this post was submitted on 10 Aug 2024
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Wehrhafte Demokratie

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Die Bundeswehr erweitert den Kanon ihrer Soldaten, in deren Tradition sie stehen will. Bei manchen Wehrmachts-Soldaten will man es nicht mehr so eng sehen.

Die von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) ausgerufene Zeitenwende verändert jetzt auch die Traditionspflege bei der Bundeswehr. Bislang regelt der Traditionserlass von 2018 die Erinnerungskultur in der Truppe, die angesichts der deutschen Geschichte und der Gräueltaten der Wehrmacht durchaus heikel ist.

Dieser Erlass bleibt weiter gültig, wird jetzt aber ergänzt: Die Bundeswehr will künftig mehr die Kriegstüchtigkeit betonen, die Verteidigungsminister Boris Pistorius angesichts des russischen Krieges gegen die Ukraine proklamiert.

Im Traditionserlass von 2018 wird die Wehrmacht als ganzes als nicht traditionswürdig bezeichnet. Einzelne Wehrmachts-Soldaten können aber in das Traditionsgut der Bundeswehr aufgenommen werden, vorausgesetzt sie haben sich durch eine Leistung, wie eine „Beteiligung am militärischen Widerstand“ gegen die Nationalsozialisten, ausgezeichnet.

Jetzt soll diese Regelung erweitert werden: Fortan sollen „nicht nur diejenigen Angehörigen der Wehrmacht, die dem militärischen Widerstand zuzuordnen sind“, sondern auch solche, die nach 1945 beim Aufbau der Bundeswehr mitgewirkt haben, in den Traditions-Kanon der Bundeswehr aufgenommen werden.

„Was? Ihr habt Progrome verübt und Menschen ins KZ gebracht? Ach egal, ihr wart ja danach auch noch in der Bundeswehr, wo ihr eure Ideolie weiter verbreitet habt.“

Denn, so heißt es in den ergänzenden Hinweisen, die der Abteilungsleiter Einsatzbereitschaft und Unterstützung Streitkräfte im Verteidigungsministerium, Generalleutnant Kai Rohrschneider, am 12. Juli 2024 intern verschickt hat: „Die rund 40.000 von der Wehrmacht übernommenen ehemaligen Soldaten hatten sich zu großen Teilen im Gefecht bewährt und verfügten somit über Kriegserfahrungen, die beim Aufbau der Bundeswehr unentbehrlich waren.“

Künftig brauche die Bundeswehr deshalb Beispiele „für militärische Exzellenz, Einsatzbereitschaft und den Willen zum Kampf zum Ziel, wenn es der Auftrag erfordert“, begründet Rohrschneider die ergänzenden Hinweise in einer Weisung. Gleichzeitig warnt die Ergänzung aber auch davor, Kriegstüchtigkeit auf das „Fallen im Einsatz“ zu reduzieren.

Das bleibe zwar „unzweifelhaft Beispiel für soldatische Tugenden wie treues und tapferes Dienen“, aber: „Es ist jedoch nicht per se als Beispiel für traditionsstiftende militärische Exzellenz, herausragende Haltung oder militärischen Erfolg geeignet.“

Angehängt ist der Ergänzung eine Liste 24 „traditionsstiftender Personen“. Dort findet sich dann unter anderen Brigadegeneral Heinz Karst, der in der Bundeswehr die „Überbetonung des zivilen Anteils an der Inneren Führung“ kritisiert habe.

Das Verteidigungsministerium weiß über ihn anerkennend zu berichten: „Wurde für seine auf Kriegstauglichkeit gerichteten Positionen Anfang der 70er Jahre unter anderem durch das Spiegel-Magazin öffentlich kritisiert.“

Oder Oberst Erich Hartmann, wegen 352 Luftsiegen im Zweiten Weltkrieg „erfolgreichster Jagdflieger der Militärluftfahrt“. Später habe er „wohlargumentiert die Einführung des ‚Starfighters‘“ kritisiert, also des Kampfflugzeuges, das für seine hohe Absturzrate berüchtigt war.

Wir sind wirklich an einem Punkt, an dem wir Wehrmachtsgeneräle loben, weil sie eine militärische Entscheidung kritisiert haben

Ebenfalls gewürdigt wird Konteradmiral Erich Topp „im Zweiten Weltkrieg einer der erfolgreichsten U-Boot-Kommandanten“. Denn das frühere Mitglied von NSDAP und SS „setzte sich nach 1945 sehr kritisch mit der eigenen Vita sowie der Rolle der Kriegsmarine im Zweiten Weltkrieg auseinander“.

„Wir ehren dich, weil du deine eigenen Verbrechen aufarbeitest“

Wehrmachtssoldaten zu würdigen, sei generell problematisch, findet dagegen Günter Knebel von der Bundesvereinigung Opfer der NS-Militärjustiz. Damit würden sie aufs „rein Soldatische“ reduziert: „Hier wird der Kontext außer acht gelassen, in dem die Soldaten gekämpft haben“, kritisiert er.

Zeitlose soldatische Tugenden gebe es nicht, betont auch Jakob Knab, Sprecher der Initiative gegen falsche Glorie, die sich kritisch mit der Traditionspflege der Bundeswehr auseinandersetzt. „So wird die Kriegstüchtigkeit der Wehrmacht enthistorisiert und damit entnazifiziert.“

Mit der Ergänzung werde der Traditionserlass „in die falsche Richtung gelenkt“, kritisiert Knab. Die Bundeswehr solle nicht kriegstüchtig, sondern abwehrbereit sein: „Es reicht, wenn sie ihren Soldateneid ernstnehmen, da braucht man keine Vorbilder aus der Wehrmacht.“

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[–] YourPrivatHater@ani.social 2 points 3 months ago (1 children)

Ich glaube du hast das falsch verstanden, ich finde den Umgang mit dem Problem nicht richtig, das man das Problem ansprechen muss ist logisch, und genau deswegen muss die Kommunikation verbessert werden. Einige Medien stellen die Bundeswehr ja als Grundsätzlich rechts der AFD dar und genau dieses narrativ befeuert eben den Trend das Menschen der Gesellschaftlichen Mitte eher weniger zur Bundeswehr wollen (die linkeren wird man wohl so oder so nicht bekommen)und dann wird das halt zur selbst bewahrheitenden Wahrheit.

Mehr Tradition würde für mehr teilhabe sorgen und viele von denen die sich Stigmatisiert fühlen wieder bestärken, mit mehr Rekruten kann man auch die Extremisten leichter ersetzen ohne das man dann heftige Lücken bekommt. Daher ist es eher wahrscheinlich das mehr Tradition auch das bessern würde, es soll ja kein "wir gegen die" entstehen.

Von null Anfangen stelle ich mir als ziemlich unmöglich vor, vorallem weil man das Knowhow braucht das dabei verloren gehen würde, bei einem startup mag das gehen, aber bei einem "Unternehmen" mit über 100.000 Mitarbeitern geht das nicht, das würde zu völligem Chaos führen und unter anderem dazu das eben viele wichtige Fachleute nicht mehr da sind.

[–] Scipitie@lemmy.dbzer0.com 2 points 3 months ago

Danke für die Klarstellung! Ähnliche Antwort zu dem bei Null anfangen: mir ging es nur um die Kultur Diskussion, nicht die Orga als ganzes. Also nicht "wie erweitern wir den Kultur Paragraphen" sondern "wie können wir gesellschaftlich und intern besser klar stellen, warum es uns gibt und wir wichtig für die Gesellschaft sind".

Ist aber fast genauso utopisch..