Deutschland

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Sammelbecken für deutsche Kartoffeln und ihre Geschichten über Deutschland.

Nicht zu verwechseln mit !dach und !chad.

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Die AfD-Fraktion in Brandenburg hält weiter an ihrem Sprecher Tim Krause fest, der an dem rechten Treffen in Potsdam teilgenommen hatte. Auch inhaltlich steht die Fraktion dahinter. Das Treffen ist am Mittwoch Thema im Hauptausschuss in Potsdam.

  • Brandenburger AfD-Fraktion distanziert sich nicht von "Remigrations"-Ideen des Geheimtreffens in Potsdam
  • Fraktionssprecher Tim Krause, der an dem Treffen teilgenommen hat, soll im Amt bleiben
  • Treffen ist am Mittwoch Thema im Hauptausschuss der Stadtverordnetenversammlung Potsdam

Inhaltlich distanziert sich die AfD-Fraktion in Brandenburg nicht zu den Positionen, die auf dem rechtsextremen Geheimtreffen in Potsdam besprochen wurden. Unter dem Begriff "Remigration" wurde dort geplant, Millionen Menschen aus Deutschland zu deportieren.

"Remigration ist kein Geheimplan, sondern ein Versprechen. Das sagte der Bundestagsabgeordnete René Springer, und besser kann man es nicht ausdrücken", so Hans-Christoph Berndt, Fraktionsvorsitzender der AfD im Brandenburger Landtag. Er verglich die Correctiv-Recherche mit der Bespitzelung in einem totalitären Staat. "Das was jetzt hier als versuchter Skandal aufgebaut wird, das ist ja ganz erkennbar der propagandistische und geheimdienstliche Versuch, die AfD zu zerquetschen". Das werde nicht funktionieren, so Berndt auf einer Pressekonferenz im Landtag.

[...]

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Der Patient hat die Nasse voll, möchtet einfach nach Hause gehen, auch gegen ärztliche Anordnung:

  • Ist der Patient berechtigt, einen Transportschein von der Station zu bekommen?
  • Ist er berechtigt, Medikamente und Rezepte sowie Arztbrief von der Station zu bekommen?
  • Wird sein Auftenhalt im Krankenhaus von der Krankenkasse bezahlt?
  • Wenn das KH in Berlin ist und die Wohnhaft des Patienten in Hamburg, bekommt er auch einen Transportschein für eine so lange Strecke?
  • Eine ärztliche Strategie, die ich gesehen habe ist, Patienten ständig Diagnosen zu wiederholen, bis sie keine Lust mehr haben, zu diskutieren. Eine ungeduldige Person könnte verbal aggressiv werden. Was passiert, wenn eine solche Person einfach seine Sachen einpackt und das KH verlässt? Müsste diese Person die Kosten des Auftenhaltes selbstzahlen? Bekommt diese Person ein Hausverbot?
  • Gibt es unterschiedliche Folgen, wenn der Patient das KH verlässt, ohne das Formular ‘gegen ärztliche Anordnung’ unterschrieben zu haben?
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submitted 9 months ago* (last edited 9 months ago) by Cokeser@feddit.de to c/deutschland@feddit.de
 
 

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Die Grünen-Fraktion will die Absage des Klimageldes durch Finanzminister Lindner nicht hinnehmen. Stattdessen könnten Subventionen gestrichen werden. Unterstützung kommt von den Verbraucherzentralen.

Die Grünen wollen die Pläne von Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP), das Klimageld doch nicht mehr einzuführen, verhindern und kündigen Widerstand an. "Das Klimageld muss kommen, es ist ein wichtiges Projekt der Ampel", sagte die stellvertretende Vorsitzende der Grünen-Bundestagsfraktion, Julia Verlinden, der Augsburger Allgemeinen.

Das von der Ampelkoalition vereinbarte Klimageld sei ein wichtiger Baustein für eine gerechte Klimapolitik: "Das Klimageld federt Belastungen ab und reizt gleichzeitig klimafreundliches Verhalten an."

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Kritik an Lindners Äußerung kam auch vom Bundesverband der Verbraucherzentralen (VZBV). "Die Ankündigung des Bundesfinanzministers, das Klimageld würde erst nach 2025 kommen, ist nicht akzeptabel", sagte VZBV-Chefin Ramona Pop der Neuen Osnabrücker Zeitung. Das Klimageld müsse noch in diesem Jahr kommen.

Dietmar Bartsch von der Linkspartei forderte ein Machtwort von Kanzler Olaf Scholz: "Der FDP-Chef kann nicht einseitig den Koalitionsvertrag aufkündigen", schrieb Bartsch auf der Plattform X. Der Bundestagsabgeordnete schlägt 200 Euro monatliches Klimageld für "Gering- und Normalverdiener sowie Rentner".

[...]

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Was, wenn die AfD doch an die Macht kommt? Wir sollten uns darauf vorbereiten. Aber jede Maßnahme birgt ihr eigenes Risiko.

Die Reaktionen nach dem Correctiv-Bericht über das „Remigrations“-Treffen waren erwartbar: Es müsse nun aber endgültig „aufgewacht“ werden, „alle Demokraten müssen jetzt zusammenstehen“, ein „Alarmsignal“ war es natürlich auch.

Es waren dieselben Formeln wie nach dem Anschlag von Halle, dem Mord an dem Kasseler CDU-Landrat Walter Lübcke, dem Anschlag von Hanau, nach den Verhaftungen der rechtsterroristischen „Gruppe S“ oder den Putschplanern um Prinz Reuß. Mit pastoral-bundespräsidialem Tonfall wird gemahnt. Viel zu selten aber sagt einer, was genau getan werden soll, wenn denn alle mal aufgewacht sind. Wohl auch, weil vielen schwant, dass die „wehrhafte Demokratie“ eine heikle Angelegenheit ist: Rüstet sie auf, sind ganz schnell auch andere dran – und das nicht nur, falls die AfD am Ende doch Macht bekommt.

Eine Ausnahme von der verbreiteten Ideenlosigkeit ist die mittlerweile etwas offener geführte Debatte über ein AfD-Verbot. Immerhin sagen viele nun konkret, was aus ihrer Sicht dafür oder dagegen spricht. Die enormen Risiken dieses Schritts sind offenkundig.

Das sehr verdienstvolle Thüringen-Projekt des Verfassungsblogs macht sich seit Längerem Gedanken, wie die Demokratie gegen eine „autoritär-populistische Machtübernahme“ resilient gemacht werden kann. Unter anderem schlägt es vor, die Landesverfassung so zu ändern, dass Höcke in einem dritten Wahlgang nicht mit einfacher Mehrheit zum Regierungschef gewählt werden kann. Das Beamtenrecht solle so reformiert werden, dass die Spitzen von Verfassungsschutz (VS) und Polizei nicht einfach neu besetzt werden könnten. Andere denkbare Gegenstrategien sind mühsamer, viele unsicher, einige gefährlich. Der schlechteste Weg ist aber, über diese Strategien nicht zu reden. Zu klären ist, wann das Gegenmittel schlimmer ist als das Problem – und wann eben nicht.

Höckes 5-Punkte-Plan

Manche fürchten, bei der Wahl in Thüringen könnten so viele Parteien unter 5 Prozent bleiben, dass Höcke schon mit gut 40 Prozent Ministerpräsident werden könnte. Was dann folgt, ist bereits bekannt. Denn er hat in einem 5-Punkte-Plan dargelegt, was er an der Macht vorhat.

[...]

Viele der Gegenstrategien können sich auch gegen andere richten. Einige erinnern sich noch, was Berufsverbote einst für Linke bedeuteten. Will man das noch mal? Politische Gegenstrategien könnten von vielen als undemokratisch empfunden werden und die extreme Rechte weiter stärken. Das heißt nicht, dass sie in der gegenwärtigen Lage falsch sein müssen. Wichtig ist, die Diskussion darüber aufzunehmen, was möglich und sinnvoll wäre und welche Risiken in Kauf genommen werden sollten. Solange nur „Aufwachen“ gepredigt wird, passiert das nicht. Ein sträfliches Versäumnis.

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Christian Lindner muss harsche Kritik für seine Rede vor Bauern einstecken. Mit seiner Hetze gegen Erwerbslose und Geflüchtete sei er als Bundesminister untragbar, findet die Vorsitzende der Linken und fordert seinen Rücktritt.

Die Bauern haben Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) am Brandenburger Tor in Berlin mit einem Pfeifkonzert begrüßt. Im Nachgang sorgen nun auch die Worte, die er an die protestierenden Landwirte richtete, für Kritik.

Linkenchefin Janine Wissler fordert sogar Lindners Rücktritt. »Ein Bundesminister, der sich vor protestierende Landwirte stellt und keinen einzigen Vorschlag zu deren Anliegen macht, aber stattdessen gegen Erwerbslose und Geflüchtete hetzt (›Geld fürs Nichtstun‹), der wird nicht nur zurecht ausgebuht, der ist als Minister untragbar«, sagte sie dem SPIEGEL.

[...]

Die Rede bei den Protesten der Bauern sei ein weiterer Tiefpunkt. »Wie bereits bei der Absage des Klimagelds, nimmt Lindner Leistungsbezieher ins Visier«, sagte Wissler. Am Sonntag wurde bekannt, dass Lindner das versprochene Klimageld, mit dem die Ampelkoalition die Bürger unterstützen wollte, erst nach der nächsten Bundestagswahl auszahlen will.

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Ein paar Auszüge aus dem aktuellen Situationsbericht vom Deutschen Bauernverband (Redaktionsschluss war nach eigener Angabe am 1. Dezember 2023):

Die Unternehmensergebnisse sind im Durchschnitt der Haupterwerbsbetriebe gegenüber dem Vorjahr um 45 Prozent auf 115.400 Euro gestiegen.

Fest steht bereits, dass die Spitzen­ergebnisse des Wirtschaftsjahres 2022/23 im laufenden Wirtschaftsjahr 2023/24 nicht wieder erreicht werden. [...] Absolut gesehen zeichnen sich im Wirtschaftsjahr 2023/24 Unternehmensergebnisse in der deutschen Landwirtschaft ab, die im Zeitvergleich noch als überdurchschnittlich bezeichnet werden können.

Nach jahrelanger Durststrecke: ­Allzeithoch bei den Unternehmens­ergebnissen der Veredlungsbetriebe

Was genau war das Anliegen der ganzen Trekker-Demos nochmal?

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Die Berliner Polizei führt jeden Tag Funkzellenabfragen durch und sammelt jedes Jahr 100 Millionen Datensätze. Piraten und Grüne haben dafür gesorgt, dass die Öffentlichkeit Statistiken erhält und einige Betroffene informiert werden. Linke und CDU haben beide Transparenz-Initiativen wieder abgeschafft.

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Vierfach orientierter, mitte 50 und mobiler Patient. Nach der Aufnahme, ins Zimmer der Patienten, als wir Laborproben nehmen wollten:

Er möchtet nicht in 2 Tagen operiert werden, weil ein Familienmitglied vor 5 Jahren in 2 Tagen vestorben ist.

Er ist nicht damit einverstanden, dass mehrere Laborproben genommen werden oder, dass wir Blut nehmen, aber er sagt nicht ausdrücklich, dass er gehen will. Wenn unsere Kollegen ins Zimmer gehen und informieren, dass sie Proben nehmen müssen, beantwortet er ‘leckt mich am Arsch’.

Ich habe mehrere Fragen:

Welchen Sinn hat es, in ein Krankenhaus zu gehen, um so sich zu verhalten? Wozu würdet eine Person das machen? Wenn du nicht geheilt werden willst, warum gehst du dann in ein Krankenhaus?

Sind Ärzte in Deutschland verpflichtet, solche Patienten zu behandeln? Ich verstehe nicht, warum unserer Arzt nicht einfach den Sicherheitsdienst oder die Polizei angerufen und erklärt hat, dass sie sich weigert, mit solchen Leuten zu tun zu haben und sagt, dass sie diese Person vom Gelände begleiten sollen. Das ist, was ich machen würde.

Reicht verbale Gewalt aus, um den Sicherheitsdienst oder die Polizei zu rufen, oder muss es körperliche Gewalt geben, damit der Sicherheitsdienst oder die Polizei gerufen werden?

Pflegekräften und Ärzten der Fediverse, was macht ihr in solchen Situationen?

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Die Klimakleber haben das Brandenburger Tor beschmiert. Die Bauern haben das Brandenburger Tor geehrt. Und das ist ein Unterschied. Und deshalb erwarte ich von der Politik und von den Medien und von allen die Befürchtungen geäußert haben, dass sie künftig stattdessen vor der linksextremistischen Unterwanderung der Klimakleber warnen und deren Sachbeschädigungen und Blockaden verurteilen, denn das ist gerechtfertig!

- Christian Lindner, 2024 auf einer Großkundgebung der Landwirtschafts und Transportgewerbe.

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Das Ministerium verwehrte einem Bild-Chefreporter die Dokumenteneinsicht mit einem einfachen Argument: zu aufwendig. 9.500 Stunden würde die Durchsicht der teils geheimhaltungspflichtigen Dokumente dauern. Das VG Berlin ist nicht überzeugt.

Die Erdgaspipeline Nord Stream 2 ist ein durch und durch gescheitertes Projekt: 9,5 Milliarden Euro soll sie gekostet haben, finanziert vom Projektbetreiber Gazprom und fünf europäischen Energieunternehmen. Trotz Fertigstellung 2021 erhielt sie nie eine Betriebsgenehmigung – nach der russischen Invasion in der Ukraine versagte die Bundesregierung ihre Zustimmung. Doch warum ist die von Anfang an umstrittene Pipeline überhaupt gebaut worden – und zwar auch noch entgegen massiver Kritik aus den USA und der Ukraine sowie aus der deutschen Parteienlandschaft? Wer in der Bundesregierung war dafür, wer dagegen, welche Diskussionen gab es? Welche Rolle spielte die "Klimastiftung" des Landes Mecklenburg-Vorpommern (MV) bei der Fertigstellung der Pipeline, welche Unternehmen haben hiervon profitiert, wie war Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) involviert?

Fragen über Fragen, die Investigativjournalisten seit langem umtreiben und die längst nicht erschöpfend beantwortet sind. An die fehlenden Informationen zu gelangen, gestaltet sich als schwierig, doch das Gesetz hilft: Das Grundgesetz, die Landespressegesetze und das Informationsfreiheitsgesetz (IFG) halten Rechtsansprüche zur Auskunftserteilung und/oder Einsicht in Dokumente parat. Im Zusammenhang mit der Ostsee-Pipeline kommt noch ein weiteres Gesetz hinzu: das Umweltinformationsgesetz (UIG).

Auf dieses stützte nun ein Journalist erfolgreich eine Klage gegen die Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK). Das Verwaltungsgericht (VG) Berlin verurteilte den Bund dazu, Bild-Chefreporter Hans-Wilhelm Saure Einsicht in Nord-Stream-2-Unterlagen zu gewähren (Urt. v. 18.12.2023, Az. VG 2 K 181/22). Konkret umfasst das laut Tenor alle "Unterlagen zur Genehmigung und zum Bau [der Pipeline] und zur Gründung und zu Aktivitäten der [Klimastiftung MV] aus dem Zeitraum bis zum 6. Mai 2022".

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Harald Burkart teilte eine Fotomontage, die Angela Merkel mit Adolf Hitler vergleicht. Die Berliner CDU hat nun offenbar genug vom umstrittenen Landesvorsitzenden der Jungen Union und prüft Maßnahmen gegen ihn.

Die Berliner CDU erwägt Maßnahmen gegen Harald Burkart, den Landesvorsitzenden der Jungen Union. »Für uns ist er nicht JU-Vorsitzender, und auch diese unsägliche Äußerung werden wir satzungsrechtlich prüfen«, sagte Ottilie Klein, CDU-Generalsekretärin in Berlin, dem »Tagesspiegel«. »Bei Herrn Burkart fehlen einem langsam wirklich die Worte.«

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In der Berliner CDU gibt es seit Wochen heftige Auseinandersetzungen um Burkart. Teile der Partei werfen dem JU-Chef vor, sich mit unlauteren Mitteln in den Posten »geputscht« zu haben. »Wenn man Adolf Hitler mit Angela Merkel gleichsetzt, ist man für ein politisches Amt nicht geeignet«, sagt Dennis Haustein, CDU-Abgeordneter im Berliner Abgeordnetenhaus, dem SPIEGEL. »Harald Burkart wurde nicht satzungsgemäß gewählt. Die neuen Enthüllungen zeigen, warum er auch nicht zu diesem Amt passt.«

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Bauernproteste und Bürgerräte: Die geschwächte Parteiendemokratie muss zeigen, ob sie sich lieber von ihren Gegnern oder ihren Verbündeten treiben lassen will.

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Zuerst zu den Protesten. Neu an ihnen ist die Verbindung von Interessenpolitik und Umsturzphantasien. Tatsächlich ist kaum eine Lobby so gut organisiert und politisch einflussreich wie die der Agrarindustrie. Diese Branche hat selbstverständlich Zugang zu den Räumen, in denen klassischerweise der politische Interessenausgleich verhandelt wird: Abgeordneten– und Ministerbüros, Parteigremien und Rathäuser. Gerade, weil sie dort Stammgäste sind, weil sie Teil der klassischen Politikbetriebsroutinen sind, ist ihre (teilweise) Hemmungslosigkeit nun so bemerkenswert. Die Bauernproteste zeigen der Parteipolitik: Selbst diejenigen, die man bisher für Mitspieler hielt, können jetzt plötzlich zu geifernden Gegnern werden. Dass sich ihnen obendrein Rechtsextreme anschließen und haufenweise Politikfrustrierte, und diese zusammen den Eindruck erzeugen, hier träume bereits ein großer Teil der Deutschen vom Umsturz – das macht den Umgang der Politik mit den Protesten umso schwerer.

Deshalb muss man das voreilige Einknicken der Koalition vor den Protesten, die beflissenen Solidaritätsbekundungen mehrerer Ministerpräsidenten und der Union, auch als Zeichen der Überforderung deuten: Mit ungehemmter Wut können sie nicht umgehen. Zumindest ein Teil der Politik hat ganz offensichtlich wieder Angst vorm Volk.

Hier kommen nun die Bürgerräte ins Spiel. Sie sind gewissermaßen der Versuch, die Bürgerinnen und Bürger schon einzubinden, bevor sie überhaupt so wütend werden können. Sie zielen auf das Gegenteil der Enthemmung.

Das ganze Bürgerrat-Format ist auf Domestizierung ausgelegt. Schnitzelextremisten und Hafermilch-Missionare lernen über Monate in stundenlangen, moderierten Sitzungen die bittere Notwendigkeit eines Interessenausgleichs. Sie bohren die dicken Bretter, aus denen nach Max Weber Politik besteht, mal zur Probe selbst ein bisschen an. Wer das selbst erlebt hat, wird in Zukunft weniger auf faule Kompromisse und die Politik als Ganzes schimpfen. "Ich verstehe jetzt erst, wie kompliziert Politik ist", ist einer der Sätze, die Bürgerratsmitglieder am häufigsten sagen, und anwesenden Politikern huscht dann oft ein erleichtertes Lächeln übers Gesicht. Wer einen Bürgerrat durchlaufen hat, vor dem muss wohl niemand mehr Angst haben.

Die kritische Interpretation wäre: Der Bürgerrat ist die aufwändigste Politik-Volkshochschule des Landes. Der Staat gibt bis zu drei Millionen Euro aus, um 160 Menschen in ein politisches System einzulernen, das für sie sonst offenbar nicht mehr nachvollziehbar ist.

Man kann es auch positiver sehen: Der Bürgerrat ist für viele auch deshalb eine erhebende Erfahrung, weil sie hier Politik nicht nur konsumieren, sondern selbst machen. Und der Parlamentarismus zeigt durch deren Einberufung, dass er veränderungsbereit ist. Die Bürgerräte sind ja überhaupt nur deshalb nötig, weil viele Menschen heute mit Parteien und Ortsvereinen nichts mehr anfangen können. Weil die natürlichen Orte der politischen Meinungsbildung, sei es in Parteien, am Stamm- und Küchentisch, in Vereinen oder den Medien, offenbar dysfunktional geworden sind, braucht es nun den künstlich hergestellten Ort Bürgerrat.

Deshalb ist es so fatal, dass die wichtigste Oppositionsfraktion, die Union, den Bürgerrat mittlerweile ablehnt, obwohl sie ihn der vergangenen Legislaturperiode noch selbst gefördert hat. Man habe schließlich schon eine gewählte Volksvertretung, argumentiert die Union. Das Instrument kann aber nur funktionieren, wenn alle demokratischen Parteien sich auf seine Ergebnisse einlassen, als Ampelgremium wäre der Bürgerrat bedeutungslos.

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Man stärkt die parlamentarische Demokratie nicht, indem man darauf beharrt, dass sie so bleiben muss, wie sie ist. So schiebt man die Verantwortung schlicht den Bürgern zu: sollen sie sich doch bitte ändern, damit es weitergehen kann wie bisher. Das ist demokratiepolitische Besitzstandswahrung.

So entmutigt man auch diejenigen, die bei der Demokratie mitmachen und sie verbessern wollen. Sei es in Bürgerräten oder sonstigen konstruktiven Partizipationsformen. Und indirekt belohnt man – wie jetzt bei den Bauern – jene, die sich gerade nicht zügeln, sondern ihre Interessen mit der destruktiven Wut auf das politische System als Ganzes aufladen. Hemmungslosigkeit lohnt sich, wäre die Botschaft. So stärkt man die Gegner der Demokratie statt ihre Verbündeten.

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Das Bundesgesundheitsministerium hat nach Informationen von WDR, NDR und SZ Anzeigen gegen Apotheker erstattet. Sie stehen im Verdacht, das staatlich bezahlte Corona-Medikament Paxlovid illegal weiterverkauft zu haben.

Die Bundesregierung hatte im Februar 2022 eine Million Packungen des Corona-Medikaments Paxlovid beim US-Pharmariesen Pfizer eingekauft und Apotheken kostenlos für die Versorgung betroffener Patienten zur Verfügung gestellt.

Anfang 2023 stellte das Bundesgesundheitsministerium dann fest, dass einzelne Apotheken in Deutschland enorm große Mengen Paxlovid bestellt hatten - zum Teil offenbar mehr als 1.000 Packungen. Die Beamten in Karl Lauterbachs Ministerium waren überzeugt, dass das nicht mit rechten Dingen zugehen kann. So viele Patientinnen und Patienten, die Paxlovid wollen, konnte es in einer einzelnen Apotheke gar nicht geben.

[...]

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Entschuldigt den leicht polemischen Titel. Ich freue mich aber, dass es zumindest Stimmen in Deutschlands zweitrechtester großer Partei gegen die AfD gibt.

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submitted 9 months ago* (last edited 9 months ago) by matti@discuss.tchncs.de to c/deutschland@feddit.de
 
 

Moin,

hat jemand eine Empfehlung wo man sich offizielle Daten (zB den deutschen Bundeshaushalt und Ausgaben für 2023) "einfach zugänglich" ansehen kann.

Mit "zugänglich" meine ich grafisch aufgearbeitet/interaktiv nicht der Zugriff auf die Daten als solche.

Hoffe es wir klar was ich meine :)

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Antifaschismus kennt kein Alter, das beweisen die Omas gegen Rechts. Unterwegs mit Frauen, die gegen die AfD kämpfen. Manchmal auch mit Cha-Cha-Cha.

[...]

Protest und Aktivismus, Erinnerungsarbeit, der bunte Strauß dessen, was zu politischem Engagement außerhalb von Parteien gezählt wird, wirkt oft wie eine Domäne der Jugend. Stimmt nur teilweise, erzählen Befragungen des „Weizenbaum Reports“ zu politischer Partizipation von 2022 oder der Bericht über politische und gesellschaftliche Partizipation des Statistischen Bundesamts von 2021.

[...]

Am Cafétisch macht sich Aktivistenstimmung breit: Sie lassen einander ausreden, bitten darum, Gedanken noch ausführen zu können; Handzeichen. Wenn man fragt, warum sich die Omas engagieren, schält sich eine Haltung heraus, die sich aus Lebensläufen speist: Britta Mahlendorff, geboren 1962, ist in Vorständen von Kleingartenverein und den Grünen, bietet Jugendbildung bei FAIREwelt Chemnitz an. Halbtags arbeitet sie als Regionalkoordinatorin für kirchliche Flüchtlingsarbeit, außerdem ist sie Referentin für politische Bildung im Evangelischen Forum. Auch halbtags. Wir sehen doch, sagt sie, dass man so etwas wie Gemeinwesen verteidigen muss.

Die Erinnerung an den Schreck von 2018 wird immer mal wieder wach: Im März 2023 verprügelten polizeibekannte Rechte drei Kulturmanager nach einer Konferenz, weil sie in der Innenstadt Englisch sprachen. Im Jahr davor erklärte der Generaldirektor der Kunstsammlung ein paar Jungs, dass er weder ihre Hitlergrüße noch das Sieg-Heil-Gebrülle anregend fand. Sie schlugen auf ihn ein. Die Omas erinnern sich, wie schnell Rechtsextreme Massen in die Stadt mobilisieren konnten. Erzählen von Enkeln, die manche Ecken der Stadt am Abend mieden.

Margitta Rühling, geboren 1944, hat lange als Bewährungshelferin gearbeitet. Als sie die Bilder im Fernsehen und in der Lokalzeitung sah, erkannte sie viele von denen, die bei den Rechten in der ersten Reihe standen. Sie hat da erst verstanden, sagt sie, dass das gewachsene Strukturen waren. Die waren alle organisiert und sind es noch.

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Im Schnitt sind Chemnitzer*in­nen 52 Jahre alt, hier lebt die älteste Bevölkerung aller Regionen in Europa. Am Cafétisch und in der Stadt erzählen die Omas von einer schweigenden Mitte. Die wolle rechte Übergriffe eher nicht wahrhaben, fremdle vor politischem Engagement. Schon ihr Gruppenname macht da Probleme, es gibt hakelige Debatten über die Präposition: Man könne nicht nur gegen etwas sein. Die Diskussion flackert unter Omas und denen, die ihnen mit Sympathie begegnen, immer mal wieder auf.

Wenn man eine Weile mit ihnen zusammensitzt, merkt man, dass die Runde viel für sich ist: Sie lernen, rechtsradikale Symbole zu erkennen, Sprachwendungen, rüsten sich gegen Parolen und Argumente. Und wollten schnell davon wegkommen, immer nur auf den Takt der Rechten, ihre Aufmärsche, ihre Aktionen zu reagieren: überlegen sich Lesungen, Workshops, Aktionen, die sie in die Stadt tragen. Im kulturellen Raum erzählen alle, mit denen man spricht, dass in Chemnitz rechte Begriffe oft den Alltag prägen.

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Margitta Rühling ballt kurz die Faust, denkt noch einmal an 2018: Wir haben uns so sehr über all die geärgert, die einfach neben den Nazis gestanden haben. Auch nicht weggingen, als die ihre Parolen brüllten. Ihr Vater war ein überzeugter Nationalsozialist.

Birgit Gatz erzählt, dass sie auch mal den Schwarzen Block (links) davon abhält, sich zu vermummen. Ihr seid doch hübsche Jungs, ruft sie ihnen dann zu, steht doch zu eurer Haltung. Britta Mahlendorff wiederholt: Uns geht es darum, etwas für die Demokratie zu tun.

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Kleiner Disclaimer gleich zu Beginn des Gesprächs: Über Aktivismus im Alter weiß die Soziologie wenig bis nichts. Er kenne überhaupt niemanden, der oder die das zum Gegenstand von Forschungen machen würde, sagt Rucht. Also keine Untersuchungen, nicht einmal jemand, der zum Thema arbeite. Ist Protest im Alter so neu? Rucht findet, nein: In Bergbaustädten Englands hätten ältere Menschen Proteste gegen Premierministerin Thatcher unterstützt.

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Aber mit der Boomergeneration gingen jetzt viele in den Ruhestand, die bei großen Protesten der Nachkriegszeit vorn dabei gewesen wären. Menschen mit politischen Biografien, die zu organisieren verstünden. Sie hatten Arbeitsgruppen gegründet, bei Anti-AKW-Gruppen mitgemischt oder in der Studentenbewegung (hieß in den 1960er Jahren so, Frauen waren eher mitgedacht). Heute nähmen sie dann das ein, was Rucht eine generalisierte politische Position nennt: prodemokratisch, eher links, oft bündnisorientiert.

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Auf einer Party im Sommer betete einer vor, was Friedrich Merz später zum Grundübel der Gesundheitsversorgung erklären wollte: Ältere Menschen bekämen keine Termine beim Orthopäden, alles voll mit Ukrainern. Die Fäden der wirren Diskussionen über Covid werden weitergesponnen: Die da oben. Schlimm. Und wir hier unten müssen es ausbaden. Am Gartenzaun Gerede darüber, was die Asylanten alles bekämen.

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Mensch jetzt hab ich schon so viel in den Titel gepackt bleibt ja gar nichts mehr übrig für hier.

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In Berlin und Potsdam gingen tausende Menschen auf die Straße. Neben Annalena Baerbock und Janine Wissler, war auch Olaf Scholz einer der Teilnehmer.

Am Sonntag demonstrierten Tausende Menschen in Berlin und Potsdam. Auch einige bekannte Politikerinnen und Politiker waren zugegen.

Bei einer Kundgebung gegen die AfD am Brandenburger Tor in Berlin haben nach Polizeiangaben mehrere tausend Menschen teilgenommen. Zu der Demonstration unter dem Titel „Demokratie verteidigen“ hatte die Bewegung Fridays for Future aufgerufen. Teilnehmer führten Plakate mit Slogans wie „Nie wieder ist jetzt“ und „AfD-Verbot jetzt“ mit. Eine Sprecherin von Fridays for Future bezifferte die Zahl der Demonstrierenden auf 25.000, berichtet die Nachrichtenagentur AFP.

Ziel der Demonstration ist laut Fridays for Future „ein klares Zeichen gegen die AfD, Rechtsextremismus und für den Schutz unserer Demokratie“. Anlass ist demnach das durch die Rechercheplattform Correctiv enthüllte Treffen von AfD-Politikern mit Rechtsextremen, bei dem über die Vertreibung von Menschen mit Migrationshintergrund gesprochen worden sein soll. Unterstützt wurde der Kundgebungsaufruf unter anderem von den Jusos und der Grünen Jugend Berlin. Bei der Veranstaltung unter dem Motto „Demokratie verteidigen“ wurde unter anderem die Linken-Bundesvorsitzende Janine Wissler erwartet. Klimaaktivistin Luisa Neubauer hielt eine Rede.

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