Wehrhafte Demokratie

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Angst vor Hass im Internet: Der Direktor der Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora sagt, er habe in einem Interview mit dem ZDF nicht über die AfD sprechen sollen. Er warnt die Sender vor einer Schere im Kopf.

Im öffentlich-rechtlichen Rundfunk ist ein Streit über den Umgang mit der AfD entbrannt. Die Talkshows der Sender stehen häufig in der Kritik, weil sie AfD-Politiker einladen.

WDR-Intendantin Katrin Vernau sprach sich dafür aus, stärker Positionen der Partei im Programm abzubilden.

Zuletzt sorgte zudem ein neues Sendeformat der ARD für Aufsehen, in dem sich die Redaktion auffällig unkritisch mit migrationsfeindlichen Haltungen gemein machte.

Gemeint ist „Klar“, ein neues rechtsradikales ARD-Format

Nun beklagt der Direktor der Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora, eine Journalistin des ZDF habe ihn dazu aufgefordert, keine historischen Parallelen des Nationalsozialismus zu Positionen der AfD zu ziehen.

Das ist übergriffig. Journalisten haben Historikern nicht zu sagen, worüber die reden sollen.

Andernfalls werde das Interview mit ihm womöglich nicht gesendet.

Ist das schon Zensur?

Sie befürchte Drohungen in sozialen Medien.

Der ÖRR kapituliert vorm Faschismus

Im Interview mit t-online spricht Jens-Christian Wagner über vorauseilenden Gehorsam, Medien und ihren Umgang mit Rechtsextremen. Er warnt die Sender eindringlich – und auch die CDU.

t-online: Herr Wagner, Sie geben sicher oft Interviews zum Rechtsruck in Deutschland und Geschichtsrevisionismus, richtig?

Jens-Christian Wagner: Seit anderthalb Jahren hat das Interesse angesichts der politischen Lage in Thüringen massiv zugenommen. Ich habe das immer mit der Landtagswahl in Verbindung gebracht, bei der die AfD schließlich stark zugelegt hat.

Bislang waren Sie gewohnt, sich dabei frei äußern zu können, entsprechend Ihrer Expertise?

Ich habe mit dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk wie auch mit anderen Qualitätsmedien fast ausschließlich gute Erfahrungen gemacht. Das sind gut ausgebildete Kolleginnen und Kollegen, die nach hohen journalistischen Standards arbeiten. Es ist bislang nie passiert, dass jemand das Interview politisch lenken wollte.

Genau das ist Ihnen nun aber passiert? Sie sollten im Zusammenhang mit dem Nationalsozialismus nicht über die AfD sprechen?

Es ging in dem Interview mit dem ZDF um die Frage, wie Deutsche die Konzentrationslager und ihre Insassen wahrgenommen haben.

Deswegen ging es um Kriminalisierungsdiskurse gegenüber den Ausgegrenzten, gegenüber den KZ-Häftlingen, die in der Propaganda der Nationalsozialisten als gefährliche Feinde und Verbrecher markiert wurden.

Ist ein interessantes Thema. Unter den Slogan „Judentum ist Verbrechertum“ gab es spätestens ab 1937 Kampagnen, die jüdische Familien als kriminelle Clans dargestellt haben

Dabei habe ich einen Aktualitätsbezug hergestellt: Solche Kriminalisierung erlebt man unter anderen Vorzeichen auch heute.

Ich habe über den migrationsfeindlichen Diskurs gesprochen, den es mittlerweile nicht mehr nur in der AfD gibt, den die Partei aber maßgeblich geprägt hat.

Ich bin entsetzt, wie sich die politische Debatte im letzten halben Jahr entwickelt hat.

Dass Migration nur noch als Gefahr für die öffentliche Sicherheit beschrieben wird, ist Hetze. Das hat dazu beigetragen, dass viele Menschen die AfD gewählt haben.

Die Journalistin sagte mir dann, ich solle das gern noch einmal sagen, aber ohne die AfD zu erwähnen. So etwas habe ich nie zuvor erlebt.

Hat sie Ihnen eine Begründung genannt?

Sie ging davon aus, dass die Redaktion die Stellungnahme mit AfD-Bezug nicht senden werde. Sie befürchtete außerdem rechtsextreme, antisemitische Kommentare in den sozialen Medien. Auf den Profilen des Senders und auch auf ihren eigenen Profilen.

Alter ist das erbärmlich. Jeder linke Influencer hat mehr Eier, als der ÖRR

Ist das eine schlüssige Begründung?

Viele Journalisten sind Hass im Internet ausgesetzt, bis hin zu Morddrohungen.

Müssen die aushalten oder Moderatoren suchen

Solche betreffen auch mich. Diese Befürchtung halte ich also für nachvollziehbar, die Schlussfolgerung aber für falsch. Wir sollten uns nicht einschüchtern lassen. Wir sollten klar benennen, dass die AfD rassistisch und geschichtsrevisionistisch agiert.

Und glauben Sie, diese Furcht vor dem Hass wird im ZDF geteilt?

Ich denke nicht, dass das die Haltung des Senders ist. Ich habe in Interviews mit dem ZDF bislang immer Ross und Reiter genannt. Es war vermutlich eine Art vorauseilender Gehorsam gegenüber einer angenommenen Haltung des Senders. Ausschlaggebend war womöglich die persönliche Angst vor dem Shitstorm.

Es gibt in Leitungsgremien der öffentlich-rechtlichen Sender die Position, dass man der AfD Raum geben muss und auch Positionen, die die AfD vertritt, abgebildet sein müssen. Wie sehen Sie das?

In rechtsextremen Milieus wird seit vielen Jahren gefordert, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk abzuschaffen. Ein Artikel der "taz" schildert nun, dass in den Sendern zum Teil als Reaktion darauf journalistische Qualitätsstandards im Umgang mit der AfD nicht mehr eingehalten werden:

Im verzweifelten Bemühen, der Hetze entgegenzutreten, machen sich Redaktionen mit den Positionen der Rechtsextremen gemein.

An welche Sendungen denken Sie dabei?

Ein gutes Beispiel ist die neue Sendung "Klar" mit der Moderatorin Julia Ruhs in der ARD. Mit journalistischen Qualitätsstandards hat die nichts zu tun.

Die Eigendarstellung, sich als erste Sendung kritisch mit Migration auseinanderzusetzen, ist bizarr. Demokratische Parteien und viele Medien haben sich in den letzten Monaten schließlich die Migrationsfeindlichkeit der AfD angeeignet.

In den Talkshows wurde ständig über Migration gesprochen – nahezu ausschließlich in Zusammenhang mit Kriminalität.

Welche Gefahr birgt das?

Es ist ein Fehler, rechtsextreme Politiker in Talkshows einzuladen. Verfassungsfeindliche Positionen werden damit normalisiert.

Als ob es bloße Meinungen wären, über die man diskutieren kann. Die Vorstellung, diese Leute inhaltlich zu entzaubern, ist trügerisch. Das funktioniert nicht. Weder in den Medien noch in der Politik.

Sie spielen auf Ideen in der Union an, die AfD politisch mehr einzubinden, um sie politisch zu stellen?

Das hat 1933 nicht funktioniert und wird auch heute nicht funktionieren. Wer in der CDU versucht, eine Zusammenarbeit mit der AfD in die Wege zu leiten, sägt am eigenen Ast. Es wäre das Ende der CDU.

Auch der ehemalige Bundespräsident Christian Wulff hat das in seiner Rede zum 80. Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Buchenwald sehr, sehr deutlich gesagt. Es ist ein Spiel mit dem Feuer, und am Ende wird die Hütte brennen.

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Quedlinburg in Sachsen-Anhalt ist eine uralte Bilderbuchstadt. Zu ihrem Erbe gehört die rechte Gewalt der 1990er Jahre. Ein Besuch.

in kleiner Hund sitzt im Wappen von Quedlinburg. Sein Name ist Quedel, sagt die Legende, und dass er einst die Stadt gerettet hat. Er bellte laut und warnte die Bür­ge­r:in­nen so vor einer nahenden Räuberbande. Aus Dankbarkeit benannten sie die Stadt nach ihm: Quedlinburg.

Das ist viele Hundert Jahre her und vielleicht ist es auch gar nicht passiert. Warum fängt ein Text über An­ti­fa­schis­t:in­nen in einer Kleinstadt im Harz in Sachsen-Anhalt im Jahr 2025 so an?

Wer ist der Hund in der Geschichte, wer sind die Bür­ge­r:in­nen, und wer sind die Räuber vor den Toren der Stadt?

Heute setzt sich Alex (32) auf seine Hände, wenn er erzählt, was ihm passiert ist. „Das war ein Mittwochabend“, sagt er, wiegt hin und her und schaut geradeaus auf den vollgestickerten Holztisch vor ihm. „Wir ham in der Reiche gesessen bis kurz nach zehn und uns noch mal losgemacht.“ Er stockt.

Lena (22), die Alex am Tisch gegenübersitzt, hilft. „Am Glascontainer neben der Schule war ein Hakenkreuz relativ groß drangesprüht“, sagt sie, „wir wollten noch mal gucken gehen.“ Alex schaut sie dankbar an.

Die beiden heißen eigentlich anders. Sie sind antifaschistische Ak­ti­vis­t:in­nen und wollen ihre Identität schützen – als Vorsichtsmaßnahme. Am Ende des Mittwochs, von dem Alex erzählt, wird seine Nase angebrochen sein.

Im Hof des Kulturzentrums Dachverein Reichenstraße, das Alex „Reiche“ nennt, hört man Kinder lachen. Sie spielen im Freizeittreff. Eine Person stellt eine Schüssel Kekse auf den Tisch.

Die „Reiche“ ist ein Fachwerkhaus im Herzen von Quedlinburg. Zu DDR-Zeiten saß hier die FDJ. Heute ist es Schülercafé, Kneipe, Konzertraum, das einzige Kino der Stadt und Rumhängort für Linke, seit 1990 mit Unterstützung der Stadt.

Quedlinburg liegt im Ostharz in einem Dreieck mit Wernigerode und Halberstadt. Ein Ort wie aus dem Bilderbuch.

Verwinkelte Gässchen, buckeliges Kopfsteinpflaster, sanierte Fachwerkhäuschen in Pastellgelb, Rostrot, Hellgrau, und 20.000 Einwohnende. Der uralte Dom und das Schloss.

Die größte Sehenswürdigkeit ist aber die Stadt selbst. Unesco-Welterbe seit 1994, wegen des großen zusammenhängenden Teils der erhaltenen mittelalterlichen Altstadt, den der Lauf der Geschichte gerade noch vor Abrissplänen der DDR gerettet hat. In Quedlinburg fassen Tou­ris­t:in­nen die Häuser an, weil sie nicht glauben können, dass sie echt sind, heißt es.

Am Tisch im Hof der Reiche sitzen und rauchen mit Alex und Lena am Tisch: Jenny (41), die den Freizeittreff betreut und das Projekt „Schule ohne Rassismus“ koordiniert.

Und Stefan (56), der die Reiche Anfang der 1990er Jahre mitgegründet hat und für die Linke im Stadtrat sitzt. Beide haben ganz eigene Perspektiven auf die Quedlinburger Gegenwart, sie sprechen später. Jetzt hören sie Alex zu.

Der Mittwoch, von dem er erzählt, war im September. Auf dem Weg zum Glascontainer mit dem Hakenkreuz sei plötzlich die „Stadtstreife“ vorgefahren, das von der Stadt beauftragte Sicherheitsunternehmen Incognito Security.

Ohne Vorwarnung seien zwei Mitarbeitende auf ihn zugerannt. Er sei aus Reflex abgehauen, aufs Schulgelände, über zwei Zäune.

Da hätte ihn ein Mitarbeiter am Bein gegriffen. „Ich bin runtergeflogen vom Zaun“, sagt Alex, „unkontrolliert aufgeschlagen, voll aufs Gesicht geflogen“. Seine Nase habe geblutet „wie Sau“.

Der Mitarbeiter habe ihn am Boden fixiert, ihm den Arm auf den Rücken gedreht, Schmerzgriff, Knie im Nacken für 15 Minuten, ohne Erste Hilfe zu leisten. Bis die Polizei kam.

Die Be­am­t:in­nen riefen den Krankenwagen, der Alex ins Krankenhaus brachte, wo er über Nacht blieb. Die Polizei bestätigt der taz, dass sie zwei Ermittlungsverfahren eingeleitet hat, die noch laufen.

Eins gegen den Mitarbeiter wegen Körperverletzung. Und eins wegen Hausfriedensbruchs gegen Alex, weil er aufs Schulgelände geklettert ist.

Die Stadtstreife sagt, sie hätten Alex angesprochen, als er Sticker an einen Straßenmast kleben wollte. Er sei abgehauen und hätte sich dabei verletzt.

So sieht es auch die Stadt, die seit rund acht Jahren mit der Firma Incognito Security zusammenarbeitet. Die Firma betreut verschiedene städtische Veranstaltungen. Und als „Stadtstreife“ fahren und laufen Mitarbeitende zu bestimmten Tageszeiten durch den Ort.

Rechtliche Grundlage ist das Jedermannsrecht, nach dem je­de:r Bür­ge­r:in eine Person festhalten darf, wenn sie eine Straftat begeht.

Solche Public-Private-Partnerships gibt es in vielen anderen Städten auch. Alex und Lena glauben, dass der Stadtstreife-Mitarbeitende Alex verfolgt hat, weil er sie und ihre Freun­d:in­nen als Linke identifizierte.

Beweise haben sie für ihr Gefühl nicht. Aber die Sache mit Alex sei nur der krasseste Vorfall der vergangenen Monate gewesen, sagt Lena.

Immer wieder würde die Stadtstreife sie anlasslos kontrollieren und ihnen nachts hinterherfahren, meist sei derselbe Mitarbeiter dabei.

„Dafür, dass sie laut Stadt für Ordnung und Sicherheit sorgen sollen, haben sie eigentlich genau das Gegenteil bewirkt“, sagt Lena. „Man hat sich unsicher gefühlt.“ Sie haben deswegen der Stadt geschrieben.

In einer Antwort, die der taz vorliegt, steht, eine „subjektiv wahrgenommene Bewertung“ könne „leider nicht verwendet werden“. Alex und Lena fühlen sich nicht ernst genommen.

Der Mitarbeiter, der Alex fixiert hat, ist nicht zum ersten Mal aufgefallen. So ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen den 20-Jährigen wegen des Verdachts der schweren Körperverletzung.

Zusammen mit anderen Tä­te­r:in­nen soll er im Frühjahr 2024 eine Gruppe linker Jugendlicher im Stadtpark als „Zecken“ beleidigt und zwei von ihnen schwer verletzt haben. Das Verfahren läuft.

Ob der Mann trotzdem weiter bei Incognito Security arbeitet, will der Geschäftsführer Oliver Keim aus Datenschutzgründen nicht sagen.

Darauf angesprochen, dass sein Unternehmen in der Vergangenheit mit organisierten Neonazis zusammengearbeitet hat, wird er ungehalten und sagt, er wisse genau, worauf diese Frage hinauslaufe.

Seine Firma hat bis 2017 mit der Leipziger Securityfirma Black Rainbow Security zusammengearbeitet, die rechtsextreme Veranstaltungen wie „Ostdeutschland kämpft“ betreut.

Zwischen 2012 und 2014 sicherte Incognito Security dreimal die von dem lokalen Neonazi Oliver Melina organisierten Rechtsrockkonzerte im benachbarten Nienhagen ab.

Geschäftsführer Keim sagt der taz, er verstehe nicht, was die Arbeit der Stadtstreife mit irgendwelchen Konzerten in der Vergangenheit zu tun habe.

Die Gesinnung seiner Auftraggeber spiele für ihn keine Rolle. „Ob das Rechts- oder Linksrockkonzerte sind, ist uns egal. Wir sind unpolitisch.“

Tatsächlich betreut Incognito Security alle möglichen Events. Weihnachtsmärkte, Stadtfeste, Festivals des lokalen Radiosenders. Auch das Kulturzentrum Reichenstraße hat sie schon mal angefragt. Es ist die einzige Sicherheitsfirma am Ort.

Oberbürgermeister Frank Ruch sitzt in seinem holzvertäfelten Büro im Rathaus. Er legt Wert darauf, dass man Quedlinburg beim richtigen Namen nennt: Mit dem Zusatz „Welt­erbestadt“. „Inzwischen schreiben alle uns korrekt an, außer die deutsche Post“, sagt er und lacht.

Dass die Sicherheitsfirma, die er beauftragt, schon mal mit Neonazis zusammengearbeitet hat? Davon wisse er nichts.

„Aber wenn es stimmen würde, wäre es nichts Negatives“, sagt er knapp. „Solange es genehmigte Veranstaltungen sind und sie ihren Job da ordentlich machen.“

Einen Grund, die Zusammenarbeit zu überdenken, sieht Ruch nicht.

Überhaupt, sagt Ruch, wolle er mal anmerken, dass er sich vom Kampf gegen rechts ausgegrenzt fühle.

Er dreht ein Blatt um, malt einen Kreis und zieht von oben nach unten einen Strich durch die Mitte. „Wenn es heißt: alle, die rechts davon stehen, bekämpfen wir. Warum soll ich gegen rechts auf die Straße gehen? Ich bin ja nicht links. Das hier“,

er macht energisch Kreuze am ganz rechten Rand, „ist die braune Scheiße“. Die nehme er sehr ernst und die wolle er bekämpfen. Ob er da auch die AfD sehe? Teils, teils, sagt er.

Ruch war im vergangenen Jahr vorgeworfen worden, die Brandmauer zur AfD eingerissen zu haben. Bei der Kommunalwahl waren es mutmaßlich Stimmen seiner CDU, mit denen der AfD-Kandidat zum stellvertretenden Stadtratsvorsitzenden gewählt wurde.

Eine Etage weiter oben, im CDU-Kreisverband Harz, wird die Brandmauer mittlerweile offensiv angegriffen. So hat der Kreisverband vergangene Woche gefordert, den Unvereinbarkeitsbeschluss mit der AfD und der Linken in ostdeutschen Bundesländern aufzuheben.

Im Quedlinburger Stadtrat ist die CDU seit der letzten Kommunalwahl mit 31 Prozent vor der AfD mit 27 Prozent vertreten.

Bei der Bundestagswahl war die AfD aber auch hier stärkste Kraft – wie in ganz Sachsen-Anhalt, wo sie auf 37,1 Prozent kam, jeden Wahlkreis und alle Direktmandate gewann.

Im Landkreis Harz verschwimmen – wie vielerorts in Sachsen-Anhalt – die Grenzen zwischen AfD und Neonaziszene. 2024 standen bekannte Harzer Rechtsextreme auf AfD-Wahllisten.

Und in den vergangenen Jahren haben sie Zuwachs aus Westdeutschland bekommen: Seit 2022 sind mehrere Neonazikader um Alexander Deptolla aus Dortmund ins benachbarte Halberstadt gezogen.

Unter seiner Führung habe sich „die zwischenzeitlich orientierungslose rechtsextremistische Szene im Landkreis Harz reorganisiert“, schrieb der Landesverfassungsschutz im Herbst auf eine Anfrage des WDR. Deptolla werde „die strukturelle Stärke der Szene erhöhen“.

So ähnlich gab es das im Harz schon mal. Anfang der 1990er Jahre zog Steffen Hupka, ein Aktivist der 1992 verbotenen Nationalistischen Front aus Hannover, nach Quedlinburg.

Hupka, der später NPD-Lan­des­chef wurde, organisierte die lokale Kameradschaftsszene, rechtsextreme Straftaten nahmen zu, notierte der Verfassungsschutz schon damals.

Der Rechtsextremismusexperte David Begrich sieht durchaus Parallelen zu heute. Sie bestünden darin, „dass diese informell hierarchischen Neonaziszenen immer darauf angewiesen sind, dass es Schlüsselfiguren gibt.“ Wiederholt sich hier etwas?

In der Reiche blättert Alex in einer alten Pressemappe. Der Reiche-Mitgründer Stefan zeigt mit dem Finger auf das Foto zu einem Artikel über eine Antifa-Aktion 1994. „Das bin ich“, sagt er und zieht an seiner Zigarette.

Damals hätten sie die Reiche nicht aufgemacht, ohne vorher die Fenster abzukleben. „Damit es nicht splittert, wenn wieder wer Steine draufwirft.“

Jedes Wochenende sei Krawall gewesen. Stefan sagt, er verstehe Lenas und Alex’ Unsicherheitsgefühl. „Aber ich habe immer noch diesen Vergleich mit den frühen 90ern.“

Anfang der 1990er Jahre wurden in Sachsen-Anhalt Hunderte rechter Gewalttaten gezählt. Bis Ende 1994 hatten Neonazis drei Menschen ermordet.

Die Zeit war auch in Quedlinburg geprägt von einer rassistischen Grundstimmung: Im September 1992, wenige Wochen nach den Ausschreitungen am Sonnenblumenhaus in Rostock-Lichtenhagen, griff ein Mob tagelang eine Unterkunft für Asylbewerber in der Oeringer Straße an, direkt um die Ecke der Reiche.

Damals stellten sich andere Qued­lin­bur­ge­r:in­nen, darunter DDR-Bürgerrechtler:innen, spätere Bürgermeister und Linksautonome, als Mahnwache vor die Unterkunft und den Angreifenden entgegen.

Und heute? Ist die offene Gewalt weniger geworden, doch Provokationen gibt es immer noch. „Leute fahren an der Reiche vorbei und rufen: ‚Zeckenschuppen‘, Hitlergruß, Sieg-Heil-Rufe, so was“, erzählt Lena.

In den letzten Monaten hat es mehrere rechte Angriffe auf linke Zentren in Sachsen-Anhalt gegeben. Zuletzt im Winter auf die Zora in Halberstadt, im Februar aufs Autonome Zentrum Kim Hubert in Salzwedel.

Jenny, die im Kinderladen der Reiche arbeitet, ist 2004 aus Bremen hergezogen. So viele rechte Pöbeleien wie im letzten Jahr habe sie seitdem nicht erlebt, sagt sie.

„Ich hab nie verstanden, warum alle sagen: Warum bist du in den Osten gegangen, du als BIPoC? Jetzt ist so der Punkt, jetzt versteh ich plötzlich die Frage.“

Im kommenden Jahr sind in Sachsen-Anhalt Landtagswahlen. Es sieht ganz danach aus, als wenn die AfD stärkste Kraft wird.

Das habe direkte Folgen für Menschen, die sich offensiv gegen Rechtsextremismus stellen, sagt David Begrich. „Früher mussten sich Leute rechtfertigen, die sich offen rechtsextrem geäußert haben. Heute müssen sich die rechtfertigen, die Rechtsextreme kritisch sehen.“

Wer der Hund in der Geschichte ist, kann dieser Text nicht beantworten. Aber Lena, Alex, Jenny und ihr Freun­d:in­nen­kreis brauchen ihn nicht, sie warnen sich selbst.

Ein paar Wochen nach dem Vorfall mit der Stadtstreife haben sie eine App installiert. Im Notfall können sie mit einem Klick einen Alarm bei allen in der Gruppe auslösen und ihren Standort teilen.

Einmal hätten sie sie seither genutzt, sagt Lena. Das war kein echter Notfall, aber alle kamen vorbei. „Im Endeffekt ham wir dadurch gelernt: Es funktioniert. Man ist nicht alleine, und das ist ein gutes Gefühl.“

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Der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist durch das Bundesverfassungsgericht gut gegen äußere Angriffe, wie die der AfD, geschützt. Die größere Gefahr kommt jedoch von innen: Demokratiefeindliche Strömungen und interne Entwicklungen untergraben die Sender.

Das neue Motto des RBB, „Vom Hauptstadt-Sender zum Heimat-Sender“, wird als Flucht ins Unverbindliche und Gefühlige kritisiert und als „anschlussfähig nach rechts“ bezeichnet. Interne Machtverschiebungen und fragwürdige Entscheidungen, wie die Debatten um Thilo Mischke und Dieter Hallervorden sowie die Sendung „Klar“ mit Julia Ruhs, zeigen eine problematische Entwicklung hin zu Populismus und Ausgrenzung.

Der öffentlich-rechtliche Rundfunk hat ein Selbstverständnisproblem und verliert an Legitimation. Anstatt auf journalistische Qualität zu setzen, versuchen die Leitungsebenen mit fragwürdigen Mitteln Aufmerksamkeit zu gewinnen. Um seine Rolle zu bewahren, sollte der Rundfunk die inhaltliche Arbeit der Redaktionen stärken und auf sachliche Berichterstattung setzen.

-- Zusammenfassung durch Le Chat - Mistral AI

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Ich finde das Interview sehr interessant zu lesen. Von der Wahrnehmung der Veränderung linker Bewegungen ab 89/90, die Frage nach angemessenen Aktionsformen und der Umgang mit Idealen und Realitäten linker Bewegungen auf der Flucht in Lateinamerika.

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"Geht es echt nur um Wokeness? Vielleicht findet man die Gründe für die Angriffe auf die US-Eliteunis auch anderswo: im Katholizismus, im Kommunismus – und bei "Dune"."

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geteilt von: https://feddit.org/post/10837955

Wie bereits geschrieben https://feddit.org/post/10387945 maschieren aktuell fast jeden Montag Faschisten durch die Nürberger Innenstadt (und drumherum) die damit auch neue Leute aus der Impfgegner und Schwurblerszene für die AfD, den 3. Weg und die Heimat (ehemals NPD) rekrutieren.

Zum Glück regt sich lautstarker Protest, auch gestern wieder als die Nazis kaum eine Straße nach Gostenhof reingekommen sind um dann erstmal über eine Stunde (oder 2?) festzustecken bevor sie unter Polizeibegleitung durch nen Park wieder umdrehen mussten.

~~Nach meinem Wissensstand ist nächsten Montag ausnamsweise mal nichts vom sogenannten "Team Menschenrechte" (eine Schande das sie sich so nennen dürfen) geplant~~ (eventuell doch? verlasst euch nicht auf mich xD), dafür aber am 26.4.2025 (übernächster Samstag) wieder ein Großaufruf für alle Faschisten in Deutschland.

Jetzt zum Gegenaufruf! Das Bündniss Nazistopp ruft zum Gegenprotest auf: https://www.nazistopp-nuernberg.de/download/20250426_Mobi-Flugblatt.pdf

Man muss den Faschisten immer wieder zeigen das die Tolleranten immer noch mehr sind und kein Tolleranz für Intolleranz haben!

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Eine Lehrerin will abends nach Hause fahren. Doch plötzlich lauern ihr Vermummte mit Reichskriegsflagge auf. Dann fasst die Lehrerin einen folgenschweren Entschluss.

Im Erzgebirge ist eine Lehrerin mutmaßlich von Rechtsextremen bedroht worden. Der Vorfall ereignete sich laut "Zeit Online" schon im Januar dieses Jahres.

Die Lehrerin einer Oberschule in Oelsnitz ist demnach abends auf einem Parkplatz vor der Schule angegriffen worden. Drei Vermummte lauerten der Frau auf, blendeten sie mit einer Taschenlampe und beleidigten sie.

Die Unbekannten sollen mit einer Reichskriegsflagge posiert und "Sieg Heil" und "Wir schicken dich ins KZ" gerufen haben. Als die Polizei am Tatort ankam, waren die Unbekannten dem Bericht zufolge schon geflüchtet.

Die Lehrerin zog aus dem rechtsextremen Angriff Konsequenzen, wie "Zeit Online" weiter berichtet. Sie arbeitet jetzt an einer anderen Schule, hat sich bewusst versetzen lassen.

In einem auf der Homepage veröffentlichten Statement spricht der Schulleiter von einem "feigen Angriff". Die Lehrerin hat demnach Kunst an der Oberschule unterrichtet.

Im März sei sie versetzt worden. Die Schule hoffe, dass die Täter überführt würden, schreibt der Schulleiter in dem Statement.

An der Schule sollen die Lehrkräfte jetzt noch mehr für Gefahren sensibilisiert werden, schreibt "Zeit Online". Das Präventionskonzept soll überarbeitet werden.

Sollte sich herausstellen, dass Schüler für die Attacke verantwortlich seien, "ergreifen wir die härtesten Ordnungsmaßnahmen, die uns zur Verfügung stehen", so der Schulleiter. Bisher ist aber unklar, wer die Täter sind.

An sächsischen Schulen gibt es immer wieder rechtsextreme Vorfälle. Im vergangenen Jahr erfassten die Behörden 154 Vorfälle. Das geht aus einer Antwort der Landesregierung auf eine Anfrage der Linken hervor. Im Jahr 2023 waren es noch 149 rechtsextreme Fälle an sächsischen Schulen.

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Unter dem Motto #HandsOff haben in den USA landesweit schätzungsweise drei bis fünf Millionen Menschen gegen die Sozial- und Wirtschaftspolitik der Regierung Donald Trumps demonstriert.

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Ein Junger Neonazi muss zum ersten mal in seinem Leben seine Einstellung begründen und versagt auf ganzer Linie. Laut eigener Aussage ist seine ganze Familie offen rechtsradikal.

Mann kann nur hoffen das seine noch nicht ganz abgedriffteten Freunde ihn da rausretten und er dadurch eine Change im Leben bekommt und er nicht umgekehrt diese da noch mit reinzieht.

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Mehr als drei Jahre muss der Anführer einer Berliner Neonazi-Gruppierung hinter Gitter. Eines seiner Gewaltopfer bricht beim Prozess in Tränen aus. Die Nebenklage spricht von „rechtsextremer Raumnahme“ im Osten der Stadt.

Irgendwann kann er nicht mehr. Es ist der zweite Prozesstag im ehrwürdigen Saal 500 des Berliner Landgerichts, als der erwachsene Mann, der kurz zuvor auf dem Zeugenstuhl Platz nahm, in Tränen ausbricht.

„Es hat meinen Alltag massiv beeinflusst. Ich habe Panikattacken, massive Angst, ich traue mich nicht mehr nach Hause“, sagt der 42-Jährige. Dann unterbricht die Richterin, die Worte des Zeugen sind vor lauter Schluchzen fast nicht mehr zu verstehen.

Derjenige, der für das Leid des sichtlich mitgenommen Zeugen verantwortlich ist, sitzt ein paar Meter gegenüber in einem Glaskasten. Julian M. verbringt sein Leben seit Oktober in U-Haft.

Es werden nicht die letzten Monate hinter Gittern sein. Am Mittwochmittag spricht das Gericht den Rechtsextremisten wegen verschiedener Gewalttaten schuldig.

Drei Jahre und drei Monate Haft für den Anführer des Berliner Ablegers der rechtsextremen Truppe „Deutsche Jugend Voran“.

Das Verfahren vor dem Landgericht ist vor allem eine Premiere. Das erste Mal überhaupt wird dem Milieu der neu gegründeten Neonazi-Jugendgruppen der Prozess gemacht.

Nach der Verurteilung des Julian M. dürften weitere Verfahren folgen. Ob in Berlin, Halle oder Dresden.

Mitglieder von Organisation wie „Jung und Stark“, „Deutsche Jugend Zuerst“ oder „Elblandrevolte“ hinterließen in den vergangenen Monaten eine Spur der Gewalt im Land, die Opfer meist politische Gegner.

So auch im Fall Julian M. Im September 2024 überfiel er mit mehreren Kameraden den 42-Jährigen, der sich nun nicht mehr nach Hause traut. Dieser trug ein T-Shirt der Antifa.

Die Rechtsextremen wurden in einem Supermarkt in Marzahn auf ihn aufmerksam. Dann umzingelten sie ihn, schlugen auf ihn ein und forderten sein Kleidungsstück.

„Ich habe dann mein Shirt ausgezogen, um nicht noch im Krankenhaus zu landen“, sagt der Mann vor Gericht. Sein Leben habe sich seitdem grundlegend verändert.

In der Dunkelheit traue er sich kaum noch nach draußen. „Ich versuche mich dann mit Musik auf meinen Kopfhörern abzulenken“, erklärt er mit zittriger Stimme.

Auch ein weiteres Gewaltopfer des Rechtsextremisten berichtet von heftigen Konsequenzen. Im Oktober überfiel eine größere Gruppe vermummter Neonazis um M. den 29-Jährigen nach einer rechtsextremen Demonstration in Berlin-Marzahn in einem Waggon der S7.

Auch hier war es ein Antifa-Symbol an der Kleidung des Geschädigten, das die Gewalttäter provozierte.

Sie traten und schlugen auf ihn ein, auch als er schon auf dem Boden lag. Die Staatsanwaltschaft spricht in ihrem Plädoyer von „potenzieller Lebensgefahr“.

Das Opfer des Exzesses sagt vor der Kammer, er fühle sich in der Gegend seitdem nicht mehr sicher. Der Anwalt der Nebenklage spricht von einer Art rechtsextremer Raumnahme im Berliner Osten.

Das Ziel der Neonazis um M. sei dabei aufgegangen. Politische Gegner nachhaltig zu schädigen, ihnen Angst zu machen, sie in die Panik zu treiben.

Die Gewalt bereue er, erklärte Julian M. gleich am ersten Prozesstag im März. Mehrmals bat er bei seinen Opfern um Entschuldigung. Dazu gehören zwei weitere Personen aus dem Bekanntenkreis, die der 24-jährige M. ebenfalls bedrohte.

Ob die sechs Monate in der U-Haft etwas an seiner politischen Einstellung geändert haben, will die Richterin von ihm wissen.

M. überlegt lange, kaut dabei Kaugummi. „Nein“, antwortet er dann. Die „Deutsche Jugend Voran“ sei schließlich auch sein „privater Freundeskreis“.

Er stehe weiterhin zu den politischen Zielen der „DJV“, „nur eben nicht mit Gewalt“, sagt M.

Sicherlich

Mehrmals zeigt er aus dem Glaskasten das sogenannte „White Power“-Zeichen in Richtung des Zuschauerraums. Die rassistische Geste steht für die vermeintliche Überlegenheit der weißen Rasse. Unter den Besuchern wird das Symbol feixend aufgenommen.

Junge Neonazis begleiten den Prozess. Es sind „Deutsche Jugend Voran“-Mitglieder aus Berlin, aber auch angereiste Mitstreiter aus Chemnitz und Halle.

Eine junge Frau trägt eine tätowierte „444“ auf dem Hals, der Code steht für die Parole „Deutschland den Deutschen“. Ein anderer die „44“, Chiffre für eine Sondereinheit der SS.

Nach der Urteilsverkündung pilgern sie geschlossen vom Gericht zum großen Tor der Justizvollzugsanstalt Moabit. Bis Haftantritt ist Julian M. erstmal wieder auf freiem Fuß, vor der JVA wollen sie ihn willkommen heißen. Er ist schließlich weiterhin einer von ihnen.

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