Deutschland

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Sammelbecken für deutsche Kartoffeln und ihre Geschichten über Deutschland.

Nicht zu verwechseln mit !dach und !chad.

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Fernwärme gilt als Heizung der Zukunft. Doch manche Mieter werden gerade von enormen Summen in der Jahresabrechnung überrumpelt. Machen die Versorger mehr Kosten geltend als sie tatsächlich haben?

"Die haben uns ganz schön was aufgebrummt", sagt Bettina Böttcher am Telefon. Zusammen mit ihrer Nachbarin Sabine Plohmann sitzt sie in ihrer Wedeler Wohnung in Schleswig-Holstein. Die beiden Frauen sind sauer. Denn ihre letzte Nebenkosten-Nachzahlung hat es in sich: rund 1.600 Euro bei Bettina Böttcher, knapp 2.000 Euro sind es bei ihrer Nachbarin, die in einer größeren Wohnung lebt.

Geheizt wird mit Gas aus der Ferne. Damit belaufen sich die kompletten Heizkosten von Böttcher für das Jahr 2022 auf rund 2.800 Euro. Sie weigert sich, diese zu bezahlen, hat den Mieterverein eingeschaltet.

[...]

Den Anbieter einfach zu wechseln für ein besseres Angebot, funktioniert hier nicht. Fernwärmeversorger haben eine Monopolstellung. Kundinnen und Kunden sind also einem Anbieter quasi ausgeliefert, dazu werden Verträge meist über eine lange Zeit geschlossen. Das ist der eine Streitpunkt bei der Fernwärme.

Der andere hat damit zu tun, wie die Preise gestaltet werden. Das Bundeskartellamt hat inzwischen Verfahren gegen insgesamt sechs Stadtwerke und Fernwärmeversorger eröffnet. Der Verdacht: missbräuchlich überhöhte Preissteigerungen. Speziell geht es um sogenannte Preisanpassungs- oder auch Preisgleitklauseln. Die nutzen Versorger, um die allgemeine Marktentwicklung abzubilden, aber auch die Kosten für den jeweiligen Energieträger - also Gas oder Kohle, aber auch Holz, Müll, erneuerbare Energien oder Abwärme.

Es wirft zum Beispiel Fragen auf, wenn ein Unternehmen den Fernwärmepreis an die Entwicklung des Gaspreises angepasst hat, obwohl tatsächlich auch andere günstigere Alternativen für die Wärmeerzeugung verwendet wurden.
- Andreas Mundt, Präsident Bundeskartellamt

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Was für ein beeindruckendes Zeichen für die Demokratie: In Münster sind binnen vier Wochen erneut Zehntausende Menschen gegen Fremdenhass, Ausgrenzung und die AfD auf die Straße gegangen. Es war die größte Demonstration der Stadtgeschichte.

Prinzipalmarkt, Domplatz und die angrenzenden Straßen waren schwarz von Menschen. Nach Angaben der Polizei demonstrierten am Freitagabend mehr als 30.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer überwiegend friedlich gegen den Neujahrsempfang des Kreis- und Bezirksverbandes der AfD im historischen Rathaus. Hunderte Polizisten waren im Einsatz.

Zahlreiche Verbände, Kirchen und Parteien hatten zur Teilnahme an dem von dem Bündnis „Keinen Meter den Nazis“ organisierten Protest aufgerufen. Die CDU hatte ihren Aufruf zurückgezogen, nachdem sich das Bündnis gegen Redner aus Reihen der Union und FDP Bühne ausgesprochen hatte, darunter auch Münsters Oberbürgermeister Markus Lewe (CDU).

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„Eine Demokratie ist einfacher zu verteidigen, wenn es sie noch gibt“, nannte Sabine Randelhoff aus Greven-Reckenfeld ihre Motivation. „Es ist schön und beruhigend, dass so viele Menschen auf die Straße gehen“, sagte Maria Spiller.

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Lawmakers and diplomats in Brussels express frustration at Chancellor Olaf Scholz’s unpredictable coalition

For years Germany was seen as a rock of stability and predictability in the EU. These days, its partners wonder what curveball Berlin will throw at them next.

Last week the German government sent shockwaves through Brussels by withdrawing its support for a piece of legislation that it had long appeared to back: the EU’s new supply chain law.

The volte-face was a stark example of how chaos in chancellor Olaf Scholz’s unruly coalition of Social Democrats, Greens and liberals is disrupting EU policymaking — something even senior German officials were forced to admit.

“The fact Germany is abstaining at the last minute on the supply chain law, despite consenting to [it] earlier, damages our reliability as a partner and our weight in Europe,” said foreign minister Annalena Baerbock, a Green politician.

German diplomats and EU lawmakers worry that Berlin’s behaviour is stirring up animosity in other capitals. “You can see the resentment growing,” said René Repasi, a German MEP from Scholz’s Social Democrat party. “It’s leading to a situation where people in Brussels begin to doubt if they can rely on Germany. The basic trust is destroyed.” Leaders attend a European Council summit in Brussels."

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Many in Berlin fear consequences beyond reputational damage. Repasi, the Social Democrat MEP, said that when Germany abstained it strengthened France’s negotiating position, often to the detriment of Berlin.

“The big concern for me is that people will go around Germany to form majorities. That means there’ll be a tendency to adopt more and more French positions, because the negotiators think: at least France will back it, and ensure there’s a qualified majority in favour.”

The supply chain law is a good example, he said. There, France insisted on — and won — a carve-out for financial institutions, a position Germany did not support.

Repasi said the FDP might also object to the EU’s new rules on “platform work”, designed to improve the working conditions of people working in the gig economy.

EU diplomats fear the German liberals could also intervene on new rules for air quality and packaging waste, which are at a similar stage in the Brussels’ policymaking process. Here a German abstention could have a critical impact on the bloc’s environmental goals, they say.

The “real venom”, according to one EU diplomat, was that countries no longer felt comfortable negotiating compromise agreements with the Germans for fear they would U-turn at the last minute.

“It’s the unreliability that is the real thorny issue and undermines trust in the Germans.”

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noyb hat heute eine Beschwerde und Anzeige gegen die deutsche Wirtschaftsauskunftei SCHUFA bei der hessischen Datenschutzbehörde eingereicht. Das Unternehmen dürfte Millionen damit verdienen, Menschen in Deutschland ihre eigenen Daten zu verkaufen. Mithilfe manipulativer Designs werden Menschen an der Bestellung einer kostenlosen Auskunft nach Artikel 15 DSGVO gehindert – obwohl sie eigentlich einen gesetzlichen Anspruch auf eine Gratiskopie hätten. Das Unternehmen scheint sich damit primär an Wohnungssuchenden bereichern zu wollen. Diese müssen in Deutschland häufig einen Nachweis der eigenen Bonität vorlegen, um einen Mietvertrag abschließen zu können.

Lukratives Geschäft auf Kosten von Wohnungssuchenden. Wer in Deutschland auf der Suche nach einer Mietwohnung oder einem Mietshaus ist, wird häufig dazu aufgefordert, die eigene finanzielle Zuverlässigkeit nachzuweisen. Häufig landen Wohnungssuchende deshalb zwangsweise bei Wirtschaftsauskunfteien wie der SCHUFA – die sich eine goldene Nase daran verdienen, Menschen in Deutschland ihre eigenen Daten zu verkaufen. Was die SCHUFA dabei ganz bewusst verschleiert: Laut Artikel 15 DSGVO müsste sie genau diese Daten auch kostenlos und unverzüglich bereitstellen.

Verschwiegene Rechte. Auf der eigenen Webseite bewirbt das Unternehmen gegenüber Privatpersonen ausschließlich das Produkt “BonitätsAuskunft” um 29,95 € und behauptet, dass dieses einen „Vorteil am Wohnungsmarkt“ biete. Einen transparenten Hinweis auf die kostenlose Auskunft nach Artikel 15 DSGVO sucht man währenddessen vergeblich. Mittels manipulativer Designs versucht das Unternehmen, den Verkauf von Bezahlprodukten zu forcieren und die kostenlose gesetzliche Auskunft sogar fälschlich als ungeeignet zur Vorlage bei Dritten darzustellen.

Martin Baumann, Datenschutzjurist bei noyb: “Die SCHUFA behauptet wahrheitswidrig, dass nur ihre Bezahlprodukte Dritten vorgelegt werden sollten. Dabei hat der Europäische Gerichtshof bereits mehrfach betont, dass betroffene Personen auch mit ihrer Gratisauskunft machen dürfen, was sie möchten.”

„Datenkopie“ statt Auskunft. Die meisten Betroffenen dürften die kostenlose Auskunft gar nicht erst finden. Obwohl die DSGVO festschreibt, dass Unternehmen Betroffene dabei unterstützen müssen, ihre Gratisauskunft zu erhalten, nennt die SCHUFA diese nicht einmal beim Namen. Die Auskunft nach Artikel 15 DSGVO bezeichnet das Unternehmen salopp als „Datenkopie“. Dabei muss die Auskunft neben einer Kopie der eigenen Daten nach Artikel 15 DSGVO auch eine Reihe anderer Informationen enthalten. Das gesetzliche Wort “Auskunft” wird für das Bezahlprodukt (“BonitätsAuskunft”) missbraucht. Wer es schafft, das verstecke Antragsformular für die gesetzliche Auskunft zu finden, wird abermals mit Werbung für das Bezahlprodukt bombardiert. Gleichzeitig rät die SCHUFA davon ab, die kostenlose Auskunft mit Dritten zu teilen. Diese enthalte einerseits sensible Daten, andererseits „keine tagesaktuelle Berechnung Ihrer Bonitätsscores“.

Daten werden absichtlich zurückgehalten. Damit verstößt die SCHUFA gleich mehrfach gegen europäisches Datenschutzrecht. Einerseits trifft das Unternehmen entgegen klarer Vorgaben der DSGVO keinerlei Maßnahmen, um den Betroffenen die Ausübung ihres gesetzlichen Auskunftsrechts zu erleichtern. Andererseits hält es ganz bewusst Informationen zurück, um das Bezahlprodukt verkaufen zu können: Im Falle des Beschwerdeführers beinhaltete die kostenlose Auskunft z.B. lediglich einen „Basisscore“, während in der kostenpflichtigen Auskunft sechs verschiedene „Branchenscores“ ausgewiesen wurden. Dabei verpflichtet Artikel 15 DSGVO das Unternehmen zur vollständigen Herausgabe aller verarbeiteten Daten. Erschwerdend kommt hinzu, dass der Beschwerdeführer das Bezahlprodukt bereits nach fünf Tagen erhielt, während die kostenlose Auskunft bei gleichzeitiger Bestellung deutlich länger brauchte. Auch hier sieht die DSGVO eigentlich eine "unverzügliche" Auskunft vor.

Martin Baumann, Datenschutzjurist bei noyb: “Die DSGVO verlangt, dass Unternehmen alle Daten sofort, kostenlos, leicht zugänglich und transparent zur Verfügung stellen. Diese Anforderungen stehen im deutlichen Widerspruch zur aktuellen Geschäftspraxis, betroffenen Personen Ihre eigenen Daten zu verkaufen.”

Beschwerde und Anzeige in Deutschland. noyb hat deshalb eine Beschwerde gegen die SCHUFA bei der hessischen Datenschutzbehörde eingereicht. Indem das Unternehmen die kostenlose Auskunft systematisch versteckt und verzögert und bewusst Daten vorenthält, verstößt es gegen die DSGVO. Darüber hinaus erstattet noyb Anzeige bei der hessischen Datenschutzbehörde. Die SCHUFA verletzt systematisch das gesetzliche Gebot der Kostenfreiheit, indem der Eindruck erzeugt wird, dass nur die kostenpflichtigen “BonitätsAuskünfte” als Nachweis gegenüber Dritten geeignet seien. Related articles Recent articles

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In der Prignitz nimmt der Protest gegen Grüne eine ungewöhnliche Form an. Nach einer Strafanzeige prüft die Staatsanwaltschaft den Anfangsverdacht der Volksverhetzung.

Wegen eines Plakats mit der Aufschrift „Grüne&Grün-Wähler werden bei uns nicht mehr bedient - Die deutschen Bauern!“ prüft die Staatsanwaltschaft im brandenburgischen Neuruppin den Anfangsverdacht der Volksverhetzung. Dies bestätigte Oberstaatsanwalt Cyrill Klement am Freitag der Deutschen Presse-Agentur. Das Verfahren gehe auf eine Strafanzeige zurück und stehe ganz am Anfang. Geprüft werde auch, wie viele Schilder dieses Inhalts in der Umgebung von Wittenberge stünden oder gestanden hätten.

Zuvor hatten die „Märkische Allgemeine“, die „Schweriner Volkszeitung“ und der Rundfunk Berlin-Brandenburg (rbb) berichtet. Paragraf 130 des Strafgesetzbuchs droht mit Strafe wegen Volksverhetzung gegen den, der die „Menschenwürde anderer dadurch angreift, dass er eine vorbezeichnete Gruppe, Teile der Bevölkerung oder einen Einzelnen wegen dessen Zugehörigkeit zu einer vorbezeichneten Gruppe oder zu einem Teil der Bevölkerung beschimpft, böswillig verächtlich macht oder verleumdet“.

[...]

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Da ich mich seit Kurzem durchgerungen habe, für Nachrichten auch was zu zahlen, ich das aber nicht jedem zumuten will:

Volltext

Für Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) ist es eine Woche zum Vergessen. Am Donnerstag bekleben erst Aktivisten der Letzten Generation eine Wand der Bibliothek in seinem Ministerium mit Plakaten, nachdem sie sich Zutritt zum Ministerium verschafft haben. Am Nachmittag dann muss der FDP-Politiker einen mächtigen Abteilungsleiter feuern. Grund sind Recherchen des SPIEGEL.

Das »nötige Vertrauensverhältnis des Ministers zu dem Abteilungsleiter besteht nicht mehr fort«, lässt der Minister über seinen Staatssekretär Stefan Schnorr ausrichten. Auch ein weiterer ranghoher Beamter, der Leiter des Wasserstoffreferats, werde »mit sofortiger Wirkung von der Leitung dieses Referats entbunden«.

»Deutliche Ungereimtheiten« Wissings Staatssekretär ist nervös. Er muss auf der eilends einberufenen Pressekonferenz ablesen, was er zuvor den Vorsitzenden von Haushalts- und Verkehrsausschuss in einem Brief mitgeteilt hat: Es gebe in dem Fall des Abteilungsleiters »deutliche Ungereimtheiten und Widersprüche«. Es bestünden »erhebliche Zweifel daran, dass alle Feststellungen des Abschlussberichts aufrechterhalten werden können«, so Schnorr.

Die geheimen E-Mails des Verkehrsministers Seine Worte sind eine peinliche Offenbarung: Eine Affäre um den Abteilungsleiter und seine Mitarbeiter wurde offenbar nicht gründlich aufgearbeitet, der besagte Abschlussbericht ist weitgehend wertlos, Wissing und sein Staatssekretär haben die Öffentlichkeit nicht korrekt über das Ausmaß des Skandals informiert. Der Minister musste handeln: Klaus Bonhoff, der besagte Abteilungsleiter, wird fristlos gekündigt, sein Referatsleiter in die Eisenbahnabteilung versetzt, im Verkehrsministerium (BMDV) kommt das einer Höchststrafe gleich.

Verhängnisvolle E-Mails Mehrere E-Mails und eine Aktennotiz waren den beiden zum Verhängnis geworden. Der SPIEGEL hatte sie mit Hinweis auf das Informationsfreiheitsgesetz vor Monaten angefordert und am 2. Februar erhalten.

Die Dokumente erhärteten einen Verdacht, den das »Handelsblatt« bereits im vergangenen Sommer erhoben hatte: Demnach hatte der Beamte Bonhoff seinem Freund Werner Diwald vom Deutschen Wasserstoff- und Brennstoffzellenverband ein großes Weihnachtsgeschenk gemacht: eine Millionenförderung für den Verband, bezahlt aus öffentlichen Mitteln. Bonhoff und Diwald kennen sich gut, sie duzen sich und waren schon gemeinsam im Urlaub.

»wie besprochen, (...) HG Klaus.« aus E-Mail von Wissings Abteilungsleiter Bonhoff im April 2021

In E-Mails hatte Diwald ab April 2021 immer wieder auf eine schnelle Förderung gedrängt, Bonhoff leitete sie umgehend an seinen ihm untergeordneten Referatsleiter weiter: »wie besprochen, (...) HG Klaus«. Als sich die Genehmigung hinzog, drängte Bonhoff: »Wie ist der Plan hierzu?«. Der Verdacht der Kungelei wurde immer klarer.

Ministerium reagiert auf SPIEGEL-Bericht

Als der SPIEGEL am 6. Februar über die derart untermauerten Vorwürfe berichtete, schien das Verkehrsministerium unbesorgt zu sein. Es blieb bei der Darstellung, es habe keine unzulässige Einflussnahme durch den Abteilungsleiter gegeben. Öffentlich sagte ein Ministeriumssprecher: »Die vermeintlich neuen Erkenntnisse sind dem BMDV bekannt.«

Tatsächlich aber kannten weder Wissing noch sein Staatssekretär noch die vier internen Kontrolleure die besagten E-Mails. Das Wasserstoffreferat hatte Tausende E-Mails und rund 14 Gigabyte Datenmaterial trotz Nachfrage für die interne Untersuchung nicht zur Verfügung gestellt. Die hausinterne Kontrolle habe versagt, sagt der Linkenabgeordnete Victor Perli. »Dafür trägt der Minister die volle Verantwortung.«

Der Fall wirft ein Schlaglicht auf die Förderpraxis eines Ministeriums, das viele Jahre offenbar einem Selbstbedienungsladen glich. Das legt ein weiterer Fall nahe, zu dem ebenfalls Dokumente vorliegen. Im Mittelpunkt: der ehemalige Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU). Mit ein paar Federstrichen bewilligte er demnach Fördergelder in Millionenhöhe, selbst wenn ihm seine eigenen Experten im Ministerium zunächst davon abgeraten hatten. Auch damals ging es um Wasserstoff.

Steuergelder für BMW und Co. Der bayerische Autokonzern BMW, der ein Wasserstoff-Konsortium namens HyCET anführt, hatte die Förderung für ein Modellvorhaben geplant. Konventionelle Dieselmotoren sollten so umgebaut werden, dass sie mit Wasserstoff betrieben werden können. So sollten nach den Vorstellungen der Antragsteller relativ einfach klimafreundliche Lkw auf die Straße gebracht werden.

Doch die Realität sah anders aus: Deutsche Lkw-Hersteller hatten sich längst auf klimafreundliche Brennstoffzellen und Batterien konzentriert. Die Fachebene im Verkehrsministerium lehnte den Antrag im Februar 2020 daher ab. Zu gering sei der Wirkungsgrad gegenüber der Brennstoffzelle, zu hoch der Verbrauch kostbaren Wasserstoffs, hieß es. Man solle sich auf anderes konzentrieren.

Es mag Zufall sein, dass BMW im Freistaat Bayern angesiedelt ist und unweit von Scheuers Wahlkreis Passau ein großes Werk betreibt, jedenfalls änderte sich die Haltung zu dem geplanten Förderantrag im CSU-regierten Ministerium innerhalb eines Monats. In einer Ministervorlage vom 11. März 2020 war von Bedenken nicht mehr die Rede, das Projekt wurde positiv beschrieben.

»Dann los!« Handschriftliche Bemerkung von Verkehrsminister Scheuer an Ministervorlage im März 2020

In einer E-Mail schrieb der damalige Chef der Abteilung Leitung, also Scheuers rechte Hand, kurz darauf: Er könne »nach Rücksprache mit Minister Scheuer« mitteilen, dass dieser »ausdrücklich eine Förderung« des besagten Projekts unterstütze. »Dann los!«, schrieb Scheuer mit grüner Tinte. Und so flossen rund 11,3 Millionen in das Projekt.

Auch in einem anderen Fall wurde gefördert, trotz »erheblicher Zweifel« der Fachabteilung, wie Schnorr am Donnerstag einräumen musste: 290 Millionen Euro gingen an ein »Innovations- und Technologiezentrum für Wasserstoff«. Eine Anfrage dazu ließ Scheuer bis Redaktionsschluss unbeantwortet.

Auch diesen Fall will Wissing überprüfen. Jetzt, wo dem Ministerium hoffentlich alle E-Mails vorliegen.

Parallelen zum Mautdebakel In die Amtszeit von Ex-Verkehrsminister Scheuer fällt auch der Skandal um die Pkw-Maut, zu der die jüngsten Aktenfunde Ähnlichkeiten aufweisen. Ende 2018 hatte sich Scheuer entschlossen, den Vertrag mit einem Betreiber-Konsortium für die Straßenabgabe einzugehen, obwohl es kritische Stimmen in seinem Ministerium gab.

Auch ignorierte er den Rat von Fachleuten, vor Unterzeichnung des Vertrags mit den Mautbetreibern ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs zur Zulässigkeit der Maut abzuwarten. Das Urteil im Juni 2019 fiel negativ aus. Scheuer kündigte den Vertrag, doch die Betreiber konnten Schadensersatzzahlungen von 243 Millionen Euro durchsetzen.

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Pressekonferenz mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Wolodymyr Selenskyj (Präsident Ukraine) nach ihrem gemeinsamen Treffen im Bundeskanzleramt.

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Christian Lindner soll einen Deal mit Italien gemacht haben: Rom verhelfe dem FDP-Chef zu einer Sperrminorität im Rat bei der EU-Lieferkettenrichtlinie, im Gegenzug helfe er, die Verpackungsverordnung zu blockieren.

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Rechtschreibprüfung in Titel korrigiert.

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Immer offen, immer respektvoll und gesprächsbereit: Selbst nach Anfeindungen blieben die Grünen brav. Nach diesem Aschermittwoch zeigen sich die Grenzen dieser Strategie.

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