Deutschland

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About Sammelbecken für deutsche Kartoffeln und ihre Nachrichten, Geschichten, Diskussionen über Deutschland.

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founded 5 months ago
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Die erste Sitzung des Thüringer Landtags ist nach heftigen Differenzen zwischen der AfD und den anderen Parteien bis zum Samstag unterbrochen worden. Der Landtag ist damit nicht konstituiert und nicht arbeitsfähig. Nun muss das Landesverfassungsgericht entscheiden. Die Kritik der anderen Parteien besonders am AfD-Alterspräsidenten Jürgen Treutler, der die Sitzung leitete, ist scharf.

[…]

Über diesen Antrag entbrannte der heftige Streit zwischen dem AfD-Alterspräsidenten, der bis zur Wahl eines Landtagspräsidenten die Wahl leitet, und den übrigen Parteien. Treutler lehnte ab, über den Antrag vor der Wahl des Landtagspräsidenten abzustimmen. Er argumentierte wie die AfD: Der Landtag sei bis zu dieser Wahl gar nicht konstituiert und könne die Geschäftsordnung nicht ändern.

Die anderen Parteien legen die Geschäftsordnung anders aus. Sie halten es für legitim, die Geschäftsordnung vor der Wahl des Landtagspräsidenten zu ändern. Vehement protestierten sie gegen Treutlers Vorgehen: Der Alterspräsident habe sich nicht überparteilich verhalten, er habe immer wieder gegen das Demokratieprinzip sowie ihre Abgeordnetenrechte verstoßen.

Heftiger Streit brach in der Sitzung aus, mehrfach wurde sie unterbrochen. Die Parlamentarischen Geschäftsführer aller Fraktionen wurden immer wieder ans Pult gerufen und diskutierten ohne Öffentlichkeit über das weitere Vorgehen. Das fraß mehr Zeit als die eigentliche Sitzung.

AfD-Alterspräsident Treutler ging im Verlauf der Sitzung mehrfach nicht auf einen Geschäftsordnungsantrag der CDU ein. Die protestierte scharf gegen dessen Begründungen. "Was Sie hier treiben, ist Machtergreifung!", kritisierte Andreas Bühl, Parlamentarischer Geschäftsführer der CDU. Alterspräsident Treutler erteilte ihm für seine Kritik zwei Ordnungsrufe.

Im weiteren Verlauf der Sitzung drohte Treutler damit, weitere Ordnungsrufe zu verteilen und den Abgeordneten im Saal die Mikrofone abzudrehen.

AfD-Politiker Jürgen Treutler (73) obliegt es als Alterspräsident, die erste Sitzung zu leiten, bis ein Landtagspräsident gewählt ist. Treutler nutzte diese Position nach der Eröffnung der Sitzung ab 12 Uhr, um ein indirektes, doch deutliches Plädoyer für die Ernennung von AfD-Politikern in Ämter im Parlament zu halten.

Der Wahlkampf sei "engagiert" und "zugespitzt" geführt worden, sagte Treutler. Das habe zu einer Rekord-Wahlbeteiligung geführt und sei ein gutes Zeichen für die Demokratie. "Wir sind gefragt, den Willen des Souveräns ernst zu nehmen", so Treutler weiter. Bei der Ernennung des Landtagspräsidenten aus der stärksten Fraktion handle es sich um "Gewohnheitsrecht".

Treutler kritisierte in seiner Rede außerdem einen Zeitungskommentar, in dem die hohe Wahlbeteiligung als Krisensymptom angesehen worden sei. Solche Einlassungen würden zeigen, dass es "in gewissen Teilen der politisch-medialen Elite eine offenkundige Verachtung des Volkes" gebe, behauptete er.

Die CDU drang bei Treutler darauf, rasch die Beschlussfähigkeit des Parlaments festzustellen, Schriftführer einzusetzen und über einen Antrag auf Änderung der Geschäftsordnung abzustimmen, den sie gemeinsam mit dem Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) gestellt hatte. Treutler lehnte das wiederholt ab. Die Sitzung wurde deswegen mehrfach unterbrochen.

[…]

Als Kandidatin für das Amt als Landtagspräsidentin, das oberste Amt im Thüringer Parlament, hat die AfD Wiebke Muhsal vorgeschlagen. Sie saß bereits von 2014 bis 2018 für die AfD im Landtag. 2018 wurde sie rechtskräftig wegen Betrugs verurteilt – betrogen hatte sie das Thüringer Parlament.

Das Oberlandesgericht sah es als erwiesen an, dass sie 2014 einen Arbeitsvertrag einer Mitarbeiterin um zwei Monate vordatiert hatte, um zusätzliches Geld von der Landtagsverwaltung zu erhalten.

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geteilt von: https://feddit.org/post/3209885

Bereiche, in die wir niemals gehen sollten
Specht-Riemenschneider sagt, sie stehe für die Vereinbarkeit von Datenschutz und Digitalisierung. Dabei sieht sie aber rote Linien: Das informationelle Selbstbestimmungsrecht müsse auf jeden Fall eingehalten werden. Jede Verarbeitung personenbezogener Daten sei ein Grundrechtseingriff. Ob der zu rechtfertigen ist, hänge davon ab, wie tief der Eingriff sei.

Dabei bezieht sich Specht-Riemenschneider auch auf das von der Ampel-Regierung geplante Überwachungspaket. Das erlaube weitreichende Grundrechtseingriffe schon anlässlich von Wohnungseinbrüchen, greife auch die Privatsphäre von Zeugen an. „Das sind Bereiche in die wir nicht gehen können und niemals gehen sollten“, sagt sie. „Niemand will den Polizeien und Sicherheitsbehörden dringend benötigte Befugnisse nehmen. Aber was über die Verfassungsgrenze hinausgeht, geht einfach nicht.“

Zu einer möglichen Vorratsdatenspeicherung sagt Specht-Riemenschneider, dass das EuGH-Urteil aus dem April diese grundsätzlich erlaube, wenn sie verschiedene Kategorien persönlicher Daten ausreichend trenne und auf den absolut erforderlichen Zeitraum beschränkt sei. Bei der Ausgestaltung dieses Spielraums bestünde allerdings die Gefahr, „dass man in die Verfassungsfeindlichkeit läuft.“ Die Speicherung persönlicher Daten kann laut Specht-Riemenschneider zudem „ein Dauergefühl der Überwachung in der Bevölkerung schaffen“. Sie bittet, diese Tatsache in den politischen Dialog einzubeziehen.

Chatkontrolle: „höchst fragwürdig“
Zudem äußert sie den Wunsch, dass ihre Behörde früher in Entscheidungsprozesse eingebunden wird. „Dann machen Sie Gesetze, an denen wir am Ende nicht so viel rummeckern müssen.“ Datenschutz sei kein Innovationsverhinderer, „wenn wir ihn von Anfang an ordentlich mitdenken.“

Ein Transparenzgesetz hielte Specht-Riemenschneider für „ein tolles Signal“. Die Informationsfreiheit gehöre allerdings nicht zu ihren Schwerpunkten, sagt die Bundesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit.

Bei der Chatkontrolle hält Specht-Riemenschneider es für „höchst fragwürdig“, ob diese zur Zielerreichung – den Schutz von Kindern und Jugendlichen vor sexualisierter Gewalt im Netz – überhaupt geeignet sei. Sie könne deshalb nicht ernsthaft in Erwägung gezogen werden.

Die Übermittlung von Standortdaten von Telefonen anhand der Werbe-ID hat Specht-Riemenschneider, so sagt sie, „in den letzten drei Monaten Tag und Nacht beschäftigt.“ Sie fordert ein Gesetz, das Databroker adressiert, die solche Daten sammeln. Die seinen bislang nämlich datenschutzrechtlich noch nicht angreifbar.

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(...) Thierig sagte: »Wir haben die Belegschaft auf der Betriebsversammlung über die Hausbesuche informiert und unser Vorgehen dargelegt.« Es sei auf große Zustimmung der Belegschaft gestoßen. Zuvor habe es bereits das Feedback gegeben, dass Beschäftigte wegen der hohen Abwesenheit ihrer Kolleginnen und Kollegen frustriert seien.

»Wir haben gut 200 Mitarbeiter festgestellt, die sich in der Lohnfortzahlung befinden, aber die in diesem Jahr noch gar nicht arbeiten waren. Sie bringen mindestens alle 6 Wochen neue Krankmeldungen«, sagte Thierig. »Wir haben uns zwei Dutzend Fälle herausgesucht.« Der Fertigungs- und der Personalleiter hätten dann unangekündigt Hausbesuche bei den Beschäftigten gemacht. »Ein Großteil wurde nicht angetroffen, teils war sehr aggressives Verhalten zu spüren.«

Aus Sicht des Tesla-Managers liegt der Grund für den Krankenstand nicht bei den Arbeitsbedingungen. »In unseren Analysen zur Anwesenheit sind Phänomene offensichtlich geworden: freitags und in Spätschichten sind circa fünf Prozent mehr Mitarbeiter krankgemeldet als an anderen Wochentagen«, sagte Thierig.

»Das ist kein Indikator für schlechte Arbeitsbedingungen, denn die Arbeitsbedingungen sind an allen Arbeitstagen und in allen Schichten gleich. Es suggeriert, dass das deutsche Sozialsystem ein Stück weit ausgenutzt wird.« Tesla habe mehr als 1500 Leiharbeitnehmer, die unter den gleichen Bedingungen arbeiteten. Hier liege der Krankenstand bei zwei Prozent. (...)

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Nach dem Rücktritt des Bundesvorstands der Grünen zieht sich nun auch der zehnköpfige Vorstand ihrer Jugend zurück. Zudem wollen sie aus der Partei austreten.

Der Vorstand der Grünen Jugend will geschlossen aus der Partei austreten. Das kündigten die Vorsitzenden der Grünen-Nachwuchsorganisation, Svenja Appuhn und Katharina Stolla, in einem Schreiben an, das der Nachrichtenagentur AFP vorlag. "Wie Ihr vielleicht schon gehört habt, haben wir – der gesamte Bundesvorstand der Grünen Jugend – uns dazu entschieden, nicht erneut zu kandidieren und morgen aus der Partei auszutreten", steht dort.

"Wir merken, dass unsere inhaltlichen, aber auch strategischen Vorstellungen von Politik immer weiter auseinander gehen – und glauben, dass es mittelfristig keine Mehrheiten in der Partei für eine klassenorientierte Politik gibt, die soziale Fragen in den Mittelpunkt rückt und Perspektiven für ein grundsätzlich anderes Wirtschaftssystem aufzeigt", heißt es in dem Schreiben, aus dem auch die Nachrichtenagentur dpa zitiert.

[...]

Dauerhaft sei es nicht möglich, gleichzeitig Teil einer Partei zu sein und für eine grundsätzlich andere Politik zu werben, als sie die eigene Partei umsetzt, schreibt der Vorstand an die Parteispitze.

[...]

https://archive.is/Z1fA7

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Wenn der neue Thüringer Landtag am 26. September zum ersten Mal zusammentritt, ist es seine wichtigste Aufgabe, eine Landtagspräsidentin oder einen Landtagspräsidenten zu wählen. Doch ob das an diesem Tag geschieht, ist ungewiss. Denn die AfD legt die Geschäftsordnung des Landtags, in der das Verfahren geregelt ist, anders aus als die übrigen Fraktionen.

[…]

Die AfD interpretiert dies so, dass ausschließlich die stärkste Partei - das ist im neu gewählten Landtag die AfD selbst - Kandidatinnen und Kandidaten vorschlagen darf. Die anderen Parteien sowie die Verwaltung des Landtags interpretieren den Abschnitt dahingehend, dass, wenn die Kandidatin oder der Kandidat der stärksten Fraktion keine Mehrheit findet, auch andere Fraktionen Vorschläge machen dürfen.

Um diesen Punkt klar zu regeln, haben CDU und BSW eine Änderung der Tagesordnung beantragt. Sie wollen, bevor die Wahl beginnt, die Geschäftsordnung des Landtags ändern. Bei alldem stellt sich zwangsläufig eine Frage: Warum wurde die Geschäftsordnung des Landtags nicht schon längst geändert?

Denn schon vor Monaten haben Experten und Juristen auf diesen Regelungsspielraum hingewiesen, etwa der Verfassungsblog in seinem "Thüringen-Projekt". Und die Grünen im Landtag wollten bereits im Dezember 2023 diesen Punkt ändern.

[…]

Doch weshalb erlangte derselbe Vorschlag, den die Grünen im Dezember 2023 und danach zur Diskussion stellten, keine Mehrheit? "Die CDU hat das abgelehnt", sagt Henfling. "Das war extrem unklug, wie man ja jetzt sieht." Einer der Hauptgründe dafür sei gewesen, "dass die CDU der Meinung war, sie werden schon stärkste Kraft."

[…]

"Das Thema war so offensichtlich und lag auf der Straße, man hätte es nur aufheben müssen", sagt Henfling. "Die Gewinnerin davon ist am Ende die AfD." Dass Ganze führe dazu, dass die AfD "wieder demokratische Institutionen vorführen kann", so Henfling. "Das ist ärgerlich und unwürdig in Bezug auf unsere Rolle als Abgeordnete."

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[…]

Vor allem in energetisch schlecht sanierten Häusern mit alten Öl- und Gasheizungen werden sich die Heizkosten durch den Emissionshandel aber vermutlich massiv erhöhen.

Studienautor Andreas Holm spricht gar von einem „unkalkulierbaren Kostenrisiko“ für Bewohner und Eigentümer. „Kurzfristig werden große Teile der Betroffenen – der Energiekrise ab 2022 vergleichbar – nur durch den Verzicht auf Heizen und Mobilität mit fossilen Energieträgern reagieren können“, heißt es in der Studie, die vom Bundesverband energieeffiziente Gebäudehülle (BuVEG) in Auftrag gegeben wurde.

BuVEG-Geschäftsführer Jan Peter Hinrichs fordert die Politik zu mehr Unterstützung für energieeffiziente Maßnahmen im Gebäudebereich auf: „Auf viele Eigentümer und Mieter werden hohe Mehrkosten zukommen, weil Fassade, Dach und Fenster veraltet sind.“ Im schlechtesten Fall seien dies viele Tausend Euro – pro Jahr. Es brauche deswegen dringend eine neue Sanierungsoffensive in Deutschland, um die Menschen vor diesen Zusatzbelastungen zu schützen.

[…]

Axel Gedaschko, Präsident des Spitzenverbandes der sozial orientierten Wohnungswirtschaft (GdW), warnt die Bundesregierung, die Menschen, aber auch die Unternehmen, zu überfordern. „Bereits beim Heizungsgesetz hatten wir seinerzeit massiv davor gewarnt, ein Gesetz zu verabschieden, bei dem die notwendige Unterstützung der finanziell Betroffenen nicht vorher geklärt ist“, sagt Gedaschko. Dieser Fehler dürfe sich nicht wiederholen.

https://archive.ph/xgP58

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Knapp vier Wochen nach der Thüringer Landtagswahl kommt es am Donnerstag zum ersten Kräftemessen zwischen einer starken Höcke-AfD und den anderen Parteien. Es geht darum, wer das wichtige Präsidentenamt bekommt. Der Überblick zur Ausgangslage, Konflikten, einem möglichen Ausweg und einem möglichen AfD-Joker.

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Thüringen 1,6 Prozent. Sachsen 0,9 Prozent. Brandenburg 0,8 Prozent. Das sind Ergebnisse einer Splitterpartei. Die Tierschutzpartei war in Sachsen erfolgreicher, in Brandenburg eine Partei namens Plus. Das sind aber auch Ergebnisse einer Regierungspartei, der FDP. Bei den Septemberwahlen sind die Liberalen gedemütigt worden. Die Botschaft der ostdeutschen Wähler ist eindeutig: Wir brauchen diese Partei nicht.

[…]

Praktisch der gesamte wirtschaftspolitische Sachverstand des Landes findet, dass Deutschland massiv investieren muss, um wieder auf die Beine zu kommen. Die Liberalen finden, dass Deutschland massiv sparen muss. Seit Anfang des Jahres propagieren sie eine liberale "Wirtschaftswende", Anfang Juli wurde daraus eine "Wachstumsinitiative" mit einem Sammelsurium an Maßnahmen. Jetzt ist Ende September, beschlossen ist im Bundestag so gut wie nichts. Scheint alles nicht so dringend zu sein.

Zwei Drittel der Deutschen sind für ein Tempolimit auf Autobahnen. Die einen wegen der Ökologie. Die anderen, weil ihnen die Aggro-SUVs, die von hinten auf sie zuschießen, unangenehm sind. Wieder andere, weil sie im Auslandsurlaub erleben, dass es unterwegs auch entspannter zugehen kann. Mit den Liberalen ist darüber nicht zu reden. Die sind dann gleich auf 180. Sie sehen die Freiheit in Gefahr. Oder jedenfalls das, was sie unter Freiheit verstehen.

2017 ließ Christian Lindner die Koalitionsverhandlungen mit Angela Merkel und den Grünen platzen. "Besser nicht regieren als schlecht regieren", lautete die Begründung. Seit drei Jahren regiert Lindner mit SPD und Grünen – und zwar schlecht. Nein, nicht nur weil die Koalition sich in einen Dauerstreit verstrickt hat. Auch weil die Liberalen sich als wankelmütige, unzuverlässige Partner erwiesen haben. Im Bundeskabinett ließen sie Habecks Heizungsgesetz durchgehen, im Bundestag machten sie Opposition dagegen. In der EU stimmte die Regierung dem Zeitplan für den Umstieg vom Verbrenner zur Elektromobilität zu, in allerletzter Minute torpedierten die Liberalen den Kompromiss. Sie blamierten Deutschland.

Kurz vor den Wahlen im Osten blamierte sich die FDP selbst – mit der Forderung nach kostenfreiem Parken in unseren Innenstädten. Unter Verkehrsexperten, Stadtplanern und Bürgermeistern gibt es einen breiten Konsens: Wer die Innenstadt attraktiv machen will, muss sie für Menschen attraktiv machen, nicht für Autos. Kopenhagen, Wien, London, Paris, Tallin, das sind Städte, deren Mobilitätsstrategie international als vorbildlich gilt. Kostenloses oder billiges Flatrate-Parken sehen sie nicht vor. Liberale gelten als weltläufige Menschen. Sie können aber auch schrecklich provinziell sein.

[…]

Heute tritt Lindner auf wie der Cheflobbyist des Status quo. Ein politischer Vermögensberater, der Unternehmern und anderen Wohlhabenden Schutz vor dem Sozialismus und grünen Umtrieben verspricht. In ihrer Geschichte hat die FDP mehrfach versucht, aus dieser Nische der Klientelpolitik herauszukommen. Karl-Hermann Flach war einer der Autoren der legendären Freiburger Thesen der FDP. Vor mehr als einem halben Jahrhundert wollten die Liberalen mit diesem Programm mehr werden als eine gutbürgerliche Honoratioren-Partei. Sie wollten in die Gesellschaft hineinwirken, auch andere Schichten erreichen. Sie hielten einen sozialen Liberalismus für möglich.

Jahrzehnte später unternahm Guido Westerwelle einen ähnlichen Versuch. Seine "Strategie 18" hatte dasselbe Ziel, nämlich die Partei aus dem 5-Prozent-Ghetto ihrer Stammwähler herauszuholen. Nur versuchte er es nicht mit sozialem Liberalismus, sondern mit radikalem Neoliberalismus. Das entsprach in den Nullerjahren durchaus dem Zeitgeist. Im Wahlkampf 2009 holte die Westerwelle-FDP 14,6 Prozent, mehr als je zuvor oder danach. Die Liberalen zogen in die Regierung Merkel ein, es wurde allerdings ein Desaster. CSU und FDP beschimpften sich gegenseitig als "Wildsau" oder "Gurkentruppe". Ähnlichkeiten mit der Ampelkoalition sind zufällig. Oder nicht?

[…]

Die Frage lautet nicht: Wer braucht die FDP? Sondern: Wer braucht diese FDP? Eine Partei, die ihren wirtschaftspolitischen Sachverstand gegen die Vodoo-Ökonomie der Schuldenbremse eingetauscht hat. Obwohl die Wirtschaft stagniert, die Industrie leidet, Volkswagen in die Krise gerät.

Jetzt plötzlich haben die Liberalen auch Migration und innere Sicherheit als zentrale Probleme des Landes entdeckt. Das hat sie jahrelang eigentlich nicht interessiert. Polizei und Justiz forderten wieder und wieder mehr Rechte: Telekom und Vodafone sollten die Verbindungsdaten ihrer Kunden speichern, es ging um mehr Videoüberwachung im öffentlichen Raum, um die Gesichtserkennung bei der Fahndung im Internet. Immer kam ein Datenschutzbeauftragter um die Ecke und erklärte, warum das nicht geht. Fast immer war es ein Liberaler.

[…]

https://archive.ph/ZwDqd

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