Wehrhafte Demokratie
Demokratie ist leider nicht selbstverständlich. Diese Community ist für alle, die bereit sind liberale Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Meinungsfreiheit zu verteidigen und um die im Laufe der Geschichte gefallenen Helden zu würdigen. Schwurbler, Monarchisten, Nazis, Tankies und andere Fans von Autokratischen Systemen oder Personen, die den Begriff „Demokratie“ beschmutzen sind nicht erwünscht.
Lemmy-Zweigstelle von r/WehrhafteDemokratie
Schwestercommunities:
Bei einer mutmaßlich homophob motivierten Attacke in Berlin-Mitte haben Jugendliche zwei Männer durch Schläge und Fußtritte verletzt.
Wie die Polizei am Freitag mitteilte, versuchten sie außerdem, eine Regenbogenflagge zu stehlen. Der Vorfall ereignete sich am Donnerstagabend am Ufer der Spree am Berliner Schloss.
In Berlin findet am Samstag der Christopher Street Day (CSD) statt, zu dem hunderttausende Menschen erwartet werden. Am Donnerstag fand eine CSD-Kundgebung mit zahlreichen Schiffen auf der Spree statt.
Laut Polizei handelte es sich bei den Opfern um einen 30- und einen 45-Jährigen. Den Ermittlungen zufolge wurden sie von fünf unbekannten Jugendlichen attackiert, die "Unverständliches brüllten und auf die beiden Sitzenden zustürmten". Sie versuchten vergeblich, den Männern die Fahne zu entreißen.
Anschließend griffen sie diese an. Als Zeuginnen eingriffen, flüchteten die Verdächtigen. Einer der Männer wurde den Beamtinnen zufolge geschlagen, der andere zu Boden gestoßen und getreten. Sie wurden von Rettungskräften vor Ort ambulant behandelt. Der Staatsschutz der Polizei ermittelt nun, wie es in Fällen von vermuteter Hasskriminalität üblich ist.
Immer wieder gibt es aus Berlin Berichte über LGBTI-feindliche Übergriffe, da die Landespolizei mögliche Hassverbrechen aufgrund der sexuellen Orientierung oder Geschlechtsidentität gezielt publik macht und diese daher vergleichsweise häufig der Öffentlichkeit meldet. Die Polizei und die Staatsanwaltschaft in der Hauptstadt haben eigene Ansprechpartner*innen für queere Menschen. (cw)
Ein Neonazi springt dem verbotenen Islamischen Zentrum Hamburg bei. Schiitische Islamisten protestieren gegen das Verbot des rechtsextremen „Compact-Magazins“. Was kurios klingt, zeigt inhaltliche Überschneidungen zwischen Rechtsextremen und Islamisten auf. Nicht nur Antisemitismus vereint beide Seiten.
Ausgerechnet ein Neonazi beklagt sich über das Verbot des Islamischen Zentrums Hamburg durch das Bundesinnenministerium. „Der Verbotsstaat macht weiter“, schreibt der in Chemnitz lebende Rechtsextremist Michael Brück am Mittwoch in seinem Telegram-Kanal.
Das Verbot sei kein Vorgehen gegen Islamisten, sondern eine aus den USA befohlene Eskalation gegen den Iran, behauptet er. Diese seltsam wirkende Solidarität zwischen zwei eigentlich sehr verschiedenen politischen Lagern ist weder einseitig noch ein Einzelfall.
In der Woche zuvor hatte das Bundesinnenministerium die Compact-Magazin GmbH verboten, die das gleichnamige rechtsextreme Magazin herausgab. „Compact“ hat dagegen nun eine Klage und einen Eilantrag beim Bundesverwaltungsgericht eingereicht.
Gegen das Verbot gab es auch Proteste – nicht nur von Rechtsextremen, sondern auch von schiitischen Muslimen, die dem iranischen Mullah-Regime nahestehen. Ein Youtube-Video zeigt einen Mini-Protest in Bremen, drei Männer und drei Frauen in Kopftüchern und langen Gewändern stehen vor dem Hauptbahnhof der Hansestadt und halten Schilder mit Aufschriften wie „Nein zur Meinungsdiktatur“ und „Muslime gegen Compact-Verbot“ in die Kamera.
War übrigens ziemlich cringe das Video
Dabei hatte das „Compact-Magazin“ immer wieder gegen Muslime in Deutschland gehetzt. Wie geht das zusammen?
Fast so, als ob Rechtsextreme nicht rational sind
Das Video wurde von Hüseyin Özoguz veröffentlicht, er ist auch der Einzige, der darin in die Kamera spricht. Er sei natürlich gegen die islamfeindlichen Inhalte des Magazins, sagt er. Trotzdem sei das Verbot eine nicht zu rechtfertigende Zensur.
Özoguz sagt: „Wenn man sich für den Frieden einsetzt in der Ukraine, dann ist man Putin-Versteher. Wenn man sich einsetzt gegen zu scharfe Maßnahmen gesundheitlicher Art, dann ist man ein Corona-Leugner. Wenn man das Apartheids-Regime und seine Massaker anprangert, dann ist man ein Antisemit, man wird verfolgt medial, man wird politisch verfolgt, man wird vom Innenministerium verboten, der Job wird einem streitig gemacht.“
Özoguz betreibt den Youtube-Kanal „Actuarium“. In seinen Videos ergreift er Partei für die islamistische Terrororganisation Hamas, stellt sich an die Seite des iranischen Regimes und der libanesischen Hisbollah.
Er verbreitet auch die rechte Verschwörungserzählung vom „Großen Austausch“, spricht davon, dass die US-Politik angeblich Migrationswellen gegen Deutschland plane.
Wie dumm muss man sein, um als Islamist gegen Migration zu sein?
Özoguz agitiert gegen LGBTQ-Rechte und verteidigt rechtsextreme AfD-Politiker wie Björn Höcke gegen mediale Vorwürfe. Laut eigenen Angaben wurde im Zuge des Verbots des Islamischen Zentrums Hamburg am Mittwoch auch Özoguz‘ Wohnhaus durchsucht.
Auch sein Vater Yavuz Özoguz – der Bruder der SPD-Politikerin Aydan Özoguz, die sich von dessen politisch-religiösen Ansichten distanziert hat – kritisiert das „Compact“-Verbot. Er betreibt die schiitisch-islamistische Webseite „Muslim-Markt“.
Dort schreibt er darüber, warum er sich über das „Compact“-Verbot nicht freuen könne. „Zunächst einmal kenne ich den Chefredakteur Jürgen Elsässer seit über zwölf Jahren“, erklärt Özoguz Senior. 2012 habe er eine Reise in die Islamische Republik Iran organisiert, an der auch Jürgen Elsässer teilgenommen habe.
Teil der Reise war auch eine „Privataudienz beim damaligen Präsidenten Ahmadinedschad“.
Im Zuge der islamfeindlichen Pegida-Proteste kam es zwar zu einem Zerwürfnis zwischen Elsässer und Özoguz. Bis heute verbindet beide jedoch ihre antiwestliche, antiamerikanische und israelfeindliche Einstellung.
Ich denke der Antisemitismus und die Homophobie sind größere gemeinsame Themen bei denen
Das „Compact-Magazin“ verbreitete in den vergangenen Jahren immer wieder antisemitische Verschwörungserzählungen, stellte sich an die Seite Russlands und machte die USA für alles Übel in der Welt verantwortlich.
To be fair: USA schon für viel übel verantwortlich
Für Unterstützer des iranischen Mullah-Regimes ist das überaus anschlussfähig.
Ebenso passen Sympathien für das iranische Regime und seine Vertreter und Anhänger in Deutschland gut in die Weltsicht vieler Rechtsextremer, darunter auch einiger AfD-Politiker, die sich für eine enge Anbindung Deutschlands an Russland und dessen Verbündete Iran und China einsetzen – und damit für eine Abkehr von der transatlantischen Partnerschaft mit den USA.
„Die Anfang der 1960er erbaute Blaue Moschee in Hamburg stand für einen Islam in Deutschland vor der Masseneinwanderung, der noch kein Problem war, und stand für die traditionell guten deutsch-iranischen Beziehung. [sic!] All das haben die Altparteien zerstört“, schreibt der sachsen-anhaltinische AfD-Politiker Hans-Thomas Tillschneider auf X (vormals Twitter).
„Islamisten sind eine Form des Islams, der für uns kein Problem ist“ - Hans-Thomas Tillschneider, AfD (sinngemäß)
Der AfD-Europaabgeordnete Tomasz Froelich schreibt, es habe sicherlich auch eine geopolitische Komponente, dass „ausgerechnet schiitische Kräfte verboten werden, während man die Kalifats-Wahabis gewähren lässt“.
Jesse, what the fuck are you talking about?
Kriminalisiert würden jene Muslime, „die geopolitisch gegen den westextremen Strom schwimmen“.
„Westextrem“
Dass Rechtsextreme sich an die Seite Irans stellen, oder Partei für die Palästinenser und die islamistische Terrororganisation Hamas ergreifen, ist keine neue Entwicklung. Der eingangs erwähnte Michael Brück war, bevor er nach Chemnitz zog und bei der rechtsextremen Kleinpartei „Freie Sachsen“ aktiv wurde, einer der führenden Köpfe der Neonazi-Szene in Nordrhein-Westfalen. Er gehörte bis zum Verbot durch das NRW-Innenministerium zur Kameradschaft „Nationaler Widerstand Dortmund“, war anschließend in der rechtsextremen Partei „Die Rechte“ aktiv.
Während des Gaza-Kriegs 2014 beteiligten sich Brück und andere Neonazis in Dortmund an einer von Muslimen organisierten pro-palästinensischen Demonstration. Im selben Jahr beschimpften Neonazis der Partei „Die Rechte“ bei einem Fußballturnier in Dortmund Spieler einer israelischen U19-Fußballmannschaft, riefen Parolen wie „Juden raus aus Palästina“ und „Nie wieder Israel“ und posierten mit palästinensischen Fahnen und Reichsfahnen.
Die gehören also zu dem Teil der Neonazi-Szene, die Juden mehr hasst, als Muslime
Die Neonazi-Partei warb in der Vergangenheit auch mit dem an die Nazi-Parole „Die Juden sind unser Unglück“ angelehnten Slogan „Israel ist unser Unglück“ für sich. Brück selbst betrieb zeitweise außerdem einen Online-Versandhandel mit dem Namen „Antisem.it“.
Subtil
Der größte gemeinsame Nenner vieler Rechtsextremer und Islamisten ist die Feindschaft gegen Israel – und gegen Jüdinnen und Juden.
Obligatorisches Antizionismus =/= Antisemitismus
Doch die ideologischen Überschneidungen islamistischer und rechtsextremer Kreise gehen deutlich weiter.
Das Venn-Diagramm von Islamisten und Rechtsextremen ist ein Kreis
Es geht dabei um gemeinsame geopolitische Überzeugungen, aber auch um durchaus kompatible Autoritätsvorstellungen, konservative Familienbilder und die Ablehnung von LGBTQ-Rechten.
Und Argumentationsstrukturen (alles, was sie wollen ist entweder „gottgewollt“ Oder „naturgegeben“ und kann nicht verändert werden, Sozialisation existiert nicht), Demographische Muster (hauptsächlich junge Männer, kaum Frauen), Strategien (Einschüchterung durch körperliche Gewalt, Spontane, schlecht geplante Aktionen gegen politische Gegner, kaum Recherche, Forderungen einfach zu verstehen und oberflächlich)
Für mehr als punktuelle inhaltliche Allianzen reichen diese Übereinstimmungen trotzdem meist nicht: Dafür spielen Islamfeindlichkeit und Rassismus für die rechtsextreme Szene eine zu große Rolle.
Eine Gruppe hat am Mittwoch die Internetseite der AfD Altmark-West gehackt und unter anderem mit Schmähungen in Richtung des AfD-Kreisvorsitzenden Sebastian Koch befüllt. Der Staatsschutz ermittelt.
„Hää? Wo ist denn der ganze geile Nazi-Content hin???“ So übertitelten Hacker die Homepage der AfD Altmark-West am Mittwochabend.
Die Nachricht zu dem Internet-Angriff erhielten einige Adressaten als E-Mail von einer sich selbst „Antifa-datenpirat:innen“ nennenden Gruppe. Der Staatsschutz ermittelt offenbar schon seit dem Abend des Angriffs, wie das Polizeirevier in Salzwedel auf Nachfrage mitteilte.
Der Salzwedeler AfD-Fraktionsvorsitzende Roland Karsch wurde von der AZ-Anfrage überrascht und sagte: „Ich sehe das total entspannt.“ Man habe die Seite ohnehin seit Jahren nicht mehr „bespielt“. AfD-Informationen enthielt sie aber bis zuletzt.
Nach Kaperung ist auf ihr neben der eingangs bereits erwähnten Dachzeile unter anderem ein Foto des AfD-Kreisvorsitzenden Sebastian Koch zu sehen, auf dem er ein weißes T-Shirt mit der Aufschrift: „Freie Nationalisten Altmark-West“ tragen soll.
Koch sagte dazu: „Das ist eine Fotofälschung, die im Internet veröffentlicht wurde, gegen die ich schon mehrfach vorgegangen bin und auch an Eides statt versichert habe, dass ich es nicht bin.“
Und was ist bei den Prozessen rausgekommen?
Der auf dem Shirt benannte Zusammenschluss, so hatte ein Vertreter des Landesverfassungsschutzes gegenüber AZ einmal erklärt, sei eine „lose strukturierte Gruppierung“ der rechten Szene, die gute Kontakte zur mittlerweile in „Die Heimat“ umbenannten früheren NPD unterhielt.
Das animierte Foto wurde mit dem Text „ist das nicht ein Nazi ... T-Shirt?“ versehen sowie mit einem Pfeil, der auf Koch gerichtet sein soll. Des Weiteren ist auf der gehackten Seite www.afd-altmarkwest.de auch ein trauriger Smiley mit Hitlerbärtchen verbaut.
lol
Koch hatte bereits am Donnerstagmorgen durch die ihn besonders fokussierenden Antifa-Aktivisten und den Staatsschutz von der Straftat erfahren. „Für mich ist das eine dumme Spielerei, statt den politischen Wettstreit auszutragen.“
Das schließt sich nicht aus
Er habe auch den Mitgliedern des linken politischen Spektrums immer wieder das Angebot unterbreitet, sich der direkten persönlichen Diskussion zu stellen. „Wir leben ja noch die nächsten Jahrzehnte nebeneinander und müssen einen Weg finden, miteinander umzugehen“, gibt sich der 37-Jährige im AZ-Telefonat betont versöhnlich.
Wieso bekommt der ein Interview?
Er habe aber auch schon Porträtbilder mit durchgestrichenen Augen im privaten Briefkasten gehabt. Das besorge ihn. Denn auch die Aktion von Mittwochabend steht im Zusammenhang mit einem – wie Koch behauptet – privaten Fest am kommenden Sonnabend bei Gardelegen, zu dem auch 100 Kinder kämen.
Klingt sus.
Denn auf der gehackten Seite wird mit „Jedes Jahr im Sommer“ ein Bündnis adressiert, das gegen ein jährliches Sommerfest der AfD-Jugendorganisation Junge Alternative demonstriert.
Zu aktuell 29 Unterstützern der Gruppe zählen laut Bündnis-Seite (www.jedesjahrimsommer.net) auch Organisation und Parteien aus der Hansestadt, wie die Wohnungsbaugenossenschaft TraWo oder der Ortsverband von Die Linke. Über das Bündnis, das sie grüßen, schreiben die Hacker in einem animierten Bild „Voll coole Leute“, vor dem AfD-Logo erscheint der Schriftzug „Richtige Lappen“.
Ich will das GIF sehen
„Von den 600 Teilnehmern sind vielleicht 200 politische Akteure. Wer das Fest besucht, bemerkt das gar nicht. Es werden dort keine Brandreden gehalten oder Kinder indoktriniert“, sagt Koch.
Und weil „nur“ 33% der Anwesenden aktive Rechtsradikale sind, kann da keine Indoktrination stattfinden? Was ist das für eine Argumentation?
Wessen Darstellung zu der Veranstaltung stimmt, müsste sich am Wochenende problemlos dokumentieren lassen. Möglich ist aber auch, dass diese Frage im Rahmen der laufenden Untersuchungen des Staatsschutzes mit überprüft wird.
(x) Doubt
So oder so stehen die Sicherheitsorgane vor der Frage, wie sie mit dem Fest am kommenden Sonnabend umgehen. Aber nicht nur das: Auch ein von der AfD im Salzwedeler Odeon mit hochrangigen Parteivertretern am Freitag, 2. August, angemeldeter „Bürgerdialog“ dürfte in dieser Hinsicht neu zu bewerten sein. Die eingestellten Inhalte waren bis gestern Abend immer noch online.
„Radikaler“ Antifaschismus kann also wirken
Die schwarze CDU-Landtagswahlkandidatin Adeline Abimnwi Awemo aus Cottbus ist am Donnerstagabend von einer Frau attackiert und leicht verletzt worden.
Wie die CDU am Freitag mitteilte, habe die Frau die gebürtige Kamerunerin zudem rassistisch beleidigt. Demnach rief die Täterin: „Ihr seid keine Menschen.“
Der Vorfall ereignete sich, als Awemo in Cottbus mit Familienangehörigen Wahlplakate aufhing. Wie die Polizei mitteilte, wurde Awemo bei dem tätlichen Angriff am Hals getroffen.
„Ich habe Respekt vor Menschen, keine Angst. In die Politik bin ich gegangen, um mit den Menschen zu arbeiten und miteinander etwas zu verändern. Ich bin Cottbuserin und werde auch die Cottbuserin bleiben, die sich für die Menschen hier engagiert“, sagte die promovierte Umweltwissenschaftlerin.
Was macht eine schwarze Umweltwissenschaftlerin in der CDU?
Awemo tritt bei der Landtagswahl am 22. September im Wahlkreis 44 in Cottbus-Süd als Direktkandidatin an. Die CDU-Politikerin mit deutscher Staatsangehörigkeit bedankte sich bei den Ersthelfern und Polizisten, „die gestern einen tollen Job gemacht haben.“ Awemo wurde nach dem Angriff ambulant im Carl-Thiem-Klinikum behandelt.
Der Kriminalpolizeiliche Staatsschutz hat die Ermittlungen gegen die 29-jährige Beschuldigte wegen Volksverhetzung in Verbindung mit Körperverletzung übernommen. „Es ist nach dem jetzigen Ermittlungsstand davon auszugehen, dass der Angriff aus rassistischen Motiven erfolgte“, teilte die Polizei mit. Mit der Beschuldigten führten die Einsatzkräfte eine Gefährderansprache durch. Awemo zeigte die ihr unbekannte Frau wegen Körperverletzung an.
Awemo ist seit 2021 Mitglied der CDU. Sie gehört dem Landesausschuss Soziales, Gesundheit und Integration sowie dem Kreisvorstand der CDU Cottbus an.
Awemo, die auf Platz 20 der Landesliste steht, könnte als erste gebürtige Afrikanerin in den Brandenburger Landtag einziehen.
Bei der Landtagswahl 2019 wurde ihr Stimmbezirk, zu dem unter anderem die Plattenbaustadtteile Sachsendorf und Madlow gehören, von dem AfD-Abgeordneten Lars Schieske gewonnen. Er erhielt damals 27,3 Prozent der Stimmen.
Geplant ist ein Wochenende voll Party, Camping und DDR-Mopeds - überschattet wird es von ausländerfeindlichen Parolen und Feuer auf dem Campinggelände. Dabei bleibt selbst die Feuerwehr von Anfeindungen nicht verschont. Hitlergrüße und rechtsextreme Symbole auf dem Campingplatz eines vermeintlich harmlosen Moped-Treffens - wie passt das zusammen? Der Veranstalter hält sich für machtlos.
Auf dem Gelände des größten deutschen Simson-Treffens ins Zwickau riecht es mittags nach einer Mischung aus verbranntem Gummi und Abgasen. Es ist laut - und heiß. Bei 30 Grad im Schatten reißen zahlreiche Mopedfahrer an den Gasgriffen der mitunter kreativ angepassten DDR-Kultfahrzeuge und wirbeln Staub auf.
Mir ist diese Atmosphäre vertraut, - denn ich bin selbst gern und viel auf meiner "Simme" unterwegs - oder schraube an ihr. Die DDR-Zweiräder aus dem thüringischen Suhl sind der Anlass für das Treffen mit Festivalcharakter und bis zu 3.000 Gästen. Angereist zum "STZ" sind vor allem junge Männer zwischen etwa 16 und 25 - den Kennzeichen nach überwiegend aus Sachsen und Thüringen.
Ein Kraftfahrzeug-Treffen in Zwickau mit einem Publikum von überwiegend jungen Männern aus Sachsen und Thüringen. Damit wäre dann die Anfangsfrage, warum da so viele Rechtsradikale auftauchen geklärt
Weniger als drei Minuten nach meiner Ankunft auf dem Gelände sehe ich auf einem adoleszenten Rücken gut lesbar und unverhohlen die Edding-Aufschrift: "Alle Schwarzen sollen hängen!"
Der Rückenbesitzer steht in der Schlange in einem PR-Wagen. Als er sich umdreht, prangt auf der Schlüsselbeinregion auch ein gezeichnetes Hakenkreuz.
Sein Begleiter trägt ein Shirt. Das wiederum "ziert" die Aufschrift "Kraft durch Freunde". Der gewählte Schriftsatz und der Reichsadler lassen keinen wirklichen Zweifel an der Anspielung auf die nationalsozialistische Massenorganisation "Kraft durch Freude (KdF)".
Ich bin nicht angereist, um mitzufeiern. Im vergangenen Jahr rief mich ein bekannter Vertreter aus der Simson-Szene an und sagte: "Ich will zeigen, was hier passiert". Dann schickte er mehrere Minuten Videoaufzeichnungen des Simson-Treffens 2023 in Zwickau.
In der ersten Szene: Eine Menschengruppe skandiert in der Abenddämmerung "Sieg Heil" - einzelne zeigen dabei den Hitlergruß. In weiteren Aufnahmen sehe ich unter anderem gezeichnete Hakenkreuze und einen "Adolf Hitler"-Schriftzug auf einer Motorhaube. Dazu kommen weitere Rufe und eine große unter Zuspruch in Anwesenheit eines Ordners geschwenkte schwarz-weiß-rote Reichsflagge.
Über Teile dieser Vorfälle auf dem Treffen 2023 berichteten unter anderem der MDR und die "Freie Presse" (€). Der Zeitung sagte Organisator Dominic Würfel damals über Gäste mit Nazi-Symbolen: "Wenn wir die sehen, fliegen die raus!" Ich bin nach Zwickau gefahren und möchte mir anschauen, was aus dieser deutlichen Ankündigung geworden ist.
Es ist der 20. Juli, der dritte Festivaltag 2024. Die erste Änderung zum Vorjahr: Akkreditierte Journalisten sollen nach Vorgaben des Veranstalters gut erkennbar mit weißen Warnwesten auftreten, auf denen "Presse" steht.
Damit die Ordner wissen, ob sie ihren Job machen müssen oder abhitlern dürfen?
Daran halte ich mich nicht. Ich zahle den vollen Eintrittspreis und gehe ohne Akkreditierung im Festivaloutfit auf das Gelände - quasi undercover.
Der Veranstalter sagt mir später, die "Presse"-Westen hätten sowohl die eigenen Social-Media-Leute als auch akkreditierte Journalisten tragen sollen. Zum einen, um für Ordner erkennbar zu sein und so Zugang zum Bühnenbereich und anderen Stellen zu bekommen.
Warum kein Presseausweis?
Zum anderen sollten Fotografen laut Würfel so für Gäste erkennbar sein, die nicht abgebildet werden wollen.
Die allermeisten Camps sind kreativ und ausschweifend - aber eher harmlos gestaltet. Von Club-Fahnen und fahrbaren Pools bis zu LKW-Anhängern mit eigener Party-Bühne ist alles dabei. Die Bewohner widmen sich dem Feiern oder ihren Zweirädern. Alkohol spielt eine große Rolle.
Mehrere Camps ziert aber ungewöhnlicher "Schmuck", von dem offenkundig abgeschraubte Orts- und Verkehrsschilder, DDR-Flaggen und ein lebensgroßes Portrait Erich Honeckers die harmlosesten Varianten sind.
Eines der Ortsschilder trägt gut sichtbar einen Reichsflaggen-Aufkleber. Auf dessen weißem Streifen steht "NS-Zone". Das Schild sehe ich auch am Abend noch. Offenbar hat niemand daran Anstoß genommen. Die Gesinnung wird offen zur Schau gestellt - offenbar ohne Widerspruch.
Friedersdorf ist in der Nähe von Bitterfeld und von dem was ich gelesen habe wirklich ein Symbolbild für alles, was nach der Wende schiefgegangen ist
Auch in einem Camp in der Nähe machen zwei junge Männer keinen Hehl aus ihrer Gesinnung: Sie heben parallel ihre Arme zum Hitlergruß. Sie sehen nicht älter aus als 18. Kein Mitbewohner im Camp protestiert. Den Simson-Fans scheint es gleichgültig zu sein, was auf ihrem Festival passiert.
Die Farben Schwarz, Weiß und Rot in Kombination sind auch auffällig oft auf Hosen und Hüten vertreten. Ich frage einen Ordner, ob das in Ordnung sei. Er berät sich mit Kollegen und sagt: "Ja, solange da nicht irgendwelche Symbole drauf sind."
Ich ziehe weiter über das Gelände und schaue mich um. Mehrere Mopeds tragen den Schriftzug "Raus mit die Viecher!" (sic). Das ist eine Anspielung auf eine "Spiegel-TV"-Reportage, in der dieser entmenschlichende Satz über Geflüchtete gesagt wird. Bei anderen Mopeds ist die Startnummer "88" - ein rechtsextremer Code für "Heil Hitler" - auffällig oft vertreten.
Auch die sind bestimmt alle nur 1988 geboren
Ein junger Mann in einer großen Gruppe trägt ein Shirt mit der Aufschrift "Auch ohne Sonne braun".
Ich bin sicher, er spielt damit nur darauf an, dass er auch ohne starke Sonneneinstrahlung viel Melanin ausschüttet, weshalb sein Körper schnell braun wird
Um die Referenz unmissverständlich zu machen, ist ein halbes Sonnenrad abgebildet.
Auch bestimmt mag der einfach nur nordisch aussehende Symbole
Das NS-Symbol mussten einst KZ-Häftlinge auf Geheiß Heinrich Himmlers in die Wewelsburg der SS in den Boden einlassen.
Aber er trägt ja nur eine halbe Sonne. Damit ist er ja nur ein Halber Nazi
Während es allmählich dämmert, laufen mir die jungen Männer vom Anfang des Tages über den Weg. Der auf den Rücken geschmierten rassistischen Tötungsforderung gegen schwarze Menschen haben die Feier-Strapazen ähnlich stark zugesetzt, wie ihrem taumelnden Träger.
Ich wünschte, ihnen hätte noch anderes schwer zugesetzt
Die Schrift kann ich noch erkennen - aber nicht mehr lesen. Das Hakenkreuz wurde aber mehr oder weniger sorgfältig mit Edding nachgezogen.
Man muss Prioritäten setzen
Sein Camping-Mitbewohner trägt weiter sein "Kraft durch Freunde"-Shirt. Augenscheinlich hat über den ganzen Tag kein Ordner daran Anstoß genommen.
Ich bin schon froh, dass kein Ordner mit ihm darauf angestoßen hat.
Das gleiche gilt für ein weiteres "Braun - auch ohne Sonne"-Shirt mit halbem Sonnenrad an anderer Stelle auf dem Platz. Mehrere Security-Männer nehmen davon weder Notiz, noch die Sache in die Hand - sie gehen an dem Mann vorbei.
Die wenigsten der auf dem Gelände ignorierten oder tolerierten Symbole sind - im Gegensatz zu Hakenkreuzen und rassistischen Lynchforderungen - strafbar. Doch muss sich der Veranstalter die Frage gefallen lassen, warum er nicht mit seinem Hausrecht eindeutige Erkennungszeichen der rechtsextremen Szene verbietet - und das dann durch seine Ordner und Sicherheitsleute durchsetzt. Ich entdecke zu viel auf dem Gelände, als dass alles "übersehen" worden sein kann.
Der Informant aus der Simson-Szene hatte mir am Telefon gesagt: "Die schämen sich noch nicht einmal für ihre rechtsextremistischen Aktionen." Gegen 21 Uhr sehe ich plötzlich Feuer auf dem Campinggelände. In Flammen steht augenscheinlich ein Müllhaufen mit einem Einkaufswagen darin.
Einzelne Feuerwerkskörper explodieren. Schnell formiert sich unter lauten "Ostdeutschland"-Rufen ein Kreis von etwa 200 Menschen um die Brandstelle. Mehrere der Grölenden tragen Shirts mit Wehrmachtsmotiven.
Wehrmacht denn sowas?
Ein junger Mann hat ein grobschlächtig gemaltes Hakenkreuz auf dem Arm. Ein weiterer trägt ein "Sylt - Döp Döp"-Shirt.
GEH NACH HAUS DU HAST INSELVERBOT, DU FLIEGST RAUS DENN DU BIST EIN IDIOT DÖP DÖP DÖP
Schon bald grölen nahezu alle Umstehenden lautstark die ausländerfeindliche Parole "Deutschland den Deutschen - Ausländer raus", auf die dieses Shirt anspielt. Vereinzelt gehen Arme mutmaßlich zum Hitlergruß nach oben. Ordner und Security stehen entweder teilnahms- oder machtlos daneben. Ich filme das Geschehen.
Wo sind die DDR-Sympathisanten mit ihren Honecker-Bildern hin?
Als die Feuerwehr den augenscheinlich gelegten Brand löscht, erntet sie dafür Buh-Rufe und als Folge den Schlachtruf "Alle Bullen sind Schweine".
Feuerwehr ist bei ACAB nicht mitgeteilt
Ein Teilnehmer will einen Feuerlöscher aus dem Kofferraum des Festival-Feuerwehrautos nehmen. Ein Feuerwehrmann wehrt ihn wütend ab. Die Stimmung ist aufgeheizt.
Ja, wegen dem Einkaufswagen
Ich muss meinen Besuch aus Sicherheitsgründen abrupt abbrechen: Ein Mann bemerkt in meinem Handydisplay meinen Versuch, einen anderen zu filmen, der ein Shirt der 2003 verbotenen Neonazi-Band "Landser" trägt.
Besorgter Bürger halt
Der erste brüllt unter wütenden Gesten "Scheiß Zivi, verpiss dich!" und "Mach die Kamera aus!". Mir wird klar, dass ich gemeint bin und ich verlasse sofort das Gelände Richtung Auto.
Da sieht man mal wieder, wie dumm Nazis sind. Ein Zivi hätte nicht danebengestanden und gefilmt, sondern Brandsätze verteilt und euch danach weggeklagt
In der offiziellen Polizeibilanz lese ich am Dienstag, wie es dann ohne mich weiterging. Die Rede ist dabei von mehreren Anzeigen - wegen Landfriedensbruchs aber auch anderer möglicher Straftaten. Es läge ein Video vor, in dem Menschen ausländerfeindliche Parolen grölen. Das werde geprüft. Den Ablauf nach meiner Abreise schildert die Polizei so:
"[Es kam] zu mehreren Bränden auf dem Veranstaltungsgelände, weil unter anderem zwei Tatverdächtige ein Pocketbike und Unrat angezündet hatten. Im späteren Verlauf wurden die Kameraden der Berufsfeuerwehr Zwickau hinzugezogen, da die Anzahl der Brände weiter zunahm und die Brandwache des Veranstalters Unterstützung brauchte. Sowohl die im Einsatz befindlichen Rettungskräfte des Rettungsdienstes als auch die Polizeikräfte und Kameraden der Feuerwehr wurden während der Durchführung ihrer Aufgaben mehrfach gestört, angegriffen und mit verschiedenen Gegenständen beworfen.
Zeitweise stieg die Anzahl der störenden Person[en] auf bis zu 400 an, sodass weitere Polizeikräfte aus anderen Polizeidienststellen angefordert werden mussten. Durch die erhöhte polizeiliche Präsenz konnte die Lage schließlich beruhigt werden."
Veranstalter Dominic Würfel äußert sich am Dienstag auf Nachfrage zu meinen Beobachtungen. Am Telefon sagt er, die Veranstaltung sei kein "Nazi-Treffen", aber Leute tanzten aus der Reihe. Er als Veranstalter käme nicht gegen alle Symbole an.
Mehrere Gäste seien nach dem Zeigen des Hitlergrußes "rausgeschmissen" worden. Dabei sei auch die Polizei hinzugezogen worden. Täter aus dem Vorjahr seien - auch für Hitlergrüße - mittlerweile bestraft worden. Das fände er gut.
Bereits an der Kasse würden Shirts geprüft und wenn nötig untersagt. Bestimmte Flaggen oder "Landser"-Shirts würden "auf den Müll fliegen".
Das hat ja toll geklappt
Das Personal sei aber nicht dafür da, "jedes Tattoo zu checken" und in erster Linie für die Sicherheit verantwortlich.
Wo waren die als Zeug angezündet wurde und die Feuerwehr angegriffen wurde?
Darüber hinaus sei es nicht möglich, "alle Symbole zu kennen".
Wenn du in Zwickau als Ordner aktiv bist, solltest du zumindest Landser und die Schwarze Sonne kennen. Entweder aus dem Beruflichen oder Privaten Umfeld.
Er selbst sei auch mit seiner Firma ausgelastet und könne sich nicht mit Dingen beschäftigen, die "im Leben nicht weiterbringen".
Ich übersetze das mal: „Nazis rauswerfen bringt mir kein Geld.“
Zu den Fällen ausländerfeindlicher Gesänge sagt Würfel, es sei nicht möglich, alle zu erkennen, die mitsingen. Sicherheitsleute hätten in dem Fall aber einschreiten sollen. Priorität habe aber die Sicherheit, wenn diese zum Beispiel wegen der Feuer in dem Moment gefährdet gewesen sei.
Habe auf den Fotos keine Security gesehen, die da irgendwie das Feuer abgesperrt hat
Anne Mehrer, Fachreferentin im Kulturbüro Sachsen sagt am Dienstag, die dokumentierten Fälle gingen über den Zustand normaler Jugendkultur in Sachsen hinaus.
Das schon heftig
Augenscheinlich sei auf dem Treffen in Zwickau etwas "gekippt". Das Kulturbüro ist ein Verein, der professionell zu Rechtsextremismus berät und sich für eine demokratische Gesellschaft einsetzt. Angesichts der vorliegenden Bilder sagt Mehrer, es gehe in Zwickau augenscheinlich nicht mehr nur um Mopeds. Es sei ein Treffen, das auch Rechtsextreme auf den Plan rufe.
Hätte keiner mit rechnen können
Die Simson selbst, sagt Mehrer, sei in diesem Kontext teils eine Chiffre für "früher war alles gut". Es gehe um Erzählungen von Freiheit, ersten Jugenderinnerungen und "Widerständigkeit".
Gab leider ziemlich wenig Widerstand gegen die Rechten auf dem Treffen
Solche Bilder würden teils auch Nachwendekindern als "ostdeutsche" Identität über Generationen vermittelt und seien ein "Angebot" für junge Menschen, das ankomme.
Diese Identität fußt laut Mehrer auf einer Art Gegenmodell zum "Westen", zur "Großstadt" und auch zur aktuellen Ampelregierung: "Alte Mopeds - alte Regeln und ein Symbol gegen grüne Politik." Mehrer sagt, diesen Hintergrund hätten 15-jährige Moped-Schrauber vermutlich nicht auf dem Schirm.
(x) Doubt
Parteien wie die AfD machten sich solche Dynamiken aber in bestimmten Regionen zunutze. Und das verfange bei jungen Menschen, die sich in den vergangenen Jahren in Sachsen spürbar politisiert hätten.
Die AfD hat den Trend erkannt und versucht, ihn für sich zu nutzen. In unmittelbarer Nähe zum Gelände in Zwickau wirbt die AfD im sächsischen und thüringischen Landtagswahlkampf als einzige Partei. Auf einer zweistelligen Anzahl Plakate steht "Simson statt Lastenrad". Die Junge Alternative zeigt ein Foto des Plakats am Festival-Eingang auch auf Instagram.
Wie konnte es nur dazu kommen, dass da Rechtsradikale auf das Treffen gehen? Unerklärlich.
Die Vorfälle in Zwickau sind kein Einzelfall. Zwei Wochen zuvor fielen auch beim Simson-Treffen in Suhl vereinzelt Besucher auf. Auch dort sang eine kleine Gruppe junger Männer im Schutz ihres Pavillon-Zeltes "Deutschland den Deutschen - Ausländer raus".
Ein Kind und offenbar sein Vater trugen jeweils das aktuelle Deutschland-Trikot mit der Nummer 44. Die Schreibweise der Ziffern erinnert an die verbotene "SS"-Rune der Nationalsozialistischen Schutzstaffel. Aus diesem Grund wurde die Schreibweise der Ziffer 4 auf den Trikots im Shop mittlerweile vom DFB geändert.
Veranstalter in Suhl war die Firma MZA aus Südthüringen, die einen Großteil der 2003 aufgelösten Simson-Produktion gekauft hat und die meisten Ersatzteile produziert sowie die Lizenz für den Simson-Markennamen hat. Geschäftsführer Falko Meyer sagte auf MDR THÜRINGEN-Anfrage, Ordner seien angehalten, zu ermahnen und Platzverweise zu erteilen, wenn sie bekannte verfassungsfeindliche Symbole oder Handlungen erkennen.
Die beiden Menschen im Trikot seien nicht aufgefallen, weil die Ordnungskräfte vermutlich nicht derart "spezielles Wissen" hätten.
Keiner hat irgendwas gesehen, keiner hat irgendwas gewusst.
MZA ist laut STZ-Website Sponsor des Treffens in Zwickau, verkaufte Eintrittskarten für das Event und war mit eigenem Stand vor Ort. Auf der eigenen MZA-Website steht (Stand Mittwoch) die Firma für das Treffen in Zwickau noch als "Hauptsponsor". Die Firma teilt aber mit, sich "aus wirtschaftlichen Gründen" davon zurückgezogen zu haben. Ein MZA-Sprecher sagte außerdem, die Firma distanziere sich von den rechtsextremistischen Vorfällen.
Im Gegensatz zu MZA ist nach Angaben des Zwickau-Veranstalters Würfel nach den Vorfällen des vergangenen Jahres ein anderer Sponsor vom Treffen in Sachsen bereits gänzlich abgesprungen.
Vielleicht ist das ne Motivation was gegen die Rechtsradikalen zu machen
Es tritt leider ein großartiger Mann zurück nur weil er ständig von rechts angefeindet wird und keiner den Rückgrat hat Zivilcourage zu zeigen.
Für die große Mehrheit ist politische Gewalt ein absolutes Tabu. Nicht so bei AfD-Wählenden: Dort wird einer Studie zufolge Gewalt nicht nur als Grauzone toleriert, ein gewisser Prozentsatz billigt demnach sogar tätliche Angriffe.
Das politische Klima in Deutschland wird seit Jahren rauer, tätliche Angriffe auf Politikerinnen und Politiker nehmen zu. Ein Großteil der Wählerinnen und Wähler der AfD kann darin laut einer neuen Studie kein Problem erkennen. Im Vergleich zu Wählerschaft anderer Parteien ist die Zustimmung zu Gewalt unter AfD-Wählenden deutlich höher. Das ergibt eine neue Studie der Universität Bielefeld .
Demnach billigt fast ein Viertel der befragten AfD-Wählenden politische Gewalt, über die Hälfte der Anhängerschaft sieht sie als Grauzone oder akzeptiert politische Gewalt zumindest. Die Ergebnisse verdeutlichen laut den Forschenden eine gefährliche Radikalisierung innerhalb der Partei und ihrer Basis. Als Grundlage der Studie dienten Daten aus der bevölkerungsrepräsentativen Mitte-Studie vom Frühjahr 2023.
Konkret ist die Befürwortung politischer Gewalt bei AfD-Wählenden mit 23 Prozent rund zweieinhalb mal höher als etwa bei Wählenden der Union (9.5 Prozent) oder der SPD-Wählerschaft (9 Prozent) und etwa siebenmal häufiger als bei Linkenwählenden (4 Prozent) oder der Anhängerschaft der Grünen (3 Prozent). Ein klares Nein zu Gewalt sprechen mit 48,5 Prozent weniger als die Hälfte der AfD-Anhängerschaft aus. Bei der Union lehnen 74 Prozent Gewalt ab, bei der SPD 79 Prozent.
In DE leben 84 Mio. Menschen. Davon haben:
CDU: 30% -> 25,2 Mio. Wähler, davon 9,5% Gewaltbeführworter -> 2,39 Mio. CDU-Wähler befürworten Gewalt
SPD: 13,9% -> 11,67 Mio. Wähler, davon 9% -> 1,05 Mio. SPD Wähler
Grüne: 10 Mio. Wähler, davon 3% -> 300k Grünen-Wähler
Linke: 2,27 Wähler, davon 4% -> 90,8k Linken-Wähler
AfD: 13,36 Wähler, davon 23% -> 3,07 Mio. AfD-Wähler
Damit gibt es im linken Spektrum 1,44 Mio. Wähler, die Gewalt befürworten und im rechten Spektrum 5,46 Mio. Wähler (FDP nicht mitgerechnet)
Im demokratischen Spektrum gibt es 3,83 Mio. Wähler, die Gewalt tolerieren, im undemokratischen Spektrum 3,07 Mio.
https://results.elections.europa.eu/de/nationale-ergebnisse/deutschland/2024-2029/
Die Forschenden sehen die höhere Gewaltbereitschaft in der Sprache der AfD-Abgeordneten begründet. Der Ton in der AfD sei aggressiver als bei anderen Parteien, sagte Andreas Zick, Leiter des Instituts für interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung an der Universität Bielefeld. »Es werden sehr aggressive Feindbilder, auch – wie die Daten zeigen – menschenfeindliche und stereotype Meinungen über Minderheiten geteilt.« Zudem baue die AfD ihre eigene Politik »als Widerstand gegen ›das System‹ und ›die da oben‹« auf. »Das erhöht die Billigung von Angriffen gegen andere.«
Die Gewaltbereitschaft der Anhängerschaft spiegelt sich auch in den Parlamenten: Immer wieder werden Fälle bekannt, in denen AfD-Abgeordnete Straftaten begangen haben. Viele Landesverbände werden mittlerweile als rechtsextremistisch eingestuft oder vom Verfassungsschutz als Verdachtsfälle beobachtet.
cross-posted from: https://feddit.org/post/1007241
- Ländliche Regionen im Bundesland Sachsen-Anhalt im Osten Deutschlands sind nicht nur von Überalterung und Urbanisierung betroffen, sondern auch von einem Mangel an jungen Frauen.
- Laut der Soziologin Katja Salomo führt das zu einem Gefühl des Abgehängt-Seins und unter anderem zu großem Zuspruch für die AfD.
- Betroffenen Kommunen empfiehlt die Wissenschaftlerin, gegen den Trend zu investieren.
Die Abstiegsängste führten auch dazu, dass es Menschen schwerer falle, neue Menschen in ihre Gruppe hineinzulassen, sagt Dr. Katja Salomo vom Wissenschaftszentrum für Sozialforschung in Berlin.
"[Die Menschen] haben das Gefühl, der Kuchen ist schon klein, wie sollen wir ihn noch teilen?"
Oft, so Salomo, sei in den betroffenen Regionen auch die AfD besonders erfolgreich. Zum einen, weil Männer im Schnitt konservativer wählten als Frauen und sie in den ländlichen Regionen in Ostdeutschland in der Überzahl seien. Wobei Salomo anmerkt: "Es sind nicht die Alten, die AfD wählen – sondern es sind die jungen Männer in den Gebieten mit hoher Überalterung." Die AfD, sagt Salomo, sei allerdings auch aus einem anderen Grund in den betroffenen Regionen besonders erfolgreich: "Die Partei sucht sich diese Regionen ganz bewusst aus."
Da, wo die Menschen das Gefühl hätten, abgehängt zu sein – da sei die AfD besonders präsent, oft als einzige Partei.
geteilt von: https://lemm.ee/post/37439319
Ein paar der Highlights:
Dem Dokument ist auch zu entnehmen, dass ein AfD-Kommunalpolitiker bei "Compact" als "Mädchen fürs alles" arbeitet, Waffenbesitzer ist und mit Firmenchef Jürgen Elsässer über die Idee eines Mordes am grünen Wirtschaftsminister Robert Habeck gesprochen hat.
[...]
So heißt der Chef vom Dienst Daniell Pföhringer mit richtigem Namen Thorsten Thomsen und war bis 2014 Pressesprecher der NPD-Fraktion in Sachsen
[...]
Oliver Niedrich ein weiterer Mitarbeiter ist, "Heimat"-Funktionär und zumindest 2021 stellvertretender Landesvorsitzender der NPD Berlin war
[...]
Der Gehilfe von Elsässer, zeitweilig AfD-Ortsvorsitzender, habe darauf gesagt: "Ich hab' schon überlegt, ich hab' ja hier die Knarre, ich müsste dem Habeck mal ein Auge ausschießen."
Ein Mann läuft mit Kippa durch die Münchner Altstadt. Dann kommt ein unbekannter Täter auf ihn zu, beleidigt ihn antisemitisch und wird handgreiflich. Solch eine antisemitische Tat ist kein Einzelfall.
Nach dem Massaker der islamistischen Hamas in Israel am 7. Oktober hat sich das Leben von Juden in Deutschland verschlechtert. Der Rias-Jahresbericht schildert Beschimpfungen und Übergriffe.
Zu solch einem antisemitischen Vorfall ist es jüngst am Montag auch in der Landeshauptstadt gekommen: Ein Mann jüdischen Glaubens wurde in der Münchner Altstadt antisemitisch beleidigt und angegriffen. Ein unbekannter Täter habe den 34-Jährigen bei dem Vorfall so kraftvoll an den Schultern gepackt, dass dieser leicht verletzt worden sei, teilte die Polizei mit.
Der 34-Jährige war mit Kippa auf dem Kopf in der Altstadt unterwegs, als er angegangen wurde. Nach dem Vorfall flüchtete der unbekannte Täter zu Fuß. Der Antisemitismusbeauftragte der bayerischen Justiz bei der Generalstaatsanwaltschaft München leitet laut Polizei die Ermittlungen.
Dieser Vorfall ist kein Einzelfall. Vergangenes Jahr registrierte der Bundesverband der Recherche- und Informationsstellen Antisemitismus (Rias) 4.782 antisemitische Vorfälle. Das ist ein Anstieg von rund 80 Prozent gegenüber 2022. Die meisten Vorfälle (2.787) ereigneten sich nach den Terroranschlägen vom 7. Oktober 2023 bis zum Jahresende. Nach diesem Datum fanden auch rund zwei Drittel der Fälle von extremer Gewalt, Angriffen und Bedrohungen statt.
Nach dem 7. Oktober hätten jüdische Menschen Antisemitismus vermehrt im eigenen Umfeld erfahren, heißt es im Rias-Bericht: am Arbeitsplatz, in Bildungseinrichtungen und auf Social-Media-Plattformen. Alle Lebensbereiche seien betroffen. "Ein offenes, selbstverständliches, aber vor allem unbeschwertes jüdisches Leben ist auch in Deutschland seit dem 7. Oktober noch weniger möglich als zuvor", sagt Benjamin Steinitz, Geschäftsführer des Bundesverbands Rias, kürzlich bei der Vorstellung des Jahresberichts 2023. Der neue Höchststand antisemitischer Vorfälle müsse als Weckruf verstanden werden.
Immer wieder umgibt sich Peter Kurth mit Rechtsextremen. Auch der Verfassungsschutz hat ihn im Visier. Nun war er zu Gast beim Wahlkampfauftakt der AfD in Brandenburg
Es ist eine gezielte Provokation. Sven Tritschler, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der AfD im nordrhein-westfälischen Landtag, veröffentlichte vergangenen Sonntag ein Foto in seiner Instagram-Story.
Es zeigt den ehemaligen Bundeswehrsoldaten bei einer Kranzniederlegung vor dem Grab eines Offiziers der deutschen Schutztruppe in Namibia. Das Foto unterlegte er mit dem national-heroischen Kriegslied „Ich hatt' einen Kameraden“.
Doch Tritschler war nicht etwa privat in Namibia, sondern Teil einer fraktionsübergreifenden Delegation des nordrhein-westfälischen Landtags, die sich der kolonialen Vergangenheit Deutschlands stellen wollte. Dass Tritschler die Reise auch für die geschichtsrevisionistische AfD-Politik benutzt und explizit einen Repräsentanten der deutschen Kolonialherrschaft ehrte, sorgt nun für breite Empörung.
Dabei wollten die elf Landtagsabgeordneten, alle Mitglieder des Hauptausschusses, der unter anderem für Bundesangelegenheiten zuständig ist, auf ihrer Reise vom 7. bis 12. Juli laut Reisebericht die „Aufarbeitung des deutschen Kolonialismus“ in Namibia von 1884 bis 1915 vorantreiben.
Wer bitte dachte, ein AfDler wäre dafür eine geeignete Person?
Auch der Umgang mit Kulturgütern sowie die deutsch-namibische Zusammenarbeit standen auf dem Programm. Am dritten Tag der Reise besuchte die Delegation den Herero-Friedhof in Swakopmund und legte einen Kranz an einem Monument des Genozids an den Herero und Nama nieder. Zwischen 1904 und 1908 ermordeten deutsche Truppen etwa 80.000 Herero und 20.000 Nama.
Christina Kampmann, die als SPD-Abgeordnete an der Reise teilgenommen hat, äußert sich gegenüber der taz empört. Einen Kranz am Grab eines Soldaten niederzulegen, der an Kriegsverbrechen gegen die Herero und Nama beteiligt war, sei „inakzeptabel“ und eine „Verhöhnung der Opfer“.
Tritschlers Verhalten habe laut Kampmann dem Zweck der Delegationsreise konträr entgegengestanden. Sie habe sich von der Reise gewünscht, ein Aussöhnungsabkommen der Herero und Nama mit Deutschland „mit Leben zu füllen“.
Der Historiker und Professor für Globalgeschichte an der Universität Hamburg Jürgen Zimmerer bestätigt der taz, dass es sich bei Wilhelm Eduard Richard Heldt um einen 1899 verstorbenen Offizier der deutschen Schutztruppe handelt. Er war Bezirkshauptmann von Swakopmund und gehörte zu den ersten deutschen Soldaten, die die gewaltsame militärische Eroberung Deutsch-Südwestafrikas unterstützten. So habe er laut Zimmerer dazu beigetragen, ein menschenverachtendes, rassistisches Unrechtsregime zu etablieren.
Dass Tritschler einen solchen Menschen ehrt, kritisiert Zimmerer scharf: „Im Kontext des Genozids an den Herero und Nama und dem Leid, das die deutsche Kolonialherrschaft über Namibia brachte, ist das eine Geschmacklosigkeit und eine Provokation“. Sie reihe sich in eine Abfolge von Versuchen der AfD ein, eine „Ehrenrettung der deutschen Kolonialgeschichte“ vorzunehmen. Dies sei ein Rückschritt in eine nationalistische, heroische Geschichtsauffassung.
Durch die Ehrung deute Tritschler an, dass er das Verhalten der Schutztruppe als positiv bewerte, so Zimmerer. Dabei sei die Schutztruppe ein „Instrument der gewaltvollen, militärischen Landnahme“ gewesen und somit auch vor dem Genozid ab 1904, also zur Dienstzeit Heldts, für Kriegsverbrechen und Menschenrechtsverletzungen an der lokalen Bevölkerung verantwortlich.
Tritschlers Aktion zeige, „dass die AfD bewusst einen erinnerungspolitischen Roll-back anstrebt“. Auf Bundesebene sei sie damit sogar erfolgreich, da der politische Wille zur Aufarbeitung der dunkelsten Seiten der deutschen Kolonialgeschichte über die Parteien hinweg nachließe, meint Zimmerer.
Auch im Bundestag setzt sich die AfD-Fraktion zum Beispiel in ihrer Kleinen Anfrage vom 9. Januar 2024 dagegen ein, den Genozid an den Herero als Völkermord zu bezeichnen. Dies hatte der damalige Außenminister Heiko Maas 2021 für die Bundesregierung offiziell verkündet.
Sven Tritschler verteidigte auf Anfrage der taz sein Verhalten: „Als deutscher Volksvertreter sah ich mich – im Gegensatz zu meinen Kollegen von den anderen Fraktionen – in der Pflicht, auch einen Kranz am Grab der hier gefallenen deutschen Soldaten niederzulegen“. Zudem habe der Besuch am Grab von Heldt nach Abreise der Delegation stattgefunden.
„Im Übrigen ist die Erzählung von der ‚unschuldigen‘ Herero- und Namabevölkerung, die ‚verbrecherischen‘ deutschen Soldaten zum Opfer gefallen sei, historisch nicht haltbar“, fügte Tritschler hinzu. Das hätten seiner Auslegung nach auch Gespräche im Rahmen des offiziellen Besuchsprogramms so ergeben.
Verena Schäffer, grüne Fraktionsvorsitzende in NRW und ebenfalls Teil der Delegation, ist „fassungslos“. Der taz sagte sie, Tritschlers Aussage käme einer Leugnung des Genozids gleich und sei, anders als er selbst behauptet, „historisch faktenfrei“.
Dass der AfD-Fraktionsvize behauptet, als Mandatsträger Soldaten der Schutztruppe ehren zu müssen, zeige die ganze Verachtung der AfD für die Opfer der deutschen Kolonialverbrechen. Das sei nichts anderes als eine „Täter-Opfer-Umkehr“.
Ob es Konsequenzen für den AfD-Abgeordneten Tritschler geben wird, gab die Ausschussleitung des NRW-Landtags noch nicht bekannt.
Ich glaube, dass im Weitlingkiez vieles ausprobiert wurde, was Nazis später in anderen Regionen übernommen haben», sagt Micha. «Das war zum einen, sich eigene Räume zu schaffen, wie das Hausprojekt in der Weitlingstraße mit Parteizentrale. Das waren zum anderen Nazi-Treffpunkte wie Kneipen und Cafés und das Konzept der autonomen Nationalisten. Nazis haben auf verschiedenste Art und Weise versucht, von hier aus Akzente zu setzen, die bundesweit in die Szene reingewirkt haben.»
Micha ist in Lichtenberg geboren und aufgewachsen und war im Weitlingkiez mehr als ein Jahrzehnt antifaschistisch aktiv. Er steht am S-Bahnhof Lichtenberg vor einem Graffito.
Das Wandbild zeigt das Gesicht eines alten Mannes und den Schriftzug «Niemand ist vergessen». Damit soll an Eugeniu Botnari und andere Opfer rassistischer Gewalt erinnert werden. Der Bezirk und die Lichtenberger Registerstelle setzten das Graffito in Zusammenarbeit mit einem Künstler um.
Der aus Moldawien stammende Botnari wurde 2016 von dem Leiter der Edeka-Filiale im Bahnhof Lichtenberg zusammengeschlagen und starb Tage später an den Folgen eines Schädel-Hirn-Traumas.
Botnari war wohnungslos und ohne Krankenversicherung, sodass er keinen Arzt aufsuchen konnte. Seit einem Jahr erinnert nicht nur das Wandbild, sondern auch der Name des Bahnhofvorplatzes an ihn.
Micha sagt, der «Mythos Weitlingkiez» habe mit der bundesweiten «Vorbildfunktion» zu tun und mit dem Lichtenberger Bahnhof: Am Umsteigeort zwischen Berlin-Ost und Brandenburg waren in den 90er und 2000er Jahren viele Menschen mit «massiver Nazigewalt» konfrontiert. Diese traf fast täglich migrantische Straßenhändlerinnen und anlassbezogen Antifaschistinnen, sagt Micha.
Im Weitlingkiez, der zwischen den Ortsteilen Rummelsburg und Friedrichsfelde liegt, leben 140 000 Menschen. Das Straßenbild lässt die Gentrifizierung der letzten Jahre erahnen. Am Dreh- und Angelpunkt – in der Weitlingstraße – finden sich viele hübsche Cafés. Eine Kiezblock-Initiative setzt sich für eine verkehrsberuhigte Nachbarschaft ein.
«Wir stehen jetzt gerade vor der Weitlingstraße 32. Hier war früher eine von vielen Nazi-WGs der ›Kameradschaft Tor‹, später Nationaler Widerstand Berlin», erzählt Micha während einer Führung durch den Kiez.
Die WG habe sich 2007 aufgelöst. Nach dem Verbot der «Kameradschaft Tor» im Jahr 2005 entstand das Netzwerk Nationaler Widerstand. Dem Republikanischen Anwältinnen- und Anwälteverein nach veröffentlichte das Netzwerk eine Liste, auf der Namen linker Journalistinnen, Aktivistinnen und Politiker*innen standen. Heute beheimatet die Weitlingstraße ein deutsches und ein arabisches Restaurant.
Nicht nur in der 32, auch in der Nummer 122 teilten sich Nazis einen Wohnraum. Nachdem die rechten Aktivisten Anfang 1990 mehrere Häuser besetzt hatten, war ihnen von der Kommunalen Wohnungsverwaltung Lichtenberg das Haus in der Weitlingstraße 122 als Alternative angeboten worden, inklusive Mietvertrag.
Das berichtete zumindest das ehemalige DDR-Oppositionsblatt «Telegraf». «Sie bauten eine Parteizentrale aus, veranstalteten Pressekonferenzen und lagerten Waffen», erzählt Micha über das Hausprojekt, dass aus seiner Sicht nur existieren konnte, weil Nazis die Überforderung der Sicherheitsbehörden während der Wendezeit strategisch ausnutzten.
Neonazis, wie die Gruppe Autonome Nationalisten, brachten in den 90ern und 2000ern nicht nur in Wohngemeinschaften eine neue Kultur hervor: Mit Hip-Hop, Graffiti und einem an die «Black Block»-Ästhetik der Linken angelehnten Erscheinungsbild sollten Jugendliche angesprochen werden.
Scheiße unkreativ. Können die sich nicht selbst irgendwas ausdenken?
Zu klassischen Parteistrukturen ging man auf Distanz. Zahlreiche Publikationen wie die Broschürenreihe «Motiv Rechts» erzählen von dieser «modernen» Nazi-Kultur.
«Eigentlich kann man hier keine fünf Meter gehen, ohne einen Punkt zu finden, wo wer angegriffen wurde», sagt Micha. So wurde 2018 etwa, in der Margaretenstraße 27, Gönül Glowinski, die Betreiberin eines Eiscafés, rassistisch attackiert.
«Der Weitlingkiez erzählt also nicht nur von Nazis aus der Vergangenheit, sondern es gibt immer noch welche, die hier wohnen und den Kiez als ihren begreifen», meint Micha.
Das Lichtenberger Register dokumentiert Diskriminierungen und Übergriffe verschiedenster Motivation. Rassistisch motivierte Taten liegen demnach «auf einem durchgängig hohen Niveau und machen ein Drittel aller Meldungen aus». Besorgniserregend sei die Zunahme von Queerfeindlichkeit im vergangenen Jahr im Bezirk, meldet die Stelle.
«Ich glaube schon, dass die Gentrifizierung, auch wenn sich das zynisch anhört, einer Bewegung gegen Nazis in die Hände spielt», sagt Micha. Mieterhöhungen in Friedrichshain führten beispielsweise zum Umzug von alternativ Gesinnten oder linken Projekten nach Lichtenberg. «Das ist etwas, von dem wir in den 90er und Nullerjahren nur hätten träumen können», sagt Micha.
Ein gänzlicher Neuling ist das Café «Wostok» in der Weitlingstraße 97. Im Gespräch mit «nd» erzählt Willi vom Stadtteilkomitee Lichtenberg, das das «Wostok» seit 2021 betreibt, von der Ausrichtung des Kiezladens: Sprechverbote gebe es nicht, rechten Ideen werde dennoch widersprochen und die kapitalistische Unterdrückung am Wohn- und Arbeitsmarkt thematisiert.
So ergebe sich eine bunte Mischung an Besucher*innen und kein homogener Szenebetrieb. Für manchen sei es wichtiger, das Café als sozialen Ort zu nutzen und sich freitags in der Lebensmittelausgabe kostenlos Essen zu holen.
Andere kämen zu einer Diskussion über Planwirtschaft oder zu einem antimilitaristischen Filmabend. «Student*innen, die sich gerade linksradikal politisiert haben, treffen hier auf Mitte 50er, prekär lebende Lichtenberger», beschreibt Willi das Publikum.
Rechte Angriffe auf den Laden habe es nie gegeben. Das wundert Willi. Denn die neonazistische Partei Der Dritte Weg stelle ab und an Infostände vor dem Rewe in der Weitlingstraße auf. Laut Willi sei es natürlich auch wichtig, Nazis zu blockieren – «der langfristige Erfolg im Kampf gegen den erstarkenden Faschismus wird aber, wenn überhaupt, durch diese Art der sozialistischen Basisarbeit kommen», meint er.
In der Weitlingstraße 44, wo sich heute unter anderem das Nagelstudio «Trang Nails» befindet, betrieb bis 2006 ein Mitglied der Lichtenberger NPD den Neonazi-Treffpunkt «Kiste»: Ein Ort der Angst, sagt Micha, von dem Angriffe auf einen damals benachbarten Dönerladen ausgingen.
2007 stand Micha mit einem Sat.1-Kamerateam vor jenem Dönerladen. In den Aufnahmen ist zu sehen, wie er und das Fernsehteam von Nazis beschimpft und fotografiert werden.
«Hol dir den Kiez zurück» hieß eine antifaschistische Kampagne der Jahre 2005 und 2006, an der sich auch Willi vom Café «Wostok» beteiligte. «Die Ziele waren: Den Nationalen Widerstand als Struktur treffen, die Nazi-Treffs, die es hier im Weitlingkiez gab, zu schließen und 2006, im Jahr der Berlin- und BVV-Wahl, den Einzug der NPD ins Lichtenberger Bezirksparlament zu verhindern.»
Letzteres klappte nicht, auch wegen der damals eingeführten Dreiprozenthürde für die BVV. Die «Kiste» hingegen musste bald schließen, rechte Strukturen wurden insgesamt geschwächt. Laut Micha war dies nur durch zivilgesellschaftliche Bündnisse möglich und durch viel Nachbarschaftsarbeit.
Ein Ergebnis der Kampagne ist das seit 2006 auf dem Münsterlandplatz stattfindende Kiezfest. «Das war so der Auftakt für ein Umdenken und Umschwenken im Weitlingkiez», sagt Micha. Zwei Jahre später habe es hier noch mal den Versuch eines Nazi-Aufmarsches gegeben, der mit der damaligen Bürgermeisterin in der Blockade verhindert worden sei. Inzwischen gibt es an dem Platz auch einen Nachbarschaftsgarten.
In den letzten zehn Jahren habe sich Micha nicht mehr so unsicher gefühlt wie in den Nullerjahren in Lichtenberg. Dies verändere sich aber gerade durch das Erstarken des Dritten Wegs. Laut Micha gibt es einzelne Überschneidungen zwischen ehemals im Weitlingkiez organisierten Rechten und Kadern des Dritten Wegs.
«Die Gentrifizierung ist nur einer der Faktoren, die dafür gesorgt haben, dass neonazistische Strukturen gescheitert sind, den Mythos Weitlingkiez aufrechtzuerhalten», meint die Antifaschistische Vernetzung Lichtenberg (AVL) zu «nd». Der «weitaus größere Aspekt» sei die Arbeit antifaschistischer Initiativen. Es gebe zwar noch Kneipen mit rechtsoffenem Klientel, aber bis auf das «Sturgis» in der Magaretenstraße befinde sich keiner dieser Orte mehr in der Hand rechter Strukturen.
Der Dritte Weg sei laut der AVL selten im Kiez anzutreffen. Die Antifaschistinnen gehen nicht davon aus, dass die Partei in Lichtenberg versucht, eine rechte Hegemonie aufzubauen, wie es in Pankow oder Hellersdorf der Fall sei. Am vergangenen Samstag hat laut Angaben der AVL im Stadtpark Lichtenberg ein Kampfsporttraining des Dritten Wegs stattgefunden. Viele der Teilnehmerinnen ordnet die AVL jedoch nicht dem Bezirk Lichtenberg zu.