Eigentlich wollte die Gruppe "Fairdenken" schon am 9. November für den "Volkskanzler Kickl" in Wien demonstrieren. Daraus wurde nichts, nachdem Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) einige Tage zuvor dazu aufgerufen hatte, die "wehrhafte Demokratie" zu verteidigen und die geplante Demonstration scharf verurteilt hatte.
Das Datum ist historisch belastet, in der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 begannen mit der "Reichspogromnacht" tagelange Gewaltexzessen gegen Juden und Jüdinnen. Er sei deshalb "zutiefst empört", dass eine Gruppierung den 9. November für eine Großdemonstration unter dem Motto "Macht euch bereit" nutzen wolle, so Nehammer.
Bundespräsident Alexander Van der Bellen schloss sich der Kritik an. Die Veranstalter kündigen daraufhin eine Verschiebung der Kundgebung an.
Nun soll die Demonstration am kommenden Samstag in der Wiener City stattfinden. Seit Wochen wird für den Umzug mobilisiert, schließlich soll er mithelfen, eine ÖVP-SPÖ-Neos-Regierung zu verhindern und FPÖ-Obmann Herbert Kickl zum "Volkskanzler" zu machen. Zusätzlich wird gegen die "Freigabe von Langstreckenraketen" durch die Biden-Administration demonstriert.
Hinter der Demonstration steht die Gruppe Fairdenken rund um Hannes Brejcha, der sich als einer der Anführer der Proteste gegen die Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie inszenierte.
Die geplante Demonstration soll an große Corona-Demonstrationen anschließen. "Wir erwarten die stärkste Demo überhaupt", schreibt Brejcha auf Telegram. Er rechne mit 1,4 Millionen Demonstrierenden.
Nachdem das Thema Corona nur noch wenige Hundert Personen auf die Straßen Wiens gebracht hatte, versuchte Brejcha in den vergangenen Jahren immer wieder weitere Straßenproteste zu starten. Etwa gegen hohe Energiepreise, gegen die Nato und Sanktionen gegen Russland, für Bauern oder gegen den Bundespräsidenten Van der Bellen. Allesamt mit bescheidenem Erfolg.
Dabei zeigte sich, dass Fairdenken so etwas wie die Straßentruppe der FPÖ ist, die deren Themen aufgreift und verstärkt.
Die Gruppe "Fairdenken" macht aus ihrer politischen Einstellung kein Geheimnis. Bei Corona-Demonstrationen traten Aktivisten und Aktivistinnen gemeinsam mit bekannten Neonazis und Verschwörungsideologinnen auf.
Im Blog der Gruppe wird gegen das NS-Verbotsgesetz gewettert, das Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus als "Schuldkult" verunglimpft und Juden und Jüdinnen als "Volksspalter" bezeichnet.
Ebenfalls ist dort lesen: "Es kann nicht sein, dass man sich ständig von Israel maßregeln lassen muss, bei dem, was Israel gerade im Gazastreifen abzieht!" Die mögliche ÖVP-SPÖ-Neos-Koalition wird als "von außen gesteuerte" Regierung von "Politmarionetten" bezeichnet.
Die FPÖ hält sich mit der Unterstützung der Demonstration am Samstag zurück. Dafür wird in ihr nahestehenden Onlineplattformen für die Teilnahme geworben, und Neonazis mobilisieren für die Demonstration.
So auch "Defend Austria", deren Mitglieder wie Neonazis aus den 1990er-Jahren auftreten. Sie tragen Springerstiefel, Bomberjacken, sind jung und online. Es ist eine neue Generation von Neonazis, deren Rhetorik stark auf Gewalt ausgerichtet ist. Politisch unterstützen sie die FPÖ und deren Parteichef Kickl.
Am Samstag findet in Wien auch eine antifaschistische Demonstration statt.