nicht bei den ausgeduckten aussortierten findet oder das gesamte Stimmungsbild ein anderes ist.

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submitted 1 week ago* (last edited 6 days ago) by borisentiu to c/gutesmorgen
 

Ich schlage gerade mit einem Beitrag (https://feddit.org/post/3274783) in der DACH-Community vor, dass wir mal mit zusammen mit Pol.is herum experimentieren, das ich hier vorgestellt habe. Damit wir nicht zwei parallele Kommentarabteilungen haben, verlinke ich hier im Forum auf den anderen Beitrag.

Es wäre schön, wenn Ihr mal reinschauen würdet!


Edit: Ab jetzt auch mit Link, sorry! Dort erscheint der Text auch richtig formatiert.

Edit 2: Ich habe den Link jetzt nur noch hier im Textkörper stehen, als URL unter dem Titel wird da ein allzu hässlicher, unformatierter Textklotz produziert. Scheint so zu passieren, wenn der verlinkte Beitrag selbst kein Link-Beitrag ist, sondern einer, der nur ein Bild in der Vorschau hat....Hm, ich kann in der Bearbeitung auch nicht mehr 'keine URL' angeben, also dann eben wenigstens ein Link auf den kürzeren Beitrag selbst.


#demokratie #gesellschaft #digitalisierung

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submitted 1 week ago* (last edited 4 days ago) by borisentiu to c/dach
 

Viele sind mit der Gesamtsituation unzufrieden. Dabei kommt der Diskussionskultur eine Schlüsselrolle zu. Ich glaube nicht, dass diese sich ohne Initiativen 'von unten' verbessern wird. Ich glaube nicht, dass sich ohne deutliche Verbesserungen dort sonst viel verbessern wird.

Ich glaube, dass gute Dinge passieren können, wenn wir Ohnmachtsgefühle abschütteln und uns mit den ganz praktischen Seiten von Austausch beschäftigen.

Da wir uns hier online begegnen, bietet sich eine digitale Variante zum Experimentieren an, die aber schon oft mit Offline-Komponenten kombiniert worden ist: Pol.is.

Mit diesem Online-Werkzeug können die Standpunkte einer Diskussion gesammelt, weiterentwickelt und ihre Bewertungen statistisch aufbereitet werden. Das kann man dann auch als wiki survey bezeichnen, weil man die Umfrage selbst mitgestalten kann.

Aus meiner Sicht spricht für Pol.is, dass es zugleich einfach und komplex genug für viele Anwendungen zu sein scheint. Leute wurden offen gefragt, wie ihre Stadt sich verbessern kann oder es ging um konkrete Konflikte wie den Umgang mit AirBnB in Griechenland (s. https://compdemocracy.org/Case-studies/). Bei vorher schon bekannter Uneinigkeit bekommt man oft ein präziseres Bild der Differenzen, aber es können sich auch überraschende Gemeinsamkeiten oder sogar Lösungen auftun.

Ich will es hier kurz halten, habe vor einer Weile einen längeren Überblick dazu versucht, den ich in Gutes Morgen jetzt noch einmal gepostet habe. Aber das ist die Theorie - und ich schlage vor, dass wir uns mal zusammen ans Praktische machen:

Wir sammeln Erfahrungen mit so einem Prozess, lernen auf was man achten kann. Gleichzeitig kümmern wir uns um Inhalte, die uns interessieren. Später können z. B. Stadt-Communities lokalspezifische Diskussionen auch über Abo-Grenzen hinaus anstreben oder wir können mit anderen Ökosystemen wie dem Reddit-DACH in Dialog treten.

  • Also schaut doch mal in meine Beschreibung und/oder in diese Pol.is-Diskussion 'Pol.is zusammen ausprobieren', die ich zur Veranschaulichung und zum Mitmachen erstellt habe.

  • Nehmt euch einen kleinen Moment für Feedback und gerne zum Sammeln von möglichen Themen dort und/oder hier.

  • Bei Interesse können wir dann die Details einer ersten eigentlichen Diskussion besprechen

Vielen Dank für Eure Aufmerksamkeit!


UPDATE 1.10.: Hier ist der Link zum Report, der zur Beispiel-Umfrage generiert wurde: https://pol.is/report/r9mk3wvcdcbsmmemfuus2

Es haben 15 Personen abgestimmt. Ich habe nicht abgestimmt, aber zu meinen 5 Statements kam nur relativ spät ein anderes dazu ("Ohne emoticons ist das kein ernsthafter Diskurs."), auf das nur noch 3 Personen reagiert haben. Laut FAQ sieht das Team von Pol.is das Tool für weniger als 50 Teilnehmende nicht als geeignet, dazu kommen noch mißverständliche Formulierungen in meinen Statements (s. Update unten).

Als kleine 'Erkenntnis' könnte man trotzdem sehen, dass Skepsis nicht unbedingt mit Ablehnung zusammengefallen ist. Gruppe A sieht eher nicht großes Potential und Unterschiede gegenüber z. B. Lemmy, aber keine Person davon verneint explizit genug Neugier mitzumachen.

Bei der Frage, ob ein verbreiteter Einsatz von Pol.is einen Unterschied in der Gesellschaft machen würde, sieht das Bild bei 12 Stimmen so aus: jeweils 41% pro und contra, 16% Enthaltung.

Themen wurden keine vorgeschlagen, bei den Statements Nr. 3 und 4 dazu hat die "sehr konkrete Fragestellung" höhere Zustimmungswerte als das "sehr offene Thema", aber da gibt es eben auch Doppelnennungen. Ich werde in einem neuen Beitrag das 'angedrohte' Mittelding zur Mobilität vorschlagen, das ist auch ein weites Feld, aber nicht uferlos sozusagen.

UPDATE 29.9.: Vielen Dank an alle, die bisher mitgemacht haben, auch bei dem Beispiel mit den Meta-Statements. Noch sind es nur die Startaussagen, wenn also jemand z.B. noch Themenvorschläge formulieren möchte - sehr gerne!

Durch gleichzeitige Zustimmung zu zwei Aussagen, die alternativ gedacht waren, bin ich auf missverständliche Formulierungen meinerseits aufmerksam geworden. Gemeint war, ob für eine Diskussion ein ganz offenes Thema wie ‘Was sollte sich alles ändern?’ bevorzugt wird oder ein enger gefasstes. Etwas wie ‘Mobiliät in der Zukunft’ wäre vielleicht ein Mittelding, wo vielleicht allen eine Regel, Investition, Maßnahme oder auch Feststellung zum status quo einfällt. Vielleicht am einfachsten Vorschläge machen. Dass wir hier 3 Länder umfassen, können wir sicher irgendwie hinkriegen.

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submitted 1 week ago* (last edited 6 days ago) by borisentiu to c/gutesmorgen
 

Können Online-Arenen auch zu Konsens statt Konfrontation animieren?

Wie können möglichst viele Stimmen gehört werden?

Bestätigen sich Vermutungen über eine Meinungslandschaft?

Ergänzend zu der eher digitalkritischen Fragestellung hier (https://feddit.org/post/49746), liegt der Schwerpunkt diesmal eher auf dem Potenzial eines Instruments für Aushandlungsprozesse. Die Plattform Pol.is kann für Diskussionen unterschiedlicher Art genutzt werden, besonders spannend ist dabei der Kontext in Taiwan, wo in den letzten Jahren Druck von innen (Protestbewegung 2014) und außen (China) auch in digitaler Form daherkam - und wo Zivilgesellschaft und Regierung vermehrt digital unterstützte, partizipative Politik erproben.

Die Plattform

Pol.is wurde vom Computational Democracy Project entwickelt und folgt dem open source- Prinzip, Menschen mit Programmierkenntnissen können ‘unter die Haube schauen’ und auch eigene Versionen basteln. Als Laie kann man über die Seite https://pol.is/home im Handumdrehen eigene Diskussionen eröffnen und dann per Link andere zur Beteiligung einladen. Für den Account empfiehlt sich als Name ein Pseudonym, da er Teilnehmenden später sichtbar wird. Auch für Teilnehmende ist ein Account praktisch, um auch ohne Cookies zu Diskussionen zurückzukehren.

DatenschutzNutzt man Pol.is so, laufen die Daten über amerikanische Server. In den Bedingungen wird auch auf die europäische Datenschutz-Grundverordnung (englisch GDPR) eingangen, siehe die Abschnitte ‘International Visitors’ und ‘Supplemental Notice to EU Data’ unter https://pol.is/privacy . Ich selbst kann das nicht beurteilen, aber wer volle Kontrolle will, kann die Software auf Server der Wahl packen.


Für die Benutzung wird auf Einfachheit gesetzt. Als Initator formuliere ich ein Thema und eine handvoll Aussagen dazu. Teilnehmende können auf eine Aussage per Klick mit Zustimmung, Ablehnung oder Enthaltung reagieren - und bekommen dann erst die nächste Aussage gezeigt. Die Möglichkeiten sind im Vergleich zu Sozialen Medien bewusst um das Mittel des Kommentars gekürzt. Dahinter steht neben der Präferenz für Übersichtlichkeit die Annahme, dass solche Diskussionen zu oft nicht fruchtbar sind, in ‘Kommentarkriege’ Weniger, Trollaktionen u. ä. münden.

Zugleich ist man aber zum Beisteuern eigener Aussagen eingeladen, die dann einen eigenen Platz bekommen. Pol.is entspricht damit der Definition einer wikisurvey, d. h. einer Umfrage, deren Inhalte die Befragten selbst mitgestalten. Letzlich entsteht eine Mischform aus Umfrage und Debatte.

Ein konstruktiver Kommentar im herkömmlichen Sinn kann ja z. B. so aussehen, dass man einer Äußerung beipflichtet, aber eine punktuelle Abänderung vorgeschlägt. In Pol.is würde man so eine Synthese dann als neue Aussage einstellen - und möglicherweise ist es genau die Änderung, die auch bei anderen die Akzeptanz erhöht. Jedenfalls sehen nach den bisherigen Erfahrungen positive Diskussionsverläufe öfter so aus, dass nach und nach konsensfähigere Aussagen entwickelt werden.

In der Selbstbeschreibung ist auch von der Nutzung von “advanced statistics and machine learning” die Rede. Dabei versucht die ‘Maschine’ nicht die Aussagen inhaltlich zu analysieren:

“Does Polis use natural language processing (NLP)?” “No. The machine learning 👾 Algorithms run are solely run on the polis opinion matrix of agrees, disagrees and passes by participants on comments. Thus, Polis is language agnostic.” (aus den FAQ)

Pol.is beschränkt sich darauf, die Abstimmungsergebnisse miteinander in Beziehung zu setzen und daran auch die Reihenfolge individuell anzupassen, in der die Thesen angezeigt werden. In der (teilweise) deutschen Benutzeroberfläche fällt das Wort “zufällig”, aber “semi-randomly” (FAQ) ist soweit ich sehe treffender und entspricht der Logik des Ansatzes.

Sinn des Ganzen ist nicht einfach ein Ranking der Aussagen nach Beliebtheit herzustellen. Pol.is versucht 2-5 Gruppen zu fassen, die sich durch ähnliche Abstimmung herauskristallisieren. Wenn viele Teilnehmenden einer These zustimmen, viele andere sie aber ablehnen, schaut Pol.is, ob das übrige Abstimmungverhalten für relativ homogene Gruppen spricht. Eine Gruppe definiert sich dann durch hohe Zustimmungs- oder Ablehnungswerte für eine handvoll Thesen, wobei eben interessant ist, wie hoch genau die Übereinstimmung jeweils noch ist. Da nicht immer alle alle Thesen durchgehen, priorisiert der Algorithmus also die Aussagen, die für die Verortung relevanter sind.

Die Ergebnisse werden danach in einem detaillierten Bericht präsentiert, optional kann man den Teilnehmenden auch parallel zur Diskussion Zwischenstände anzeigen - was dann natürlich auch wieder das Abstimmungsverhalten beeinflussen könnte. Beispiele für solche Berichte sind unten verlinkt. Außer dem Fokus auf die Gruppen gibt es u. a. noch ein Spektrum, das die Verteilung der Thesen von konsensuell zu kontrovers anschaulich macht, und eine Übersicht über “Uncertainty”, die Aussagen, die mehr als 30% der Beteiligten geschoben haben.

Es liegt auf der Hand, dass sehr viel davon abhängt, wie man Diskussionen dann selbst aufsetzt und durchführt: Weit oder eng gefasstes Thema, kurzer oder langer Zeitraum usw.

Eine Variable ist auch, wieviel ‘Profil’ die Teilnehmenden haben. Es ist möglich, den Zugang mit dem Einloggen in Facebook bzw. Twitter/X zu verknüpfen - dann taucht das Profilbild in der Visualisierung auf. Oder Moderierende können eigene und fremde Aussagen als Metadaten markieren: Wer möchte, kann dann z. B. in einer Diskussion zur Agrarpolitik über Aussagen wie “Ich bin selbst Landwirt*in” ‘abstimmen’, um das Meinungsbild zu den eigentlichen Thesen dann noch differenzierter zu bekommen.

Weitere Art der Verlinkung, die ich nicht erklären kann“Can Polis break down opinions based on demographic or location information? Yes, if you’re collecting this data yourself. You can link a participation record to a random long number which links back to your user records, and merge the tables after the conversation ends. Thus, the data export from Polis can be connected to your data.” (FAQ)


Eine Stärke von Pol.is ist die Skalierbarkeit. Während Zahlen von unter 50-100 Teilnehmenden sogar als nicht ideal erachtet werden, ist nach oben sehr viel möglich. Mitbegründer Megill bringt im Video unten den Vergleich, dass 100 Teilnehmende nicht über eine Million Aussagen abstimmen könnten, aber eine Million Teilnehmende durchaus über 100 Aussagen, und in dem Fall der digitale Weg auf unkomplizierte Weise eine Willensbildung ermögliche, die analog kaum denkbar sei.

Jetzt könnte man sich fragen, wie realistisch es ist, dass vielen Menschen nur relativ wenige Aussagen gegenüberstehen. Mit Blick auf Social Media und Pol.is selbst verweist Megill darauf, dass in der Praxis aktiv Schreibende meist nur eine kleine Minderheit gegenüber den anders Nutzenden (lesen, ‘voten’) ausmachen, teilweise nur ein Zehntel. Gerade bei engerer Themenwahl sind auch nicht Unmengen von Ideen zu erwarten und zudem schalten optional Moderator*innen Aussagen erst frei, um z. B. hate speech, aber auch Wiederholungen zu vermeiden. Soweit ich sehe gibt es dafür keine transparente Dokumentation, das müsste man also anderweitig bewerkstelligen.

Taiwan

In Taiwan steht Digitalministerin Audrey Tang, die zuvor zu den ‘civic hackers’ der Sonnenblumenbewegung 2014 gehörte, für einen umfassend gedachten Einbezug digitaler Möglichkeiten unter dem Stichwort vTaiwan (für virtualTaiwan). Das so unterstützte Handling der Pandemie gilt z. B. als erfolgreich, Transparenz (der Regierung, nicht der Bürger, wie Tang hervorhebt) und Partizipation statt Steuerung (die sich oft hinter ‘smart…’-Konzepten verbirgt) sind leitende Ideen dabei. Im Sinne der Problematik ‘Digitalzwang’ (s. Link oben) würde mich interessieren, wie gut dabei die Inklusion von Menschen klappt, die sich ansonsten eher offline bewegen. Internetzugang selbst wird allerdings als Grundrecht angesehen und entsprechend vorangetrieben. Zur sich etablierenden ‘Digitalkultur’ gehört auch, dass bei Projekten und Prozessen mit Fehlern und situativem Anpassungsbedarf gerechnet wird. Siehe Überblick unter https://www.bertelsmann-stiftung.de/de/publikationen/publikation/did/default-7b774a0527-2

Ein Beispiel für den Einsatz von Pol.is ist die Diskussion anlässlich eines Konflikts zwischen Uber und der Taxibranche. Auch Behörden und Nutzende wurden in einen mehrschrittigen Prozess eingebunden, der in die Gesetzgebung mündete. Siehe https://www.tomatleeblog.com/archives/175327886 (Abschnitt Example 2)

Klima-Rat

Ein österreichischer Klima-Rat mit ausgelosten Teilnehmer*innen traf sich 2022 an mehreren Wochenenden, ähnlich dem deutschen Klima-Rat vor der letzten Bundestagswahl. In der österreichischen Variante suchte der Rat auch Input und Feedback vom Rest des Landes, nachdem er selbst schon erhaltene Sachinformationen in Gruppen andiskutiert hatte. Die Eingangsthesen waren also schon das (Zwischen-)Ergebnis einer partizipativen Methode.

„‘Die Online-Beteiligung hilft uns dabei, den richtigen Fokus zu setzen, Themen zu ergänzen, die bisher vielleicht untergangen sind und letztlich die besten Empfehlungen an die Politik zu formulieren,’ ergänzt Paul aus Söding-Sankt-Johann in der Steiermark, Mitglied im Klimarats-Team Ernährung." https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20220427_OTS0096/ab-sofort-der-klimarat-fragt-ganz-oesterreich

Im Nachgang haben Mitorganisatoren vermeidbare Fehler im Ablauf, in der Einbindung in den Prozess festgehalten - von den mittlerweile reichlich gemachten Erfahrungen weltweit können neue Initiativen lernen. Inhaltlich zeigte sich in der Diskussion zum Thema ‘Energie’ eine Aufteilung in zwei Gruppen von 1228 und 211 Teilnehmenden, wobei die kleinere durch überwiegend ablehnende Haltung zu weitergehenden Klimaschutzmaßnahmen charakterisiert war.

Grundzüge dieser Position (wie die Relativierung des Problems) sind nicht überraschend; auffällig ist, dass auf eine abstraktere Aussage (Nr. 51 “Klimarat: Österreich muss im Klimaschutz global eine Vorbildrolle übernehmen.”) die Ablehnung noch viel eindeutiger ist (3% pro, 82% contra) als bei konkreteren Statements, die die Gruppe mehrheitlich ablehnt. (Nr. 29 “Klimarat: Ich bin bereit, Windräder auch in meinem näheren Umfeld zu akzeptieren.” 25% pro, 61% contra).

An dieser Stelle nur noch ein Beispiel, das dafür stehen soll, dass der Reiz in der Zusammenschau verschiedener Abstimmungen besteht. Nr. 36 “Klimarat: Produkte und Dienstleistungen, die das Klima belasten, sollen einen deutlich höheren Preis haben als klimafreundliche Produkte und Dienstleistungen” erhält bei der kleinen Gruppe 18% pro, 60% contra. Noch höhere Ablehnung erntet Nr. 50 “Klimarat: Klimaschutz ist so dringend und muss umgesetzt werden, auch wenn zeitnah keine sozialen Ausgleichsmaßnahmen möglich sind.” (4% pro, 76% contra, dagegen 47 % pro, 33% contra bei der großen Gruppe), was die Vermutung bestätigen könnte, die mangelnde Sozialverträglichkeit der Maßnahme ist ausschlaggebend.
Doch auch Nr. 188 “CO2 muss stärker bepreist werden, aber dafür müssen ärmere Haushalte auch mehr Zuschuss bekommen” bekommt 7% pro, 65% contra (bei geringerer Beteiligung). Verteuerung als solche scheint ein rotes Tuch zu sein, während die Zustimmung für Förderung und Information einen Konsensbereich mit der großen Gruppe bildet (z. B. Nr. 11, Nr.32).

Links zum Beispiel: https://pol.is/report/r8nssrnnnf2bewvtd5f5h (So sieht ein Bericht aus) https://compdemocracy.org/Case-studies/2022-Austria-Klimarat/

Weiteres Beispiel: Die mittlerweile wieder abgeebbte Bewegung ‘Aufstehen’ um Sahra Wagenknecht experimentierte ebenfalls mit Pol.is. Interessant u. a. bezüglich sehr hoher Teilnehmerzahl, Metadaten und technischen Details. https://www.youtube.com/watch?v=1yh2yKHUKU8 https://pol.is/report/r6xd526vyjyjrj9navxrj

Vorläufiges Fazit

Pol.is ist keine Wundertechnik. Auch weil ich von ‘richtiger’ KI in diesem sensiblen Zusammenhang nichts Gutes erwarte, ist das einfache Prinzip aus meiner Sicht aber kein Nachteil. Es bedeutet nur, dass wir Menschen aktiv überlegen und ausprobieren müssen, wann und wie dieses Instrument eine Unterstützung sein kann. Oder was man daran ändern könnte - im Video unten geht es z. B. auch um mehr Antwortmöglichkeiten. Dreh- und Angelpunkt ist für mich die kollaborative Feinarbeit an Formulierungen, die das Rätselraten minimieren, wie Abstimmungsergebnisse zu deuten sind. Ein eher enger gefasstes Thema kann für diese Klärung förderlich sein.

Es klingt vielleicht etwas hochtrabend immer wieder von Demokratie zu sprechen, aber gerade aktuell ist ja greifbar, dass Zeichen gesetzt, aber eben auch vernünftige Praktiken demonstriert werden müssen. Ich sehe keinen Grund, warum man nicht auf lokaler Ebene so eine Mischform aus Umfrage und Debatte einführen und kultivieren sollte.

Eventuell ergeben sich dann überraschende Gemeinsamkeiten (oder Differenzen), präzisere Formulierungen oder Aufschlüsse darüber, ob z. B. bestimmte Fakten doch noch zu unbekannt sind. Was bei der automatischen Präsentation ganz gut gelingt ist Minderheitsmeinungen nicht untergehen zu lassen, ohne die proportionale Einordnung aus dem Blick zu verlieren. Die Frage, wie repräsentativ die Ergebnisse sind, hängt natürlich wieder vom Organisieren der Teilnahme ab.

Wie ist eure Meinung dazu? Könnt ihr euch vorstellen solche Diskussionen auch hier auszuprobieren und wenn ja, zu welchen Themen?


[zuerst gepostet im alten Forum am 3.3.24]
[Edit 29.9.: Ausklappfeld 'Weitere Art der Verlinkung, die ich nicht erklären kann' hatte nicht funktioniert]

#politik #gesellschaft #digitalisierung

 

Die Politik reagiert auf die 'Wohnungsfrage' reflexartig mit Zielmarken für den Neubau von Wohnungen. Im Idealfall würden dann gleichzeitig Bedarfe gedeckt und die Bauwirtschaft würde auch davon profitieren. Die Tatsache, dass die Ziele regelmäßig gerissen werden, überdeckt, dass eine viel grundsätzlichere Auseinandersetzung mit der Problematik notwendig und hilfreich wäre.

Ich greife für den Anfang einen Impuls von Daniel Furhop auf, von dem ich im letzten Jahr einen Vortrag angehört habe und dessen Buch Der unsichtbare Wohnraum. Wohnsuffizienz als Antwort auf Wohnraummangel, Klimakrise und Einsamkeit (2023) open access verfügbar ist.

Angesichts der Klimakrise fände er auch ein Erreichen der Neubauzahlen keinen Grund zum Feiern, zumal nicht alle gebauten Häuser aus allen Nähten platzen. So ist die Wohnfläche von 36,7 Quadratmetern pro Kopf im Jahr 1995 auf 47,4 Quadratmeter pro Kopf in 2020 gestiegen (S.18). Hinter dem rechnerischen Durchschnitt tut sich eine Schere auf. Gerade immer mehr Ältere - und 2035 wird es 4 Mio. mehr Menschen 65+ geben - leben allein oder zu zweit in Häusern, die für vielköpfige Familien ausgelegt waren, umgekehrt verhindern z. B. hohe Mieten den Umzug größer werdender Familien in größere Wohnungen oder sind aus anderen Gründen in einer Wohnung mehr Menschen als Zimmer vorhanden (sog. Crowding, S.21).

Wie in vielen anderen Bereichen ist hier also ein Mangel kombiniert mit einer stark ungleichen Verteilung. Furhop, der sich als 'Wohnwendeökonom' bezeichnet, konzentriert sich nun auf mögliche win-win-Situationen, will niemandem etwas wegnehmen oder streitig machen.

Als möglichen Richtwert für 'viel Wohnraum' verwenden Furhop und andere 80+ m² für Ein- bzw. 100+ m² für 2-Personen-Haushalte. Nach dem Zensus 2011 traf das damals bereits auf 4 bzw. 4, 8 Millionen Haushalte zu (s. S. 20). Die Überlegung ist nun, dass hier auch 'unsichtbarer Wohnraum' eingeschlossen ist. Bei diesem

"handelt es sich bereits um Wohnraum, es geht also weder um anders genutzte Flächen (wie Gewerbe) noch um bislang nicht genutzte Räume (etwa ausbaubare Dachgeschosse). Dieser Wohnraum wird jedoch nicht genutzt, womit kein Leerstand gemeint ist (im Sinne der Bezeichnung leerstehender Wohnungen, für die keine Einwohner amtlich gemeldet sind), sondern die Bewohner nutzen diese Räume nicht (wohl aber andere Räume). Dabei sagen die Bewohner selbst, dass sie diese Flächen nicht verwenden und nicht wünschen (oder nicht benötigen), sie sind also freiwillig offen für andere Möglichkeiten, den unsichtbaren Wohnraum nutzbar zu machen." (81, Hervorhebungen im Original)

Ein paar Möglichkeiten, wie dieser Raum besser genutzt werden könnte:

  • Wohnen: Den Haushalt um Personen erweitern

  • Umbau: Einliegerwohnung abtrennen

  • Umzug: z.B. in Form eines Tausches. Teilweise gibt es schon Umzugsprämien, Furhop plädiert aber für umfassenderen Service durch öffentliche Hand. Eine Variante mit Neubaukomponente ist der Bremer Punkt: Unmittelbar neben Reihenhäusern gebaut, können hier ältere Bewohner*innen von dort in barrierefreie Wohnungen ziehen ohne ihre vertraute Umgebung zu verlassen.

  • Wohnshare / 'Wohnen für Hilfe': Vermittlung von Partnerschaften zwischen Generationen durch Vermittlungsstelle. Vertraglich geregelte stundenweise Hilfe z. B. mit Einkäufen oder im Garten für stark reduzierte Miete. In Deutschland dümpelt dieser Bereich herum, die Stadt Brüssel kommt damit auf 350 Vermittlungen pro Jahr (117). Stand heute behandeln Finanzämter so ein Verhältnis unterschiedlich (172). Im Idealfall haben die Generationen auch sozial etwas von dieser Partnerschaft.

  • Soziale Wohnraumvermittlung: Kommunale Stelle baut Hemmnisse zur Untervermietung ab durch Mietgarantie/Mietbegleitung/Zuschuss zu Renovierung.

Hauptpunkt ist ein beherztes Engagement der öffentlichen Hand, um zwischen sich ergänzenden Bedürnissen zu vermitteln. Das lohnt sich natürlich auch bei leerstehenden Wohnungen. Beim Programm "Wohnraumakquise durch Kooperation" der Stadt Karlsruhe erhält diese im Gegenzug etwa zu Renovierungszuschüssen Belegrecht für 10 Jahre. Sie spart Hotelkosten für die Unterbringung von Menschen, die ihre Wohnung verloren haben. Im Zeitraum 2018/19 wurden so fast 120 Wohnungen wieder belegt (S. 208).

Das Wort Wohnsuffizienz im Titel von Furhops Dissertation weist bereits daraufhin, das man bei den gegebenen Bedingungen nicht immer nur nach Neubau rufen kann und in "einer doppelten Kreislaufwirtschaft des Bauens und des Wohnen" (27) wie in anderen Bereichen auch sinnvoll mit dem Bestand arbeiten muss.

Natürlich können sich mit solchen Modellen nicht alle anfreunden, aber bei der Masse an gebautem Raum machte schon ein Bruchteil viel aus. Längerfristig könnten ja durchaus mehr Wohnbiographien so aussehen, dass eigene Bedürfnisse und Räume öfter aufeinander und mit denen anderer Menschen abgestimmt werden können.


"Raumteiler erklärt - auf schwäbisch" - Beispiel für den Versuch einer kommunalen Vermittlerrolle. In 2018/19 wurden 1.200 Menschen vermittelt (S. 208).

#Wohnen #Kreislaufwirtschaft

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submitted 2 weeks ago* (last edited 2 weeks ago) by borisentiu to c/gutesmorgen
 

Manche kennen vielleicht noch Plattform-Spiele oder Jump'n'runs wie Donkey Kong, in denen Hindernisse übersprungen und Dinge eingesammelt werden müssen. Mit Play your Place haben ab 2013 Mary Flanagan, Ruth Catlow und andere dieses einfache Spielprinzip aus dem rein Digitalen geholt und auf Veranstaltungen in England zum experimentellen Nachdenken über das eigene Umfeld angeregt.

Die Beteiligten sollten z. B. überlegen, welchen Wandel sie sich für Southend wünschen. Für die Umsetzung galt es dann auf einem Papier vier Elemente mit Worten oder Skizzen zu gestalten:

  • Avatar (Spielfigur)
  • Setting
  • Obstacles (Hindernisse)
  • Rewards/Assets (Belohnungen/Pluspunkte)

Hier eine Erklärung und ein Beispiel zum Thema gesündere Ernährung.

Bei den überlieferten Levels steht öfter das zu vermeidende Negative im Vordergrund, wie Datenkraken in Decentralize the things und Data Body Building, oder man wird unter dem sarkastischen Motto Die Community spirit! Die! selbst zur treibenden Kraft des Zerstörerischen. Mit The End gibt es dann noch einen radikalen Metakommentar zu Handlungsmöglichkeiten.

Eine positivere Variante verknüpft das Radfahren damit Eindrücke von der städtischen Tierwelt einzusammeln.

Ziel der Aktionen war es auch einfach Menschen ins Gespräch zu bringen und Stadt als veränderbar zu zeigen. Da der letztendliche Spielspaß hier ohnehin nicht im Mittelpunkt steht, könnte man sich heute von der Idee auch zu Trockenübungen inspirieren lassen:

Welchen Teil meines Umfelds würde ich als Setting auswählen? Was für Hindernisse und Belohnungen? Eine menschliche Spielfigur oder vielleicht eine Sache?

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submitted 3 weeks ago* (last edited 3 weeks ago) by borisentiu to c/stuttgart
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submitted 1 month ago by borisentiu to c/gutesmorgen
 

Raum für Ideen, Termine, Fundstücke etc.

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submitted 1 month ago* (last edited 1 month ago) by borisentiu to c/gutesmorgen
 

Nach dem Überblick zur Kreislaufwirtschaft (Teil 1, Teil 2, Teil 3, Teil 4 ) noch Beispiele aus dem Spektrum.

Durch Teilen (z.B. über Bibliotheken der Dinge) können Produktionsbedarfe sinken, bei einer anderen Dimension von Kreislaufwirtschaft geht es um das vorausschauende Design von Produkten oder die Wiederverwendung von Elementen.

Hier ein paar Beispiele aus dem Bausektor, der aktuell noch "zu 36 Prozent der Treibhausemissionen, 50 Prozent der Rohstoffentnahmen und 35 Prozent des Müllaufkommens in Deutschland" beiträgt. Entlang des Lebenszyklus eines Gebäudes gibt es dabei viele Möglichkeiten zur Einsparung wie auch zur wirtschaftlichen Betätigung. (Zahlen - die je nach Quelle bzw. Berechnung variieren - und Geschäftsmodelle für zirkuläres Bauen und Sanieren s. hier )

Zu den Grundbausteinen gehören u. a. wiederverwendete Materialien, wiederverwendbare Materialien, lösbare Verbindungen zwischen ihnen und eine Dokumentation darüber, was verbaut ist (Stichwort Ressourcenpass).

Für das CRCLR House wurde ein altes Brauereigebäude in Berlin in diesem Geist saniert und aufgestockt: Zwei Videos zum Projekt und ein Einblick in die heutige Nutzung als Coworking-Space inklusive Werkstatt und Platz für Veranstaltungen.

Der Neubau der Stadtverwaltung Venlo in den Niederlanden folgte dem cradle2cradle-Ansatz (s. Teil 2). An diesem Ort mit hoher Symbolwirkung wurde nicht oberflächlich, sondern ganzheitlich mit Fassadenbegrünung, Sonnenkamin etc. gestaltet.

Für das eigene Zentrum hat die C2C NGO einen Teil eines Plattenbaus aus DDR-Zeiten saniert. (Überblick + ein Interview ).


Jenseits der Wegwerfkultur: Gespräch im Deutschlandfunk mit dem Bioökonomen Jan Grossarth u. a. zum Baustoff Stroh.

LAB Talk #19: Podcast der C2C NGO mit der Bauingenieurin Lamia Messari-Becker u. a. mit dem Aufruf ganzheitlicher zu denken und nicht z.B. bei Dämmung Kreisläufe zu vernachlässigen.

#kreislaufwirtschaft #gebäude

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Bibliotheken der Dinge (www.youtube.com)
submitted 1 month ago* (last edited 1 month ago) by borisentiu to c/gutesmorgen
 

Nach dem Überblick zur Kreislaufwirtschaft (Teil 1, Teil 2, Teil 3, Teil 4 ) noch Beispiele aus dem Spektrum.

Nutzungsverhalten hat eine individuelle Seite, aber auch eine strukturelle. Wir sind umgeben von Konsumoptionen, die den Besitz von Objekten nahe legen, nicht das ressourcensparende Teilen. Mit 'Bibliotheken der Dinge' wird versucht Orte zu schaffen, die ein jahrtausendealtes Prinzip ausweiten und 'Nutzen statt Besitzen' niederschwellig gestalten. Anstelle von Büchern geht es dabei um Werkzeug, Maschinen, Freizeitausrüstung und vieles mehr.

Najine Ameli hat zu den Möglichkeiten und Herausforderungen dieser Initiativen geforscht - und dann in Bochum selbst den Sprung in die Praxis gewagt. Eine Erkenntnis aus ihrer Dissertation Die neue Share Economy: Bibliotheken der Dinge war, dass diese Angebote sich trotz ihrer besonderen Vorteile auch mit Standards in Flexibilität etc. auseinandersetzen müssen, die der kommerzielle Markt gesetzt hat.

Großes Potential stecke dafür auch darin, außer der Ausleihe auch den Umgang mit Werkzeugen oder Instrumenten in unterschiedlichen Formaten anzustoßen (Repair-Cafés, Workshops etc.) Das fördert sowohl den Austausch als auch die individuelle Eigenständigkeit. So zitiert sie etwa Piper, die in einer tool library in Baltimore Menschen ermutigt einschüchternde Gerätschaften auszuprobieren:

"And it's almost as if they stand a little more straight afterwards. They smile a little bit bigger afterwards. They seem different leaving. [...] we have countless individual stories about that." 131


In einer Folge des Podcasts Wir im Wandel der Bundeszentrale für Politische Bildung wird Amelis Bib der Dinge besucht, daneben geht es um andere Beispiele für (Energie)Suffizienz - vor allem eine Initiative gegen Lebensmittelverschwendung.

Webseite der Bochumer Bib der DInge (die gerade umzieht):
https://bib-der-dinge-bochum.myturn.com/library/

Najine Ameli: Die neue Share Economy: Bibliotheken der Dinge : gemeinschaftliche Nutzungen für eine nachhaltige Stadtentwicklung, Bielefeld 2020 (in Bibliotheken der Bücher)


#kreislaufwirtschaft #suffizienz #konsum #ernährung

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submitted 1 month ago* (last edited 1 month ago) by borisentiu to c/gutesmorgen
 

Zum Abschluss dieses Überblicks soll es noch einmal um die Frage gehen, wer bei einer Kreislaufwirtschaft treibende Kraft sein könnte und wie sehr der Schwerpunkt auf (Hoch-)Technologien liegt. Der Aufsatz Circular futures: What will they look like? von Thomas Bauwens, Marko Hekkert und Julian Kirchherr konstruiert anhand dieser zwei Achsen vier Szenarien.

Zentralisiert und low tech: Planned circularity

Schwerpunkt liegt auf (über)staatlichen Regelungen, entsprechend rückt die Frage der gesellschaftlichen Akzeptanz in den Vordergrund, aber auch effektive Möglichkeiten z . B. Rebound-Effekte zu verhindern (also dass Einsparungen zu Mehrverbrauch auf andere Weise verleiten). Low tech oder low tech innovations meint hier auch das vorrangige Ausreizen der höherwertigen R-Strategien.

Zentralisiert und high tech: Circular modernism

Der Staat gibt hier Richtlinien und finanzielle Anreize, v. a. große Konzerne sollen dann mit innovativen Technologien für Effizienzsteigerungen sorgen. Von KonsumentInnen werden eher keine Verhaltensänderungen erwartet, sie nehmen die Innovationen auf dem Markt an oder nicht. High Tech Lösungen wie Sortiersysteme oder KI-gestützte Automation sollen die unteren Rs und das Reduzieren optimieren, sind aber in der Entwicklung anspruchsvoll.

Dezentral und low tech: Bottom-up sufficiency

Vorangetrieben wird die CE hier v. a. durch kleinere Produktionseinheiten der Nah-und Selbstversorgung, die auch Transportwege minimiert. Lokale Bedürfnisse stehen im Mittelpunkt, nicht Produktion und Konsum im Weltmarktmaßstab. Landleben und urbane Agrikultur werden kultiviert, freiwillige Verhaltensänderungen im größeren Stil sorgen für signifikante Reduzierung von Verbräuchen.

Dezentral und high tech: Peer-to-peer circularity

Digitalisierung ist hier der Dreh- und Angelpunkt und krempelt Produktions- und Nutzungsmuster um. Statt Massenproduktion und Besitz erlauben Plattformen passgenau Herstellung und Zugriff (Sharing economy, Gig economy).

Die vier Varianten werden dann noch hinsichtlich ihrer ökologischen Effektivität, wirtschaftlichen Effizienz, sozio-politischen Machbarkeit und Kompatiblität mit demokratischen Werten in dieser Grafik verzeichnet. Die befragte Fokusgruppe sieht global den zirkulären Modernismus als wahrscheinlichste Variante, da dessen Technik- und Wachstumsorientierung sich in der CE-Konzeption von Regierungsstellen, Konzernen und Organisationen wie der Ellen MacArthur Foundation wiederspiegele.

Da ohnehin auch von Mischtypen auszugehen ist, wird z. B. auch eine konstruktive Kombination von zentralisierten und dezentralen Elementen als wünschenswert bezeichnet: So könnte die Politik klare Ziele und Leitplanken definieren, aber im Geiste der polyzentrischen Governance auch Betrieben und zivilgesellschaftlichen Initiativen Gestaltung auf lokaler Ebene ermöglichen. (S. 11)


https://www.youtube.com/watch?v=fax5RcM0uIc (Video, in dem einer der Autoren die Ergebnisse vorstellt und diskutiert. Ebenfalls auf Englisch.)

[zuerst im alten Forum, 31.3.24]


#wirtschaft #konsum #politik

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